Wer in der Nähe des Heroséparks wohnt, kennt es seit langem: Die Sommermonate sind lau, grell und laut. Dieses Jahr ist alles eine Spur schlimmer. Wegen der nach wie vor bestehenden Gefahr durch das Corona-Virus bleiben Diskotheken und Clubs geschlossen, die Feiernden sind draußen. Sie sind laut.
Neue Polizeiverordnung: keine Musik ab 23 Uhr
Die Stadt hat nun eingegriffen: Seit Donnerstag gilt eine neue Polizeiverordnung im Stadtgebiet, die das Ziel hat, im Herosépark für mehr Ruhe zu sorgen. Sie besagt, dass ab 23 Uhr bis 6 Uhr das Abspielen von Musik aus tragbaren Geräten verboten ist. Ein Alkoholverbot am Herosé hingegen sei nicht durchsetzbar gewesen, erläuterte die Verwaltung.
„Jetzt ist mir der Hut hochgegangen“
Arnold Faller wohnt in der Nähe des Parks. Die neue Verordnung beeindruckt ihn kaum. Eigentlich hat er resigniert, nur „jetzt ist mir gerade der Hut wieder hochgegangen“, sagt er. Faller hat an die Stadtverwaltung geschrieben. Er versteht die Verbesserung für die Anwohner nicht. Normalerweise gelte im ganzen Stadtgebiet die Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr. „Warum wird diese um eine Stunde zugunsten des Feierns verschoben?“, fragt er. Der 71-Jährige glaubt nicht, dass es am Herosé leiser werden wird. „Ich glaube, das Problem ist gar nicht mehr in den Griff zu bekommen“, sagt er. Es fehle an der Infrastruktur, die Toilette sei verschmutzt, „die Leute pinkeln an die Hauswände“.
Ein altes Problem
Das sieht Alexander Rudolf ähnlich. Er ist beruflich in Riad beschäftigt, seine Familie lebt aber am Herosépark und ihn bewegt das Thema schon lange. „Die Stadt hat es versäumt, hier Regeln aufzustellen und sie durchzusetzen“, sagt er auf Nachfrage. So ziehe sich das Problem Herosé seit 2006 bis heute hin. „Da treffen Feiernde auf Anwohner, die seit Jahrzehnten gestresst sind.“
Rudolf hält nichts von Klischee-Deutungen. Es gehe hier nicht um den Konflikt zwischen reichen, spießigen Anwohnern und jungem Partyvolk. „Die Anwohner, die ich kenne, trinken selbst gern mal ein Bier dort am Ufer“. Das bestätigt seine Frau Chang. „Ich finde es toll, wenn die Leute hier ihre Freude haben, aber ab 22 Uhr sollte Ruhe eintreten“, sagt sie. Sie hat die vergangenen Tage miterlebt. Am Freitag sei die Musik plötzlich verstummt, und die Polizei habe Präsenz gezeigt. „Am nächsten Tag war aber gleich wieder Musik“, berichtet sie. Und die sei nicht mal das Hauptproblem. Wenn die Feiernden betrunken seien, grölten und pöbelten sie. Da helfe es wenig, wenn die Musik schweige.
Überall liegt morgens Müll
Ein weiteres Problem stelle der Müll dar. Glasscherben und Kronkorken seien gefährlich, für Kinder und Erwachsene. Die Reinigungskräfte kämen nicht hinterher. Sie habe nicht das Gefühl, dass die Stadt das Fehlverhalten mancher Feiernder deutlich genug sanktioniere.

Die Polizei zieht eine positivere Bilanz dieser ersten Tage nach Inkrafttreten der Verordnung. Am Freitag- und Samstagabend seien die Einsatzkräfte sehr präsent gewesen, sagt Harald Klaiber, Polizeiführer im Dienst beim Polizeipräsidium Konstanz. „Jeweils bis 23 Uhr wurden die Anwesenden über die Regelungen informiert“, sagt er, die Beamten seien mit Flugblättern unterwegs gewesen. „Viele wussten darüber schon Bescheid“, ergänzt er.

Ab 23 Uhr erhielten jene Feiernden, die keine Einsicht zeigten und ihre Musik weiter abspielten, eine Anzeige. Sechs Anzeigen habe es gegeben, jeweils im Herosépark. Kontrolliert wurde auch an der Schänzlebrücke und an der Seestraße. Die Betroffenen erhielten demnächst einen Bußgeldbescheid der Stadt. Die Beamten beobachteten, dass viele Feiernde Richtung Bodenseeforum abwanderten und es im Herosépark ruhiger wurde. Man müsse die Lage nun weiter beobachten und eventuell an einem weiteren Wochenende die Präsenz im Park deutlich verstärken.
„Alkoholverbot zu krass“
Wie nehmen junge Menschen die Situation wahr? Jana Güldenpfennig ist mit Freunden mittags am Seerhein. Sie sei selten abends zum Feiern da und wenn, dann grenze sie sich gern von den großen Gruppen im Park ab. Die Studentin plädiert für Kompromisse. „Ein Alkoholverbot finde ich zu krass“, sagt sie. Das Musikverbot ab 23 Uhr hingegen sei okay. Man müsse allerdings den Jugendlichen auch Raum zum Feiern lassen – irgendwo.

Auch andere wollen mit bestimmtem Partyvolk nichts zu tun haben. „Wir sind abends gar nicht mehr gern hier, gehen auf die andere Seite“, sagt Jonas Eberhard. „Uns ist es einfach zu laut. Man versteht ja nichts mehr, wenn man sich unterhält“. Sein Freund Fabian Poll ergänzt, dass die verstärkte Polizeipräsenz der vergangenen Tage durchaus wirksam gewesen sei. Die ganze Gruppe äußert allerdings Zweifel, ob die Fläche Klein Venedig so rasch als Ersatzfläche von den Feiernden angenommen werde.