Das Ziel ist klar: Patienten sollen schneller die richtige Behandlung bekommen. Das ist die Idee hinter der Kooperation zwischen dem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) und dem Klinikum Konstanz. Im Idealfall profitieren beide Seiten davon: Auch die Zentrale Notaufnahme (ZNA) im Klinikum kann so entlastet werden.

Die Zahl der Patienten, die die Notaufnahme aufsuchen, wächst seit Jahren. Das Problem: Viele Patienten gehören eigentlich nicht dort hin. Denn ihre Beschwerden wären auch gut von Hausärzten behandelbar. Hier setzt die Zusammenarbeit zwischen MVZ und Klinikum an. Die Allgemeinmedizinerin Heike Unverhau des MVZ hat Praxisräume direkt neben der ZNA bezogen. Thomas Beringer, kaufmännischer Direktor des Klinikums Konstanz, spricht von einer „Portalpraxis“.

Was bedeutet das für Patienten?

Wer sich als Patient selbstständig in die Notaufnahme begibt, kommt zuerst zur Aufnahme. In der anschließenden Triage wird zum einen durch geschulte Pflegekräfte die Dringlichkeit der Behandlung festgestellt. Zum anderen geht es auch darum, welche Versorgungseinheit die richtige für den Patienten ist. Es geht also um die bessere Steuerung der Patientenströme und nicht etwa darum, überhaupt weniger Menschen in die Notaufnahme zu lassen.

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Fällt die Einschätzung so aus, für eine Behandlung in der ZNA keine erhöhte Dringlichkeit vorliegt, können die Patienten bei Bedarf direkt an die Praxis nebenan verwiesen werden. Die Wege sind kurz: Nur einen Flur weiter wurden die vier Behandlungszimmer eingerichtet. So sollen lange Wartezeiten vermieden werden und Patienten schneller zur richtigen Behandlung kommen.

„Dank der neuen Zusammenarbeit können wir schnell entscheiden, welche weitere Behandlung sinnvoll ist – das ist gut für die Patientinnen und Patienten und entlastet zugleich die Notfallstrukturen“, sagt Ivo Quack, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme am Klinikum Konstanz.

Ivo Quack, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme im Klinikum Konstanz, erklärt: „Das ist gut für die Patientinnen und Patienten und ...
Ivo Quack, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme im Klinikum Konstanz, erklärt: „Das ist gut für die Patientinnen und Patienten und entlastet zugleich die Notfallstrukturen.“ | Bild: Simon Wöhrle

Die Zusammenarbeit bietet auch für Allgemeinmedizinerin Unverhau Vorteile. So habe sie Möglichkeiten, die Hausärzte sonst nicht haben. Sie könne sich etwa schnell mit anderen Fachärzten besprechen. „Ich schätze den interdisziplinären Austausch“, sagt sie.

Auch eine normale Hausarztpraxis

Nicht selten komme es vor, dass in der Notaufnahme auch Patienten sind, die überhaupt keinen Hausarzt haben. Das sei etwa der Fall bei Studierenden, die noch nicht lange in Konstanz leben. Im Sommer seien auch Touristen unter den Patienten. Für sie gibt es den Vorteil, dass in der Praxis – im Gegensatz zur Notaufnahme – auch Krankschreibungen und Rezepte ausgestellt werden können. Bei Bedarf gibt es eine Überweisung für die weitere Behandlung durch Fachärzte.

Bei der Praxis handelt es sich um einen regulären kassenärztlichen Sitz. Allgemeinmedizinerin Unverhau ist also auch Hausärztin für einige Patienten. Wie viele sie aufnehmen kann, müsse sich noch zeigen. In jedem Fall werden immer Kapazitäten für Patienten aus der ZNA freigehalten. Dank der vier Behandlungsräume könne man parallel mehrere Patienten betreuen.

Heike Unverhau freut sich auf die enge Zusammenarbeit mit dem Team der Notaufnahme und Fachärzten. Sie verrät: „Ich schätze den ...
Heike Unverhau freut sich auf die enge Zusammenarbeit mit dem Team der Notaufnahme und Fachärzten. Sie verrät: „Ich schätze den interdisziplinären Austausch.“ | Bild: Simon Wöhrle

Geöffnet ist die Praxis Montag bis Donnerstag je von 8.15 Uhr bis 15.15 Uhr. Was durch die Neuerung ausdrücklich nicht passieren soll, ist eine Ablösung von normalen Hausärzten. Auch ein Hin und Her, wenn der eigentliche Hausarzt nicht erreichbar ist oder keinen zeitnahen Termin vergeben kann, soll es nicht geben. Deshalb habe Unverhau schon im November einen Brief an Hausärzte geschrieben und erklärt, was im Klinikum passieren soll. Darauf habe es positive Rückmeldungen gegeben, sagt sie.

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Ein weiterer Vorteil der neuen Praxisräume direkt im Klinikum besteht darin, dass Patienten nach Behandlungen direkt hausärztlich aufgefangen werden können. So müsse man etwa nicht erst zum eigenen Hausarzt, nur um ein Rezept ausgestellt zu bekommen. Es gehe darum, eine Versorgungslücke zu füllen, sagt Beringer.

„Wir sehen in dieser Kooperation ein Modell mit Zukunftspotenzial“, so der kaufmännische Direktor. „Die Verschränkung von niedergelassenen Ärzten mit Krankenhausstrukturen ist ein wichtiger Baustein für eine zukunftsfähige Notfallversorgung.“

Thomas Beringer, kaufmännischer Direktor des Klinikums Konstanz: „Die Verschränkung von niedergelassenen Ärzten mit ...
Thomas Beringer, kaufmännischer Direktor des Klinikums Konstanz: „Die Verschränkung von niedergelassenen Ärzten mit Krankenhausstrukturen ist ein wichtiger Baustein für eine zukunftsfähige Notfallversorgung.“ | Bild: Simon Wöhrle

In Konstanz sei die hausärztliche Versorgung gut. Man könne aber zunehmend feststellen, dass es schwieriger werde. Deshalb sei es gut, wenn man jetzt schon ambulante Strukturen aufbauen könne. Die Portalpraxis sei deshalb auch wichtig, um dieses Versorgungsdefizit aufzufangen.

Die Planung, Vorbereitung und Umbau für die Praxisräume haben rund ein Jahr in Anspruch genommen, sagt Beringer bei der Eröffnung. Seit Oktober arbeitet Unverhau schon mit der ZNA zusammen, konnte schon vieles miterleben. „Die Zeit haben wir sehr gut genutzt“, sagt sie. Jetzt könne man die Prozesse weiter ausrollen.