Einst waren Ehingen und Mühlhausen nicht gerade beste Freunde. Sticheleien unter den Bürgern waren an der Tagesordnung. Vor 50 Jahren entstand dann die Doppelgemeinde. Wie erleben Sie das Verhältnis der beiden Ortsteile?

Ich kann das Ganze über einen langen Zeitraum einschätzen, denn ich war ja schon vor 25 Jahren hier im Rathaus tätig. Ich habe damals durchaus gespürt, dass es Vorurteile – so möchte ich es ausdrücken – zwischen beiden Ortsteilen gab. 2021, als ich als Bürgermeister zurückkehren durfte, habe ich das komplett anders wiedergefunden. Die Sportvereine TV Ehingen und SV Mühlhausen machen es deutlich: Bei jedem Heimspiel flattert ein Plakat mit der Aufschrift „Zwei Vereine, eine Gemeinde, eine Liebe“. Daran kann man festmachen, was sich verändert hat. Um es auf den Punkt zu bringen: Man versteht sich bestens und verschlägt sich nicht mehr im Ried (lacht). Ein Gefrotzel wie zwischen Badnern und Schwaben bleibt aber.

Wo ist Mühlhausen-Ehingen besonders zusammengewachsen in den vergangenen 50 Jahren und wo gibt es noch Potenzial?

Potenzial gibt es immer. Aber beide Orte sollen auch ihre Identitäten bewahren. Es sollte kein Ziel sein, dass es etwa nur noch einen Narrenverein oder einen Musikverein gibt. Ich nehme wahr, dass die Feuerwehrabteilungen verstärkt zusammenarbeiten, das läuft in eine sehr gute Richtung. Es war eine grandiose Geschichte mit dem Sternmarsch der beiden Narrenvereine. Zum ersten Mal haben beide eine Aktion zusammen gemacht – ein herrliches Bild an der Riedmühle.

Mit dem Jubiläumsjahr war es stets das Ziel, das Bewusstsein für unsere Doppelgemeinde zu stärken. Und zum anderen Menschen mit besonderen Jubiläums-Veranstaltungen mit dem Höhepunkt beim großen Festakt am 8. November in die Eugen-Schädler-Halle zusammenzubringen, das ist uns bisher gut gelungen.

Der Bürgermeister im einheitlichen Häs: Halb Quak, halb Käfersieder. Im Bild die beiden Narrenpräsidenten Stefan Heiser (rechts) und ...
Der Bürgermeister im einheitlichen Häs: Halb Quak, halb Käfersieder. Im Bild die beiden Narrenpräsidenten Stefan Heiser (rechts) und Alexander Bohnenstengel (links). | Bild: Gemeinde Mühlhausen-Ehingen

Fasnet ist gerade erst vorbei. Es gibt keinen anderen Bürgermeister, der ein geteiltes Häs – also aus Hästeilen der Mühlhausener Käfersieder und der Ehinger Quaken – hat.

(lacht) Ich würde es nicht geteilt nennen, sondern einheitlich. Das Häs war unabhängig von 50 Jahren Mühlhausen-Ehingen auf dem Plan. Da erkennt man unsere Philosophie: Mir ist Mühlhausen und Ehingen gleich wichtig. Das konnte ich mit einem einheitlichen Narrenhäs zum Ausdruck bringen. Dass ich nun der einzige Bürgermeister im Landkreis mit einem einheitlichen Narrenhäs bin, macht mich natürlich stolz.

Gibt es Kritik, dass für den einen Ortsteil mehr gemacht wird als für den anderen?

Null Komma Null. Zumindest ist nichts bei mir angekommen, aber ich höre auch nicht immer alles. Ich bin viel unter den Menschen, aber bisher ist nichts Negatives oder Neidvolles bei mir aufgetaucht.

Hat sich der Zusammenschluss für die Doppelgemeinde gelohnt?

Auf jeden Fall! Ich weiß nicht, ob die Wasserversorgung, die in den 90er-Jahren auf neue Füße gestellt wurde, alleine so gut hätte geschultert werden können. Oder denken wir an die Eugen-Schädler-Halle. Der SÜDKURIER hatte damals getitelt: „Das Scharnier der Doppelgemeinde“. Wären die beiden Ortsteile immer noch getrennt, hätten wir zwei Sporthallen dieser Größe womöglich gebraucht. Auch bei der Feuerwehr können wir beispielsweise ein Fahrzeugkonzept gemeinsam anders stricken, als wenn jeder alleine planen müsste.

Was gehört für Sie zu den bedeutendsten Errungenschaften nach dem Zusammenschluss?

Die Eugen-Schädler-Halle war sicherlich der Meilenstein. Was aber auch mit Wehklagen einherging, war der Einzelstandort der Grundschule. Das hat Ehingen wehgetan, dass es dort keine Grundschulklassen mehr gab. Aber unterm Strich hat die Zentrierung auch Vorteile gebracht: Wir konnten alle Ressourcen auf einen Standort zentrieren. Ich bin selbst ein Ortsteilkind und der Schulweg bringt auch Vorteile: Man wird schneller selbstständig. Im Nachhinein war es der richtige Weg.

Anders sieht es mit dem Kindergarten aus. Dort liegt unser Schwerpunkt auf dem kommunalen in Ehingen. Dort gibt es Erweiterungspläne, falls wir in den Zugzwang einer Vergrößerung kommen. Es gibt Pläne in der Schublade, wir können nicht erst planen, wenn es so weit oder gar zu spät ist. Im Moment müssen wir allerdings noch nicht bauen.

Das könnte Sie auch interessieren

Was macht für Sie die Gemeinde Mühlhausen-Ehingen aus?

Alles! Ich hoffe, dass die Bürger spüren, dass ich alles mit Herzblut und Leidenschaft mache. Auch hier verweise ich auf eine SÜDKURIER-Überschrift ‚Mühlhausen-Ehingen oder nirgends‘ – das trifft heute auch noch zu. Die Feuerprobe habe ich im vergangenen Jahr unter Beweis gestellt: Ich habe mich nicht in Engen als Nachfolger von Johannes Moser beworben.

Was sind die wichtigsten Projekte der kommenden Zeit?

Jetzt schließen wir erst einmal die Sanierung der Schlossstraße in Mühlhausen ab. Neben der Sanierung der Schlossstraße soll noch das Wohnbauprojekt am Alten Sportplatz mit der Sanierung der dortigen Straße abschlossen und ein „Park and Ride“-Parkplatz am Rampen angelegt werden. Und ich habe zugesagt, dass es ab Mitte meiner ersten Amtszeit planerisch an das Hirschen-Areal gehen wird. Und natürlich treibt uns natürlich zwanghaft die Unterbringung von geflüchteten Menschen um. Wenn wir was bauen müssen, wovon ich ausgehe, wird es einen siebenstelligen Betrag binden.

Wenn es die Doppelgemeinde nicht geben würde. Wo wären Sie Bürgermeister: in Ehingen oder in Mühlhausen?

Dann hätte ich vermutlich mein Glück in Engen versucht (schmunzelt). Aber Mühlhausen und Ehingen gehören glücklicherweise zusammen und deshalb ist es gut so, wie es ist!

Was wünscht sich der Bürgermeister zum Jubiläum seiner Gemeinde?

Ich wünsche mir, dass die Menschen zusammenkommen und das Bewusstsein für die Doppelgemeinde gestärkt wird. Ich hoffe einfach, dass die Gemeinde Mühlhausen-Ehingen immer handlungsfähig bleibt und dass unsere Gemeinde sich in ihrer Selbstständigkeit zwischen dem Unterzentrum Engen und dem Mittelzentrum Singen, das Oberzentrum werden will, stets bewähren kann. Ich hoffe, dass unsere Doppelgemeinde immer sichtbar bleibt.