Wenn Patricia Romeo sich selbst beschreibt, fasst sie kurz zusammen: Augenoptikerin, Mama einer fünfjährigen Tochter und zwischendurch noch Wettkampfathletin. Das wirkt wie eine Untertreibung. Nach der Arbeit in einem Optikergeschäft in Stockach taucht die 31-Jährige ab in eine Parallelwelt aus Training, Ernährungsplan und einem festen Körperideal. Vier Mal hat sie in der vergangenen Saison an Wettkämpfen teilgenommen, hat ihren Körper dafür im Fitnessstudio in Singen gezielt geformt, am Vorabend braun angemalt und ihn am Wettkampftag in einem knappen Glitzerbikini gezeigt.
Es war ihre bisher erfolgreichste Saison, sagt Romeo: Sie war Vizemeisterin in Baden-Württemberg, stellvertretende Deutsche Meisterin und belegte bei den Europäischen Meisterschaften den vierten Platz. Doch das geht nur mit viel Verzicht, wie die 31-Jährige erklärt. Monatelang lebt sie strikt nach einem Ernährungs- und Trainingsplan, genehmigt sich auch nicht ausnahmsweise ein Stück Kuchen. „Viele sehen nicht, was dahinter steckt“, sagt sie. Wenn sie auf ihren Sport angesprochen werde, würden sich viele nur nach dem Training erkundigen. Romeo geht viermal pro Woche für je 1,5 Stunden ins Fitnessstudio. „Doch 70 Prozent macht die Ernährung aus.“ Deshalb bringt sie zum Osterbrunch mit der Familie ihre vorgekochten Mahlzeiten mit. „Wenn ich etwas mache, dann zu 100 Prozent!“
Den Großteil ihrer Freizeit verbringe sie in der Küche, sagt Romeo. Denn sie kocht nicht nur für sich die Mahlzeiten für die nächsten Tage vor, sondern auch für ihre fünfjährige Tochter und ihren Partner jeweils andere Gerichte. Romeos Essensplan gibt bis zu acht Mahlzeiten pro Tag vor – gesund und mehr als nur Eiweißshakes, wie sie betont. Einige Produkte erhält sie mittlerweile von Sponsoren.
Braune Farbe für prallere Muskeln

Angefangen hat sie mit dem Bodybuilding vor drei Jahren. 2015 habe sie mit Freunden die Fitnessmesse Fibo in Köln besucht. „Sport habe ich schon immer hobbymäßig gemacht“, sagt Romeo, die in Radolfzell aufgewachsen ist. Doch der Wettkampf zur Miss Fibo habe sie fasziniert. Sie habe die fitnessbegeisterten Menschen als tolle Gemeinschaft erlebt, zu der sie auch gehören wollte. Also suchte sie sich einen Trainer und trat etwa neun Monate später selbst bei einem Wettbewerb an. Mit Erfolg, sie belegte den zweiten Platz. „Es war sehr aufregend“, erinnert sich die 31-Jährige. „Gewonnen hat jeder ein bisschen“, sagt sie. Denn jeder Teilnehmer habe die gleichen Strapazen auf sich genommen.
Der Wettkampf sei der kleinste Teil des Sports, aber ein festes Ziel: „Man geht da schon hin, um Erste zu werden.“ Die Woche zuvor ist laut Romeo besonders entbehrungsreich: Dann trinken Bodybuilder anfangs sehr viel, um am Tag vor dem Wettkampf zu entwässern. Der Körper habe sich dann daran gewöhnt, nach bis zu sieben Litern Wasser am Tag häufig auf Toilette zu müssen. Romeo isst am Tag zuvor viele Kohlenhydrate – „dann wirken die Muskeln praller“. Auch die braune Farbe, die am Vorabend aufgetragen wird, soll die Muskeln betonen – sonst wirke man im Scheinwerferlicht konturlos. Dabei handle es sich um extremen Selbstbräuner, der mit einem Malerpinsel aufgetragen wird und die Haut über Nacht deutlich bräunt. „Am Morgen des Wettkampfs sieht man einen enormen Unterschied“, sagt Romeo über die Vorbereitungen. Davon bleibt am Montag danach besonders die braune Farbe am Körper, die erst langsam abklingt. Bei der Arbeit werde sie dann teilweise gefragt, ob sie im Urlaub gewesen sei.
Der Ablauf auf der Bühne sei vorgeschrieben: Eine Frontpose, zwei von der Seite und eine Rückenansicht sollen es sein. Nach der ersten Runde gebe es dann eine Liste mit den besten 15 – „entweder steht man auf der Liste oder nicht“, sagt die 31-Jährige. Auch mit einer Niederlage sei aber nicht alles verloren: 2016 habe sie den Gesamtsieg in Hockenheim gewonnen und sei drei Wochen später bei den Deutschen Meisterschaften nicht einmal ins Finale gekommen. Häufig nehme man an mehreren Wettkämpfen im Jahr teil, jeder sei eine neue Chance. „Es kommt auf die Symmetrie und Ästethik an“, sagt Patricia Romeo über das Schönheitsideal ihres Sports. Ein Geheimrezept, um das zu erreichen, hat sie aber nicht: „Nicht jeder Körper funktioniert gleich.“ Es sei ein Langzeitprojekt, für das man den Sport lieben müsse: „Es gibt immer etwas, was man verbessern möchte.“ Um daran arbeiten zu können, sei die Unterstützung des Umfelds unverzichtbar: Die Familie, der Chef sowie Kollegen würden hinter ihr stehen. Freunde würden Süßigkeiten wegstellen, um sie nicht in Versuchung zu bringen. Und wenn die Laune gegen Ende der Diätphase teils etwas kritisch werde, unterstütze sie ihr Partner.
An diesem Nachmittag trinkt Patricia Romeo einen Kaffee wie jeder andere Gast im Café und probiert den Keks, den es dazu gibt. Ihre halbjährige Diätphase ist beendet, für die nächsten Monate hat sie keine Meisterschaft geplant. „Bei mir macht das fast zehn Kilogramm Körpergewicht aus“, sagt die Bodybuilderin über ihre Muskelmasse während der Wettkampfsaison. Sie sei aber immer im Training. Und nach den ersten Tagen nach einem Wettbewerb hätten sich auch ihre Gelüste nach Fastfood wieder gelegt.
Zur Person
Patricia Romeo wurde in Singen geboren und ist in Radolfzell-Böhringen aufgewachsen. Die Augenoptikerin arbeitet in Stockach und wohnt derzeit in Überlingen am Ried. Die 31-Jährige ist Mutter einer fünfjährigen Tochter. Ihr Hobby ist das Bodybuilding, mit dem sie 2015 begonnen hat und 2016 erstmals bei Meisterschaften angetreten ist. In der Zwischenzeit ist sie von der Bikini- zur Wellnessklasse gewechselt.