Von einem „harmonischen Miteinander“ ist auf der Internetseite des Kleintierzuchtvereins Singen die Rede. Die Realität sieht aber anders aus, denn hinter den Kulissen tobt ein heftiger Streit zwischen Mitgliedern und dem Vorsitzenden. Heftige Vorwürfe von Gewalt, Zerstörung und Geldwäsche stehen im Raum – allerdings ist derzeit nichts davon bewiesen. Klar ist, dass der Haussegen ordentlich schief hängt. Beide Parteien berichten gegenüber dem SÜDKURIER von einer heftigen Fehde, die seit fast drei Jahren andauert und inzwischen auch die Stadt, die Polizei und das Amtsgericht beschäftigt.

Es klang nach der idealen Gelegenheit

Eigentlich wollten der Vorsitzende Willi Klassen und der gesamte Vorstand des Kleintierzuchtvereins nur eine neue Kassiererin finden. Und Lidia Stana aus Singen wollte genau diese werden und gleichzeitig dem Hobby, Hühner zu züchten, nachgehen. Die Zusammenarbeit kam zustande, war jedoch schon bald von Problemen überschattet. Inzwischen sprechen beide Parteien nur noch über Anwälte miteinander.

Unstrittig ist, dass Lidia Stana das Amt der Vereinskassiererin antrat, kurz nachdem das Ehepaar den Pachtvertrag 2019 unterschrieben hatte. Dann kam es zu den ersten Unstimmigkeiten. „Wir haben Lidia Stana in den Verein gelassen, damit sie für uns als ehrenamtliche Kassiererin arbeiten kann“, erklärt Thomas Suchy, stellvertretender Vorsitzender des Vereins. Zu Stanas Tätigkeiten als Kassiererin gehörte das Zahlen von Rechnungen, das Abbuchen von Mitgliederbeiträgen und das Verwalten der Vereinskasse. „Wir haben eine Ausnahme gemacht“, erklärt Klassen. „Normalerweise muss man bereits zwei Jahre Mitglied im Verein sein, um eine Parzelle zu erwerben.“ Das war bei Lidia Stana zu diesem Zeitpunkt noch nicht der Fall, wie beide Parteien übereinstimmend sagen.

Lidia Stana erhebt schwere Vorwürfe

Stana selbst sieht die Situation komplett anders. „Ich habe mich nicht darum gerissen, ich wurde fast dazu gezwungen, da es anscheinend sonst niemanden gab“, erklärt sie. Sie behauptet außerdem: „Ich arbeite stets gewissenhaft und so habe ich auch über die zwei Jahre gearbeitet.“ Dabei sei ihr aufgefallen, dass kaum Bargeld bei ihr eingezahlt wurde. Sie erhebt gegen Willi Klassen den schwerstmöglichen Vorwurf, den es in einem Verein geben kann. Sie behauptet, dass es zu Unregelmäßigkeiten bei Vereinsgeldern kommt. Der Vorsitzende hingegen bestreitet dies vehement. Polizeiliche Ermittlungen laufen diesbezüglich nicht.

Lidia Stana und Cosmin Stana erheben schwere Vorwürfe gegen den Vorsitzenden ihres Vereins. Der möchte nur noch getrennte Wege gehen.
Lidia Stana und Cosmin Stana erheben schwere Vorwürfe gegen den Vorsitzenden ihres Vereins. Der möchte nur noch getrennte Wege gehen. | Bild: Jeronimo Hillgruber

Der Vorsitzende und sein Stellvertreter können die Vorwürfe nicht nachvollziehen. „Unserer Ansicht nach hat Stana über ihre zwei Jahre als Kassiererin kaum richtig gearbeitet“, erklärt Thomas Suchy. Die beiden erklären das geringe Aufkommen an Bargeldbeträgen mit der Corona-Pandemie. Ende 2022 legte Stana das Amt nach einem Streit mit Klassen nieder.

Viel Zerstörung zulasten der Stanas

Neben den vereinsinternen Vorwürfen verdächtigt Stana den Vereinsvorsitzenden auch in anderen Fällen. Zwei Autos des Ehepaars seien über die drei Jahre Streit komplett zerstört worden. Bilder zeigen eingeschlagene Fensterscheiben sowie Löcher im Dach und in den Türen. Zudem seien mehrfach die Reifen zerstochen worden. Am zweiten Septemberwochenende der nächste Vorfall: Ihre Gartenlaube wurde verwüstet. Wie aus einem Polizeibericht hervorgeht, beläuft sich der Schaden dabei auf etwa 20.000 Euro.

In den vergangenen zwei Jahren wurden bereits zwei Autos vom Ehepaar Stana vollkommen zerstört und mehrfach Reifen zerstochen. Das ...
In den vergangenen zwei Jahren wurden bereits zwei Autos vom Ehepaar Stana vollkommen zerstört und mehrfach Reifen zerstochen. Das Ehepaar vermutet einen Zusammenhang mit dem Streit im Verein. | Bild: Lidia Stana

Lidia Stana verdächtigt den Vereinsvorsitzenden, doch die Ermittlungen der Polizei dauern an und Willi Klassen weist alle Vorwürfe von sich. Weitere Anzeigen gegenüber Willi Klassen wurden von der Staatsanwaltschaft fallen gelassen, aufgrund von mangelndem Interesse der Öffentlichkeit. Dies geht aus einem Anwaltsschreiben hervor, das Klassen der Redaktion zur Verfügung stellte.

Die Gartenlaube von Lydia und Cosmin Stana wurde am zweiten Septemberwochenende verwüstet. Dabei wurde unter anderem überall Farbe ...
Die Gartenlaube von Lydia und Cosmin Stana wurde am zweiten Septemberwochenende verwüstet. Dabei wurde unter anderem überall Farbe verteilt, so wie hier im Wohnbereich des Ehepaars. | Bild: Jeronimo Hillgruber

Ehepaar soll das Vereinsgelände verlassen

Wie beide Parteien beschreiben, kommt es seit Stanas Ausscheiden aus dem Vorstand immer wieder zu gegenseitigen Beleidigungen. Beide Parteien sehen sich dabei in der Opferrolle. Auch weitere Vereinsmitglieder sind mittlerweile Teil des Streits. Einige wenige teilen die Meinung der Stanas und stärken ihnen bei einem Ortstermin den Rücken. Lidia Stana behauptet, dass die meisten Mitglieder Angst vor dem Vorstand hätten, was auch einige von diesen bestätigen. Auch das Vereinsleben sei tot, lautet ihre Meinung.

Valentina Lier und Heinrich Lier vermissen die früheren Zeiten, als die Stimmung im Verein besser war und es öfter Feste gab.
Valentina Lier und Heinrich Lier vermissen die früheren Zeiten, als die Stimmung im Verein besser war und es öfter Feste gab. | Bild: Jeronimo Hillgruber

Willi Klassen sieht das ganz anders. „Das Vereinsleben ist nicht tot, sie nehmen einfach nicht teil“, erklärt er. Auch die Mehrheit des Vereins stelle sich mittlerweile, laut Thomas Suchy, gegen die Stanas. „Wir haben als Verein dreimal versucht, die Stanas zu kündigen, zweimal haben wir einen technischen Fehler begangen, aber seit Anfang 2024 ist das Ehepaar kein Vereinsmitglied mehr“, erklärt er. Wie er weiter erklärt, plane der Verein nun eine Räumungsklage gegen das Ehepaar. Doch Lidia Stana erklärt, sie wisse von keiner rechtskräftigen Kündigung.

Die Fenster wurden eingeschlagen, die Eingangstüre aufgebrochen, die Küche unter Wasser gesetzt und die Wände mit Farbe beschmiert. Die ...
Die Fenster wurden eingeschlagen, die Eingangstüre aufgebrochen, die Küche unter Wasser gesetzt und die Wände mit Farbe beschmiert. Die Ermittlungsarbeiten der Behörden dauern an. | Bild: Jeronimo Hillgruber

Stadt prüft Vermittlerrolle

Wie Stefan Mohr, Pressesprecher Stadt Singen, dem SÜDKURIER auf Nachfrage schreibt, weiß die Stadt von den Streitigkeiten. Deshalb prüfe sie aktuell, ob sie vermittelnd eingreifen könne. Die Vorwürfe seien einerseits privatrechtlicher Natur und andererseits strafrechtlich relevant. Deshalb könne die Stadt keine Stellungnahme abgeben. Doch die Stadt Singen bedauere die Situation, weil eine Kleintieranlage der Erholung dienen soll.

Auch das Polizeipräsidium Konstanz und das Amtsgericht Singen sind in die Streitigkeiten involviert, beide bestätigen laufende Verfahren oder Ermittlungen. Vonseiten des Amtsgerichts heißt es auf SÜDKURIER-Nachfrage allerdings, dass über laufende Zivilverfahren aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes keine Auskunft gegeben werden dürfe. Auch die Polizei dürfe wegen laufender Ermittlungen keine Auskunft zu den Streitigkeiten geben, erklärt das Präsidium Konstanz.

Hoffen auf ein schnelles Ende

Wie Klassen und Stana bestätigen, hatte das Ehepaar kurzzeitig versucht, ihre Gartenlaube zu verkaufen. Jedoch ohne Erfolg. Ein möglicher Grund: Das Ehepaar sieht den Wert ihrer Parzelle bei 50.000 Euro und damit deutlich höher als potenzielle Käufer oder der Vereinsvorstand. Der ursprüngliche Kaufpreis lag demnach bei 21.500 Euro. Ein Verkauf kommt laut Lidia Stana weiter in Frage, falls ein passendes Angebot kommt. „Ich würde mir am liebsten wünschen, hierzubleiben, aber so lange Willi Klassen noch Vorsitzender ist und sich nicht um 180 Grad verändert, kann ich mir das nicht vorstellen“, erklärt sie.

Auch für den Vorsitzenden und seinen Stellvertreter ist ein gemeinsamer Verbleib nicht vorstellbar. „Ich möchte meinen Frieden von diesem Ehepaar haben“, erklärt Thomas Suchy. Für ihn raubt dieser Streit zu viel Kraft. „Ich könnte mir einen Verbleib von ihnen vorstellen, jedoch ist der Vorstand einer anderen Ansicht und dieser schließe ich mich an“, erklärt Willi Klassen. Er wünscht sich nun endlich ein schnelles Ende und hofft, dass die Parzelle bis Ende des Jahres geräumt ist.