Die neue Technik in den Ampelanlagen in der Bertholdstraße hatte einen schlechten Start. Seitdem sie eingebaut war, ebbte die Grüne Welle mächtig ab. Immer wieder wunderten sich Autofahrer, dass sie dort aus unerfindlichen Gründen eingebremst werden.

Über viele Jahre lief es auf Villingens wichtiger Verkehrsachse relativ flüssig. Doch seit dem September 2024 sorgten die Ampeln dort für ärgerliche Standzeiten. Auch im Gemeinderat wurden Stimmen laut, dass sich die scheinbar intelligente Technik reichlich doof anstelle. Diagnose: Intelligenzquotient im grenzdebilen Bereich. Der SÜDKURIER berichtete darüber und uns erreichten viele Rückmeldungen.

Anfängliche Probleme behoben

Keine zwei Monate sind seit der damaligen Bestandsaufnahme vom April 2025 vergangen, und doch ist nun alles anders. Der Verkehr rollt dort – zumindest meistens, und Stehzeiten sind eher die Ausnahme. Was ist passiert?

Die neue Technik hat ihre Hausaufgaben gemacht, so der Eindruck. Sie war nicht eben schnell dabei, denn die Künstliche Intelligenz arbeitet im Zweifel eher genau als flink.

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„Bei den Kameras der Ampeln in der Bertholdstraße kommt KI zum Einsatz“, erklärt der städtische Pressesprecher Patrick Ganter. Der Verkehr werde so präziser und bedarfsgerechter analysiert und gesteuert. Im Einsatz sei die im Moment modernste Technik bei Lichtsignalanlagen, heißt es aus der städtischen Pressestelle.

Erfahrungen aus Bayern

Ein zäher Projektstart scheint dabei eher Regel als Ausnahme zu sein. So gab es im niederbayrischen Essenbach ähnliche Probleme wie in Villingen-Schwenningen samt kritischer Stimmen von Verkehrsteilnehmern. Der dortige Bürgermeister Dieter Neubauer (CSU) musste sich Sprüche über die neue Ampel anhören wie „Wenn die intelligent ist, dann bin ich ein Genie.“

Der Leiter des Verkehrsmanagements in der Landesbaudirektion, Stephan Stroh, lieferte angesichts der vielen negativen Rückmeldungen eine Erklärung: Die Künstliche Intelligenz funktioniere, brauche aber ihre Zeit. „Man kann das mit einem Fahranfänger vergleichen. Der hat am Anfang viel theoretisches Wissen aus der Fahrschule, lernt aber erst mit der Erfahrung, die er im Straßenverkehr macht. Und genauso ist es mit dieser Ampel“, sagte Stroh dem Bayerischen Rundfunk.

Testversuch in Ellwangen

Auch in Baden-Württemberg gibt es erste Erfahrungen, denn über Anlagen dieser Art jubelte bereits Landesverkehrsminister Winfried Hermann: „Mit KI-gesteuerten Ampeln setzen wir neue Maßstäbe für einen verbesserten Verkehrsfluss, weniger Emissionen und mehr Sicherheit im Straßenverkehr“, sagte er anlässlich eines Testversuchs in Ellwangen.

Verkehrsminister Winfried Hermann sieht in KI-gestützten Ampeln die Zukunft.
Verkehrsminister Winfried Hermann sieht in KI-gestützten Ampeln die Zukunft. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Das System erfasse und modelliere den Verkehr in Echtzeit. Mithilfe historischer und aktueller Daten werde der Verkehr innerhalb eines Zeitfensters von einigen Stunden vorhergesagt. Die Steuerung passe dann die Schaltung von zwölf Ampelanlagen entlang der Bundesstraße 290 und der Südtangente in Ellwangen entsprechend an.

KI hilft Reisezeiten reduzieren

Vorbild für die Ellwanger ist wiederum ein Projekt in London. Dort konnte durch KI-Ampeln eine allgemeine Reduktion von Reisezeiten um bis zu 20 Prozent festgestellt werden, Stopps reduzierten sich um 15 Prozent, wie aus dem Landesverkehrsministerium vermeldet wird.

Nicht nur Autofahrer sollen von der neuen Technik profitieren: Im Sinne einer gesamtheitlichen Betrachtung des Verkehrs könne die Steuerung neben dem Autoverkehr auch den öffentlichen Personennahverkehr sowie Radfahrer und Fußgänger in ihre Rechenprozesse und Entscheidungsfindungen mitaufnehmen.

VS-Ampeln haben reagiert

Auftatmen nun auch in VS: Nach dem Ruckelstart übernehmen die installierten Kameras die Steuerung der hinterlegten Signalprogramme. „Sie analysieren den Verkehr in Echtzeit und wählen automatisch das jeweils passende Programm aus“, sagt Pressesprecher Ganter.

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Die Kameras reagieren also auf das aktuelle Verkehrsaufkommen und passen die Ampelphasen zwischen der Bertholdstraße und den angrenzenden Nebenstraßen so an, dass der Verkehrsfluss möglichst effizient gesteuert wird.