Die Mutter spricht gebrochen deutsch, der Sohn gebrochen kroatisch. Dies zeigt das Dilemma der Gastarbeitergenerationen. „Man hat die Sprache nur bis zu einem gewissen Level gelernt. Soviel man eben zum Leben braucht“, sagt Ante Barjasic. Seine Eltern stammen aus der Nähe der norddalmatinischen Stadt Zadar, der fünftgrößten Stadt von Kroatien. In Singen leben derzeit 596 Kroaten. Das sind 1,2 Prozent der Singener.
Der Vater hat in der GF, der Alu und dann bei Fahr in Gottmadingen gearbeitet, die Mutter ist bei der Alu geblieben. Barjasic Vater kam 1962 nach Deutschland, seine Mutter und er ein Jahr später. „Ich rechne es meinen Eltern hoch an, dass sie Gegenschichten gearbeitet haben. Einer morgens, der andere mittags. So war immer ein Ansprechpartner für mich und meinen Bruder da“, blickt er zurück.
Die Eltern waren einfache Fabrikarbeiter. Sohn Ante, die kroatische Version des Namens Anton, studierte Medizin in Erlangen-Nürnberg. Schon 1980 hat die ganze Familie die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen. Der Vater ist inzwischen verstorben.
Nach Kroatien reiste er zum ersten Mal, als er über 20 Jahre alt war. Dort sind ihm die vielen Baustellen aufgefallen. Der Grund für die halb fertigen Häuser: Sie gehörten Gastarbeitern. Diese bauten immer nur im Urlaub weiter. Viele Gastarbeiter hätten in dieser Zerrissenheit gelebt. Dort, wo sie arbeiten, fühlen sie sich nur als Gast. Und bauen sich parallel etwas in ihrem Herkunftsland auf. Nach Jahren waren die Kinder erwachsen, hatten keinen Bezug mehr zum Herkunftsland. Sprachen manchmal die Sprache nicht mehr.
Kroaten sind entspannt
Die Kroaten schwärmen immer von ihrem „more“, dem Meer, der Adria, wo sie am liebsten den ganzen Sommer verbringen würden. Das Klima ist an der Adria mediterran, warme Sommer mit milden Wintern. Jedoch Vorsicht vor der Bora (im kroatischen „bura“) an der kroatischen Adriaküste. Das ist ein kalter böiger Fallwind, vor allem im Winter, der Orkanstärke erreichen kann, sodass manchmal Straßen und Brücken vorübergehend gesperrt werden müssen.
Im warmen Kroatien seien die Menschen entspannter und lockerer. Dort würde es niemanden stören, wenn Kinder um 22 Uhr auf der Straße lärmen, nennt Barjasic ein Beispiel. Dagegen schätzt er deutsches Pflichtbewusstsein, Fleiß und Pünktlichkeit. In Singen würde er sich ein paar kroatische Restaurants wünschen.
Ante Barjasic liebt die Vielseitigkeit seiner Arbeit als Arzt. Er ist im OP und auf der Intensivstation tätig. Außerdem als Notarzt im Einsatz. Er hat drei erwachsene Kinder und fünf Enkel. Mit seiner Frau lebt er in der Nordstadt. Er sagt: „Ich komme aus der Südstadt, bin dort aufgewachsen.“ Und drückt damit aus, dass dort früher vor allem die Arbeiter gelebt haben. Und er dieses Millieu sehr gut kennt.
Als Beispiele für die kroatische Küche nennt er Cevapcici, also Hackfleischbällchen aus Rind oder Lamm. Wenn er bei seiner 87-jährigen Mutter in der Südstadt zu Gast ist, freut er sich über Sarma – Sauerkrautwickel mit Hackfleisch und Reis. Erste Beilage in Kroatien zum Fleisch seien meist Kartoffeln und Mangold. Im Ruhestand will er nicht nur seine kroatischen Sprachkenntnisse verbessern. Er möchte auch mehr kochen. Ein kroatisches Kochbuch hat er sich bereits gekauft.