Stephan Freißmann und Constanze Wyneken

Die Stockacher Schulen machen den nächsten Schritt zurück zum normalen Betrieb – genau wie in ganz Baden-Württemberg. Für hunderte von Schülern in der Region ändert sich der Alltag nach etwa zwei Monaten Unterricht zu Hause nun also erneut. Denn ab dem ersten Schultag nach den Pfingstferien dürfen wieder alle Jahrgänge in die Schulen kommen. Zuletzt waren nur die Schüler der Abschlussklassen und an den Grundschulen die Viertklässler zurückgekehrt. Nun herrscht also wieder mehr Betrieb in Klassenräumen, Pausenhöfen und Gängen. Gleichzeitig gibt es strenge Hygienevorschriften.

Viele Schüler freuen sich, wieder im Unterricht zu sein

Bei einigen Schülern herrschte die Freude vor, wieder in die Schule zu dürfen. „Richtig doll“ über den Schulbeginn freuen sich etwa die Schwestern Elise Fellhauer (15), Annelie Fellhauer (14) und Lorina Fellhauer (10) aus Eigeltingen, die unterschiedliche Klassen auf dem Nellenburg-Gymnasium besuchen, aber gemeinsam Bus fahren.

„Es war anders als sonst und es ist schade, dass wir nur die Hälfte der Klasse sind“, sagt Annelie Fellhauer, die aber strahlend hinzufügt: „Trotz allem ist es schön, dass wir wieder hier sind, auch wenn alles komisch ist.“ Ihre kleine Schwester Lorina Fellhauer ist traurig, dass sie ihre Freundin nicht umarmen durfte und Elise Fellhauer bedauert, dass man sich in den Pausen nicht begegnen könne, weil die Mädchen unterschiedliche Pausenzeiten hätten.

Elise Fellhauer (15), Lorina Fellhauer (10) und Annelie Fellhauer (14) aus Eigeltingen freuen sich sehr, dass sie wieder zur Schule ...
Elise Fellhauer (15), Lorina Fellhauer (10) und Annelie Fellhauer (14) aus Eigeltingen freuen sich sehr, dass sie wieder zur Schule gehen dürfen. Sie besuchen verschiedene Klassen des Nellenburg-Gymnasiums. | Bild: Constanze Wyneken

Gennardo Avini aus der 5. Klasse der Realschule, der mit seinem Freund Nico Scigliano auf den Bus nach Eigeltingen wartet, sagt ebenfalls: „Ich finde es gut, wieder in der Schule zu sein.“ Und Nico Scigliano fügt hinzu: „Allein im Homeschooling war es manchmal schwer. In der Schule bekommt man alles erklärt.“ Was ihnen nicht gefalle, sei das Tragen der Masken, weil man darunter so schwitze.

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Chantal Sander (16) und Lea Babinsky (14) vom Schulverbund Nellenburg hingegen sehen auch die Vorteile am Homeschooling: „Klar, man freut sich schon, dass wieder Schule ist“, sagt Chantal Sander, „aber vorher konnte man sich die Zeit einteilen. Da war man freier.“ Und auch Sarah-Kathrin Haller (16) und Maxine Bercher (16) vom Nellenburg-Gymnasium finden, dass es mit dem Homeschooling eigentlich gar nicht so schlecht gelaufen sei.

„Insgesamt sind die Eltern und wir mit dem Unterrichtsbeginn sehr zufrieden“ – Beate Clot, Schulleiterin Schulverbund ...
„Insgesamt sind die Eltern und wir mit dem Unterrichtsbeginn sehr zufrieden“ – Beate Clot, Schulleiterin Schulverbund Nellenburg | Bild: Eva Bart

Auch Adrian Kramer, Luca Buhl und Johannes Brecht aus der 10c des Gymnasiums hätten es durchaus noch länger im Homeschooling ausgehalten. Sie sind aber froh, Klassenkameraden wieder zu sehen, auch wenn es nur ein Teil der Klasse ist. Und sie finden das Youtube-Video gut, in dem Schulleiter Holger Seitz die Hygienevorschriften von Handdesinfektion bis zur Regelung für den Toilettengang erklärt.

Als um 13 Uhr der Bus der Linie 400 nach Eigeltingen und Singen kommt, stellen sich alle Schüler an der Bushaltestelle an. Es gibt kein Gerangel, kein Drängeln, Abstände werden eingehalten, die Schüler tragen ihre Masken. Gymnasial-Lehrerin Sabine Schächtle, die die Busaufsicht führt, ist beeindruckt: „Die Kids waren super diszipliniert, alle haben brav angestanden und gewartet. Das haben die toll gemacht.“

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Damit der erste Schultag nach den Ferien reibungslos abläuft, haben die Schulen viele Vorbereitungen getroffen. Die Klassen wurden in mehrere Gruppen aufgeteilt, damit man in den Klassenzimmern die Abstände einhalten kann. Das bedeutet: Es kommen zwar alle Klassen wieder zurück in die Schule, allerdings nur in halber Stärke. Die Lerngruppen wechseln sich wochenweise ab.

„Eine Hysterie über eine wegen der Corona-Krise verlorenen Generation teile ich nicht.“ Holger Seitz, Leiter des ...
„Eine Hysterie über eine wegen der Corona-Krise verlorenen Generation teile ich nicht.“ Holger Seitz, Leiter des Nellenburg-Gymnasiums | Bild: Freißmann, Stephan

In den Wochen, in denen die Schüler nicht in den Präsenzunterricht gehen, haben sie verstärkt Hausaufgaben, erklärt Holger Seitz vom Nellenburg-Gymnasium. „So haben wir noch drei Wochen Präsenzunterricht bis zum Schuljahresende“, sagt er. Das trifft zumindest dann zu, wenn das Kultusministerium keine weiteren Öffnungen beschließt, wovon Seitz allerdings nicht ausgeht. Ähnlich ist der Unterricht am Schulverbund Nellenburg geregelt, erklärt dessen Leiterin Beate Clot.

In den Schulhäusern gelten weiterhin spezielle Regeln zum Schutz vor möglichen Ansteckungen – von Abstandsgeboten bis zum Händewaschen. Vor allem die Pausen laufen auf dem Schulcampus an der Dillstraße anders ab als gewohnt. Die Schüler gehen nicht mehr alle gleichzeitig auf den Schulhof, sondern machen versetzt in kleinen Gruppen Pause. Und ins Schulgebäude kommen Externe nur mit vorheriger Anmeldung herein, sagt Beate Clot vom Schulverbund. Sogar die Toilettengänge laufen anders ab als gewohnt. Schüler würden von den Lehrern bis zum Klassenzimmer begleitet.

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Für Schulen ist es ein große organisatorischer Aufwand

Für die Schulleitungen bedeutete das einen großen Organisationsaufwand. Denn nicht zuletzt mussten alle Stundenpläne neu geschrieben werden. Der Schulverbund Nellenburg hat sogar ein Schichtmodell für seine Schüler eingeführt, berichtet dessen Leiterin Beate Clot. Die Schüler haben nicht nur abwechselnd Präsenzunterricht und Fernlernen. Einige Klassen kommen zur Früh-, andere zur Mittagsschicht, um nicht zu viele Schüler gleichzeitig im Gebäude zu haben. Der Wechsel finde in der fünften Stunde statt.

In den Augen von Holger Seitz bleibt das Thema Corona und Schule spannend. Die Akzeptanz der strengen Regeln an den Schulen empfindet er als schwierig, wenn außerhalb der Schule das Leben immer normaler weiterläuft. Und ihn treibt die Frage um, wie es ab September weitergeht. Die Idee einer Sommerschule für alle Schüler, die sich benachteiligt fühlen, ist für ihn noch mit vielen praktischen Fragen versehen, etwa: Wer soll das machen? Bei allen Veränderungen empfinde er die vom Deutschen Kinderhilfswerk geäußerte Befürchtung, es gebe eine verlorene Generation, aber als übertrieben: „Diese Probleme können wir in den nächsten Jahren lösen“, sagt er.