Der 40-jährige Stefan Leichenauer bekennt sich als leidenschaftlicher Landwirt. Die Freude an seiner Arbeit sieht er aber immer mehr getrübt mit der Erkenntnis: Ein Bauer muss auch kräftig leiden. Steigende Kosten, sinkende Erträge, erschwerte Bedingungen: Der Landwirt aus dem Tengener Stadtteil Uttenhofen zieht nun die Konsequenzen. „Ich gebe die Bullenmast-Haltung auf, gehe auf Jobsuche und plane, den landwirtschaftlichen Betrieb künftig nur noch im Nebenerwerb zu führen. Möglicherweise auch mit der Umstellung auf vollständigen Bio-Anbau von Acker- und Grünland“, erklärt Leichenauer.
„Meine Familie und ich ziehen die Konsequenzen daraus, dass vor allem verschärfte politische Rahmenbedingungen zu drastischen Einschnitten bei der Rentabilität geführt haben. Um ein erträgliches Einkommen zu erzielen, müssten wir viel Geld investieren. Und langfristig würde sich die Investition nur rechnen, wenn einer unserer Söhne die Landwirtschaft übernimmt“, betont Leichenauer. Noch haben der zwölfjährige Moritz und Bruder Nils (9) viel Freude an der Landwirtschaft. Mit Begeisterung helfen sie mit, wie beim Füttern der Tiere. Auch in den Sommerferien, während andere verreisen. „In den Pfingstferien haben wir uns eine kleine Auszeit gegönnt und sind ein paar Tage in den Urlaub gefahren“, berichtet Leichenauers Frau Nicole Kopp.
Erlöse sinken und Kosten steigen
Der Fleisch- und Getreidepreis sinken laut Leichenauer drastisch. Stark negativ wirke sich auch das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den sogenannten Mercosur-Staaten aus, die den gemeinsamen Markt Südamerikas vereinen. Den EU-Staaten werden Zölle erlassen, im Gegenzug können zigtausende Tonnen von Rindfleisch auf den europäischen Markt gelangen. „Alle Welt redet von Klimaschutz. Diese unzähligen Transporte über immense Strecken bewirken das Gegenteil“, zeigt Leichenauer auf. Nur der Kunde könne dies verhindern, indem er bewusst regionale Produkte statt Billigartikel kauft.
Stall wird bald geräumt
Immer strengere Vorschriften, wie beim Tier- und Pflanzenschutz, sorgten für stark steigende Ausgaben. „Durch eine Änderung bei der Ausbringung der Gülle müssten wir ein neues Fass für gut 60 000 Euro kaufen“, so Leichenauer. Er betreibt etwa 150 Hektar Acker- und Grünland, eine Fläche vergleichbar mit etwa genauso vielen Fußballfeldern. Noch hält der Hof 50 bis 60 Mastbullen. „Wir machen Zug um Zug den Stall leer. Bei einem Nettogewinn von 36 Euro pro Tier sehen wir uns zur Aufgabe der Viehhaltung gezwungen“, sagt er. Auch das Futtergetreide bringe geringe Erträge, für einhundert Kilo gebe es gerade mal 14 Euro.

Strenge Kontrollen
„Wir machen auch bisher schon mehr als erforderlich, wie beim Pflanzenschutz, indem wir das Düngen stark reduzieren. Dabei gibt es in unserer Region im Gegensatz zu anderen Gebieten mit Nitratbelastung von Trinkwasser kein Problem. Es wird auch streng kontrolliert.

Nun reift die Überlegung, ganz auf biologischen Anbau umzustellen“, erklärt der Landwirt, der sich auch seit vielen Jahren stark beim Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband engagiert und die Probleme der Landwirte thematisiert. Es gelte, die Bio-Erzeugnisse gut zu vermarkten. Dies sei eine neue Herausforderung. Die große Solaranlage auf dem Hof sieht er als beste Investition, da dadurch Strom und Wärme eigen produziert werde.

Ernte ist gut verlaufen
Ehefrau Nicole Kopp hilft im Betrieb kräftig mit und backt jeden Donnerstag Bauernbrote, die eine rege Abnahme finden. „Wir haben eine treue Kundschaft, die teils von weiter her anreist“, berichtet Nicole Kopp. Damit die Familien über die Runden kommt, arbeitet sie zusätzlich in Teilzeit als Arzthelferin. Leichenauer sorgt sich auch um den Ruf der Landwirte. Der werde beschädigt, weil die Bauern gerade von den Umweltschützern an den Pranger gestellt würden.
Als Landwirtschaftsmeister hofft Leichenauer, schnell eine Arbeit außerhalb seines Hofes zu finden, auch als Transportfahrer. Er ist erfreut über den guten Verlauf der Ernte beim Heu und Getreide, trotz langer Trockenperiode. Die Bauer-Leidenschaft bleibt – auch im Nebenerwerb.
Was Bauern belastet
Mit dem Ende Juni vereinbarten Mercosur-Freihandelsabkommen wollen die Europäische Union und vier südamerikanische Länder die größte Freihandelszone der Welt aufbauen. Das soll Unternehmen in der EU jährlich vier Milliarden Euro an Zöllen ersparen und die Exporte ankurbeln. Die Landwirte befürchten dadurch einen weiteren Preisverfall ihrer Erzeugnisse, wie Fleisch. Das Abkommen muss von den nationalen Parlamenten der Mitgliedsstaaten gebilligt werden. Die Landwirte befürchten auch, dass sich das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ negativ für sie auswirkt, weil noch strengere Reglementierungen drohten.