Über Tonino Cristianis Schreibtisch im Tengener Rathaus hängt ein Bild. Es zeigt einen Steg und man sieht aufs Wasser. Auf die Frage, warum der Kämmerer das Bild über seinem Arbeitsplatz aufgehängt hat, antwortet er: „Ich bin super gerne am Meer oder am Bodensee. Wenn ich im Stress bin, schaue ich das Bild an und werde gleich ruhig.“ Es dürfte in den letzten Jahren durchaus vorgekommen sein, dass Cristiani auf das Bild mit dem Wasser geschaut hat und dabei seine innere Ruhe wieder gefunden hat. Denn als Leiter des Grundbuchamtes und als Kämmerer hat er am Randen viel Erfahrung gesammelt.

Nach mehr als zwei Jahrzehnten im Tengener Rathaus ist für Tonino Cristiani Schluss. Den Kämmerer zieht es nach Donaueschingen. Große Reden schwingen und Anekdoten erzählen will er beim Interviewtermin nicht. „Bei uns geht es doch eher sachlich zu“, beschreibt er die Situation in der Kämmerei. So erzählt er von seinem Werdegang: Schulzeit, Ausbildung, Studium – danach war er fünf Jahre in Dresden und zwei Jahre in Bonn.

Als die Stelle in Tengen ausgeschrieben war, habe es ihn dann 2002 wieder zurück in die Heimat gezogen. Denn er ist in Riedöschingen aufgewachsen und lebt dort auch jetzt mit seiner Familie. Zunächst leitete er das Grundbuchamt und war EDV-Administrator. Das Grundbuchamt wurde dann aber aufgelöst, es gibt jetzt eine Grundbucheinsichtstelle, damit die Tengener Grundbuchauszüge bekommen können und sich über Grundstückangelegenheiten informieren können. „Zufällig fiel die Auflösung des Grundbuchamtes damit zusammen, dass der damalige Kämmerer Erich Rothfelder in den Ruhestand ging“, blickt er zurück. So übernahm Cristiani die Leitung der Finanzverwaltung. In seiner Dienstzeit in Tengen hat er drei Bürgermeister miterlebt: Helmut Groß, Marian Schreier und nun Selcuk Gök.

In der letzten Sitzung des Gemeinderats des Jahres wurde Tonino Cristiani verabschiedet.
In der letzten Sitzung des Gemeinderats des Jahres wurde Tonino Cristiani verabschiedet. | Bild: Uli Zeller

Cristiani berichtet, wie er in den letzten Jahren dazu beigetragen hat, das digitale Arbeiten weiter zu forcieren. Er nennt als ein Beispiel das Bürgerinformationssystem, über das sich jeder von zuhause aus im Internet informieren kann. Auch von großen Baumaßnahmen kann er berichten und aus dem Stand die genauen Beträge nennen, die sie gekostet haben: Etwa die Ertüchtigung und der teilweise Neubau der Kindertagesstätten – oder der Neubau von Bauhof und Bürgersaal. Er berichtet von Anträgen, die er gestellt hat, um Zuschüsse nach Tengen zu holen. Und davon, dass er in den Leitbildprozess eingebunden war, der Tengen zu einem Ärztehaus verholfen hat, obwohl die ärztliche Versorgung eigentlich keine Pflichtaufgabe der Stadt sei, wie er erläutert.

„Eine größere Stadt mit größeren Projekten bringt neue Herausforderungen mit sich“, begründet Tonino Cristiani seinen ...
„Eine größere Stadt mit größeren Projekten bringt neue Herausforderungen mit sich“, begründet Tonino Cristiani seinen Wechsel nach Donaueschingen. | Bild: Uli Zeller

Dass die Stelle in Donaueschingen nun ausgeschrieben wurde, kommt dem 53-Jährigen gerade gelegen. „Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, diese neue Herausforderung anzunehmen“, erläutert er. „In Donaueschingen ist alles viermal so groß wie in Tengen, auch die Zahlen“, sagt er. Allerdings rudert er gleich wieder zurück, wie man es von einem durchdachten und korrekten Finanzfachmann erwartet und drückt es noch einmal etwas vager aus: „Eine größere Stadt mit größeren Projekten bringt neue Herausforderungen mit sich.“

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In Tengen sei er bis zuletzt sehr gern gewesen. Es sei ein kleines Team im Rathaus – und als Kämmerer habe man in einer kleineren Kommune ein breiteres Aufgabengebiet als in einer größeren Stadt. „Das Team in Tengen ist toll“, betont er. Auch die Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat war in all den Jahren sehr gut – auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.

Der Wechsel habe nichts mit dem Wechsel des Tengener Bürgermeisters zu tun, betont er – und auch nicht mit dem Nachtragshaushalt, den Cristiani in diesem Jahr aufstellen musste. „Das ist die normale Situation. Die finanzielle Lage wird für alle Kommunen enger“, sieht er es nüchtern. Es werde sogar noch schwieriger werden, vermutet er. Die Gewerbesteuereinnahmen würden herunter gehen und die Unterhaltskosten für Strom und Wasser hinauf.

Vorfreude auf künftige Besuche im Luftkurort Tengen

Nach Tengen hat Cristiani viele persönliche Verbindungen, wie er betont. Nicht zuletzt, weil seine Frau aus Tengen kommt. Zu Veranstaltungen wie dem Kastaniensommer und dem Schätzele-Markt werde er auch künftig gerne wieder kommen. Und er freue sich auf die Begegnungen. Dann nicht mehr als Kämmerer, sondern als Besucher.

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Donaueschingen sei eine lebendige Stadt mit viel Potenzial, blickt Cristiani auf seinen zukünftigen Wirkungsort, in dem er bereits Abitur gemacht hat. Er nennt die neue Realschule, Schulsanierungen, das Reitturnier – und natürlich das Fürstenhaus. Was er nicht erwähnt, sind die verschiedenen Gewässer. Denn bekanntlich bringen Brigach und Breg die Donau zuweg. Und wenn auch die Gewässer viermal so groß sind wie in Tengen, sind sie vielleicht auch für den künftigen Kämmerer an der Donauquelle viermal so entspannend.

Lob von Bürgermeister Gök

Bei der Verabschiedung von Tonino Cristiani in der letzten Sitzung des Gemeinderats im Jahr 2023 bezeichnete Bürgermeister Selcuk Gök dessen Zeit als „beispiellose Erfolgsgeschichte“ und lobte dessen „unerschütterliches Engagement“. Er bezeichnete den Kämmerer als Architekt der Stadtentwicklung und als Finanzstratege. „Bei aller Detailgenauigkeit hatte Tonino Cristiani die Fähigkeit, auch das Große und Ganze zu sehen“, so Gök. Thomas Wezstein sprach für alle drei Fraktionen des Gemeinderats und für die Ortsvorsteher: Der scheidende Kämmerer habe es mit den Fraktionen vielleicht nicht immer einfach gehabt und mit den Ortsvorstehern vielleicht noch schwerer. Aber eines sei geblieben: Cristiani habe gut auf die Belange der Stadt Tengen aufgepasst. Zu seiner Nachfolge in Tengen ist noch nichts bekannt.