Lukas Bucher hat an diesem Arbeitstag eigentlich gar keine Zeit für ein Gespräch mit der Zeitung. Der junge Landwirt vom Hilzinger Berghof bereitet gerade die Ankunft von 3800 neuen Hühner vor. Doch die Thematik, über die der SÜDKURIER mit ihm reden will, ist zu wichtig, zu ernst. „Es geht hier um Existenzen, Familien, die hinter den Höfen stehen und Mitarbeiter“, sagt er mit Blick auf die Sparpläne der Regierung und die Konsequenzen, die das für Landwirte bedeuten könnte.
Für Montag, 8. Januar, haben Landwirte in ganz Deutschland zu einem bundesweiten Protest aufgerufen. Auch im Hegau werden zu einer Kundgebung in Mühlhausen-Ehingen etwa 800 Traktoren erwartet. Hinter dem Steuer eines dieser Fahrzeuge wird Lukas Bucher sitzen. „Es ist das erste Mal, dass so viele Landwirte an einem Strang ziehen. Das ist ein gutes Gefühl, zeigt aber auch, wie ernst die Lage ist“, so der Hilzinger Landwirt. Denn die Problematik betreffe alle Landwirte vom Milchbauer bis zum Viehbauer. „Wir demonstrieren nicht für die Vier-Tage-Woche oder zehn Prozent Gehaltserhöhung, sondern dafür, dass wir wettbewerbsfähig bleiben“, so Bucher.
Das Wie, Warum und Wo

Lukas Bucher ist von den Entscheidungen der Bundesregierung enttäuscht. Allerdings nicht nur von den jüngsten, die hätten das Fass nur zum Überlaufen gebracht. Schon länger habe er das Gefühl, dass den Landwirten in Deutschland Knüppel zwischen die Beine geworfen würden. „Die Landwirtschaft hat leider keine Lobby, das sieht man jetzt bei den Sparmaßnahmen der Regierung“, so Bucher. Sein Kritikpunkt: Die Bundesregierung würde den Haushalt nicht auf die Kette bekommen und wälze dies nun überproportional auf die Landwirtschaft ab.
Wie die finanziellen Auswirkungen der angekündigten Subventionsstreichungen für die Landwirte sind, macht Lukas Bucher anhand eines Beispiels deutlich: Alleine seinem Betrieb würden mehr als 4000 Euro fehlen. „Und wir sind ein kleiner Betrieb“, so Bucher. Hinzu komme, dass auch Kosten etwa für Futtermittel oder Lohnunternehmen gestiegen seien. „Am Ende trifft das natürlich den Endverbraucher, weil wir nichts anderes machen könne, als die Preise zu erhöhen. Nur so können wir überleben“, betont Bucher.
Werden die deutschen Landwirte abgehängt?
Damit würden auch die Wettbewerbsnachteile immer größer: „Wir in Deutschland produzieren zu hohen Umwelt-, Tierschutz- und Sozialstandards wie etwa den Mindestlohn. Importierte Waren müssten diesem Nachweis dann auch entsprechen – tun sie aber nicht“, sagt Bucher. Der Hilzinger Landwirt würde sich wünschen, dass unter niedrigen Standards produzierte Waren nicht nach Deutschland importiert werden dürfen und dass es eine klare Herkunftsbezeichnung gibt.

Auch andere Landwirte aus dem Hegau werden am Montag auf die Straße gehen, um ihren Unmut Luft zu machen. Einer von ihnen ist Jan Mayer. Er und seine Familie führen den Milchviehbetrieb Hühnerbrunnerhof in Engen-Zimmerholz. „Wir sind auf jeden Fall dabei“, sagt er zum großen Protesttag der Landwirte.
Die bisher geplanten Streichungen von Subventionen würden auf dem Hühnerbrunnerhof mit etwa 20.000 Euro jährlich zu Buche schlagen, schätzt Jan Mayer. „Der Wegfall der Befreiung von der KFZ-Steuer trifft uns stärker als wegfallende Subventionen beim Kraftstoff“, gibt der Engener Landwirt zu verstehen. Doch das ist eben nur die Spitze des Eisbergs, wie Jan Mayer empfindet. „Uns wird seit Jahren eins nach dem anderen aufgebrummt“, sagt er über die Vorgaben der Politik.
Er nennt ein Beispiel von vielen: So dürften im Winter die Äcker nicht mehr gepflügt werden, um Erosion möglichst zu verhindern – also die Abtragung von Boden durch Wind, Wasser und Eis. Dabei hätten die Landwirte die Flächen, die durch Erosion gefährdet sind, ohnehin im Blick und das Pflügen des verfestigten Bodens im Frühjahr brauche noch mehr Kraftstoff. Beim Pflügen im Winter entfalle durch die Kraft des Frosts ein ganzer Arbeitsschritt für die Landwirte.
Wenn fürs Klima, dann bitte alle in der EU
Für die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen wie die des Agrar-Diesels hat Jan Mayer durchaus Verständnis. Das Problem dabei sei nur, dass der Diesel in anderen Ländern weiter subventioniert werde. Die deutschen Landwirte müssten aber mit den ausländischen Agrarprodukten konkurrieren. „Das ist eine Marktverzerrung“, findet Jan Mayer. Seiner Meinung nach bräuchte es hier wenigstens eine einheitliche Regelung auf EU-Ebene.
In Deutschland müssten die Agrar-Subventionen die im Vergleich zum Ausland höheren Produktionskosten ausgleichen. Die seien beispielsweise durch höhere Umwelt- und Sozialstandards, mehr Tierwohl sowie höhere Löhne in Deutschland bedingt, so Mayer. Er und seine Kollegen fürchten, dass die Produktion so in andere Länder abwandern wird. „Wir sind auf die Subventionen angewiesen, da wir sonst nicht konkurrenzfähig sind“, sagt er klipp und klar.