Vor mehreren Dörfern im Hegau bot sich über die Feiertage ein ungewöhnliches Bild: Die Ortsein- und -ausgangsschilder waren dekoriert. In Tengen-Beuren hingen beispielsweise Gummistiefel am Schild. In Tengen-Watterdingen befand sich eine gebastelte Ampel daneben – mit dem grünen Lichtsignal oben und dem roten unten. Darunter war zu lesen „Ampel ist deffekt“.
Einige Ortsschilder wurden sogar auf den Kopf gestellt. Durch die Plakate, die ebenfalls aufgestellt waren, erklärte sich die Aktion: „Landwirt vor Ort statt Billigimport“ (in Beuren), „Ohne Bauern keine Zukunft“ (in Tengen), „Diese Regierung stellt alles auf den Kopf“ (in Watterdingen) oder „Der Politik fehlen die Manieren, Arbeit muss rentieren“ (Dorfplatz Watterdingen).
Die Aktion sei nicht nur auf Tengen begrenzt, erläutern Stefan Leichenauer (Uttenhofen) und Ferdinand Nutz (Watterdingen) vom Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband (BLHV). Weitere Proteste seien im Januar geplant. Die Vertreter des BLHV achteten dabei darauf, dass alle rechtlichen Vorgaben eingehalten werden. Wer letztlich hinter den einzelnen Aktionen in den Dörfern stehe, sei aber nicht dokumentiert.
Ferdinand Nutz berichtet, dass er mit einigen Junglandwirten aus Watterdingen geredet hat. „Die Junglandwirte sind unsere Zukunft.“ Diese würden es auf den Punkt bringen. „Die Bevormundung und die Respektlosigkeit gegenüber den Landwirten müssen jetzt aufhören“, so Nutz.
Schilder sind ein stiller Protest
Die umgedrehten Schilder seien ein stiller Protest gewesen, um auf die Streichungen der Steuervergünstigungen für die Landwirte aufmerksam zu machen, fasst Stefan Leichenauer zusammen. Nicht nur Landwirte hätten mitgemacht, sondern auch viele Verbraucher. „Es ist gigantisch und faszinierend, was dabei herauskommt, wenn man sich zusammentut“, so Leichenauer.
Dabei betont er auch, dass sich die Protestierenden nicht in die rechte politische Ecke ziehen lassen wollen. Mit einem Wortspiel erklärt er: „Wir erzeugen Lebensmittel. Lebensmittel gehören in die Mitte der Gesellschaft.“ Es gehe um die Sache.
Der Landwirt aus Uttenhofen war kürzlich auch auf der Bauerndemonstration in Berlin dabei. Innerhalb von nur drei Tagen seien rund 5000 Bauern mobilisiert worden, die nach Berlin zum Demonstrieren gefahren sind. Am 8. Januar beginne eine Protestwoche, die am 15. Januar in Berlin endet. Auch hier in der Region seien einige Aktionen geplant.
Franzosen haben sich die Aktion ausgedacht
Die Aktion mit den umgedrehten Ortsschildern geht auf eine Initiative der Landjugend in Frankreich zurück. Stefan Leichenauer muss lachen, wenn er an den Ausspruch eines französischen Landwirts denkt. Dieser habe nur den Kopf darüber geschüttelt, dass eine Regierung ausgerechnet in der kalten Jahreszeit die Subventionen für die Bauern streiche. Für den Landwirt aus Frankreich sei klar gewesen: Wenn sie in Berlin auch nur ein bisschen weiter gedacht hätten, dann hätten sie das doch im August gemacht – dann, wenn die Landwirte viel Arbeit haben und keine Zeit dafür, sich Protestaktionen auszudenken.