Ein Besuchermagnet, und das trotz zahlreicher weiterer attraktiver Veranstaltungen in der Region, war wieder das Dorf- und Backhausfest des nur rund 850 Einwohner zählenden Teilorts Vilsingen in der Gemeinde Inzigkofen. Vielleicht lag es diesmal auch daran, dass Gerlinde Kretschmann, die Ehefrau des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, der Einladung des Dorfgemeinschaftsvereins folgte und sich bereit erklärte, den Fassanstich zum Festauftakt des 44. Dorf- und Backhausfestes zu übernehmen.
Erster Fassanstich für Gerlinde Kretschmann
„Das ist mein allererster Fassanstich“, sagte die Laizerin, die zuvor schmunzelnd erklärt hatte, im Vorfeld ihren Mann gefragt zu haben, auf was dabei zu achten sei.

Assistiert von der Ortsvorsteherin und dem Vorsitzenden des Dorfgemeinschaftsvereins, Andreas Dreher, trieb sie mit eher vorsichtigen Schlägen den Zapfhahn in den Spund. Gerlinde Kretschmann, die nichts davon hält, Landesmutter genannt zu werden, ließ sich von der quirligen Ortsvorsteherin Viktoria Gombold-Diels sogar dazu überreden, in den Korb des Autokrans der Firma Bauer zu steigen, der sie und ihre sie begleitende Schwerster Mechhild Schnitzer in rund 50 Meter Höhekreisen ließ, um Vilsingen aus luftiger Perspektive zu betrachten.
In der Festmeile tobte das Leben
Mit Musik, Schießbude und Ledigenzügle, Oldtimern und kostenlosen Spielmöglichkeiten für die Kinder und, ganz wichtig, den kulinarischen Angeboten, für die das Dorffest weithin bekannt ist.

Allen voran die Dennetle, für die die Leute Schlange am Backhaus stehen, die weltbesten Brathähnchen vom Buchenholzgrill, herzhaftes Bruzzelfleisch und nicht zu vergessen die gebratenen Forellen, wobei die Aufzählung bei weitem nicht vollständig ist.

Exemplarisch ist die Aussage von Klaus und Martha Löhle aus Frohnstetten, beides versierte Kochprofis: „Wir kommen jedes Jahr hierher, diese Leckereien lassen wir uns nicht entgehen!“
1.200 Kilogramm Mehl und 180 Liter Milch
Wie die Ortsvorsteherin berichtete, hat das Backhausteam für die Dennetle und das Brot 1.200 Kilo Mehl, 30 Kilo Salz, 25 Kilo Hefe und 180 Liter Milch verbacken. Dazu kamen noch 180 Kilo Speck, fast genauso viel Zwiebeln und eimerweise Schmand.
Rund 80 Leute waren in Schichten für die drei Tage eingeteilt, wobei in Dreierschichten auch nachts gebacken werden musste.
170 Kilo Zwiebeln geschnitten
In einem kleinen Kabuff innerhalb des Backhauses waren unter anderem Walter Beck und Marianne Haiss zugange, die Speck-Zwiebelmischung für die Dennetle vorzubereiten. Dazu mussten rund 170 Kilo Zwiebeln geschnitten werden, was in dem kleinen Raum mit dem winzigen, vergitterten Fenster zu nicht unerheblicher Reizung der Tränendrüsen führte. Scherzhaft nannten die beiden ihren Arbeitsraum „Weinstube“ wegen der Tränen oder „Kitchen“, wobei hier trotz der Essensvorbereitung nicht das englische Wort für Küche gemeint war, sondern das deutsche „Kittchen“. „Das hier war früher die Vilsinger Gefängniszelle“, klärte Gerald Balle auf.
17 Vereine stemmen das Fest
Trotz der drei Tage, die mit enormen Vorbereitungen verbunden waren, sah man nur fröhliche Gesichter, egal, ob mit Mehl gepudert und schmandbekleckst wie im Backhaus oder mit Öl gefettet und schweißperlenverziert wie beim Hähnchen- und Bruzzelfleisch braten.

Wie 17 Vereine des kleinen Ortes das Fest stemmen, rang Gerlinde Kretschmann Respekt ab. Bei ihrem Rundgang verhehlte sie ihr Staunen nicht: „Das müssen andere erst mal nachmachen!“ Ihre Schwester, wohnhaft in der Kreisstadt, wagte zu behaupten: „Das ist in Sigmaringen nicht möglich!“

Der Zusammenhalt funktioniere in den kleinen Ortschaften vielleicht besser, weil man sich hier näher und ein Stück weit auch aufeinander angewiesen sei, meinte sie. Die Menschen freuten sich, Gerlinde Kretschmann zu sehen, mit ihr zu plaudern. Das ließ erkennen, dass sie hier zu Hause ist und dazugehört.

Eine besondere Sympathiebekundung wurde den beiden Frauen bei der Stippvisite der Werkstatt von Marco Stroppl zuteil. Die kommt beim Dorffest als Weinstube daher, wo die beiden Frauen nicht nur alkoholfreien Wein kosteten, sondern auch die Stroppelschen Katakomben betreten durften. In dem uralten Gewölbekeller lagert der Hausherr seinen Most, der natürlich nicht unverkostet bleiben durfte.