Was für Außenstehende etwas aufwendig erscheint und auch ein wenig verrückt klingt – wer fährt schon einmal die Woche nach Karlsruh‘ zur Handarbeit – hat einen lustigen Hintergrund. Denn von Vilsingen kommt man locker zu Fuß nach Karlsruh‘. Denn hinter diesem Namen verbirgt sich ein kleines, etwa 250 Jahre altes Häuschen, das einst einem Mann namens Karl gehörte. Hier habe er sich zurückgezogen, wenn er seine Ruhe wollte oder um sich mit seinen Rentnerfreunden zu treffen, erzählte Elvira Stroppel, Nachfahrin des Karls und heutige Besitzerin. „Sie haben hier dann Musik gehört, sich miteinander unterhalten und das eine oder andere Bier oder Viertele getrunken.“

Geburtstagsfest gibt Anstoß für Renovierung

Das Häuslein sei etwa 1770 erbaut worden und diente viele Jahre lang mal als Waschhaus, Backhaus, Werkstatt und sogar als Hühnerstall, bis Vorbesitzer Karl das Häuschen renovierte und als gemütliches Refugium entdeckte, wo er sich 20 Jahre lang ungestört mit seiner Männerrunde treffen konnte.

Besitzerin Elvira Stroppel und Freundin Christina Heinemann aus Stetten a.k.M. in dem gut 255 Jahre Jahre alten Häuschen namens Karlsruh‘.
Besitzerin Elvira Stroppel und Freundin Christina Heinemann aus Stetten a.k.M. in dem gut 255 Jahre Jahre alten Häuschen namens Karlsruh‘. | Bild: Susanne Grimm

Danach sei das Gebäude 13 Jahre ungenutzt gewesen, bis es die jetzigen Besitzer Herbert und Elvira Stroppel wieder zum Leben erweckten. „Ein Geburtstagsfest haben wir als Anlass genommen, das Einzimmer-Haus gründlich zu sanieren“, sagte die Besitzerin. Dabei sei von der alten Grundsubstanz so viel wie möglich erhalten worden, beispielsweise auch die rustikalen Fußbodensteine, die Deckenbalken und die beeindruckende alte Tür, der man die Jahrzehnte, wenn nicht gar Jahrhunderte ansieht. Und auf der ist ein handgemachtes Schild angebracht, auf dem steht Karlsruh‘. „Das haben wir ihm mal geschenkt, als es noch Karls Ruheraum war“, schmunzelte Elvira.

Authentische Lichtschalter eingebaut

Zwar hat das Häuslein keinen Wasseranschluss, aber immerhin Strom, sodass in den kühleren Jahreszeiten auch drinnen gewerkelt und Kaffee gekocht werden kann.

Für diesen alten Lichtschalter, der auf Putz montiert wird, ist Herbert Stroppel lange unterwegs gewesen.
Für diesen alten Lichtschalter, der auf Putz montiert wird, ist Herbert Stroppel lange unterwegs gewesen. | Bild: Susanne Grimm

Um die Ehrwürdigkeit des alten Gebäudes nicht mit modernem Schnickschnack zu verschandeln, ist Herbert Stroppel weit gefahren, um beispielsweise möglichst authentische Lichtschalter aus der Anfangszeit des Haushaltsstroms zu bekommen, was ihm auch geglückt ist. Die Besitzerin Elvira Stroppel zeigt stolz auf den klobigen schwarzen Drehschalter – „die bekommt man fast nicht mehr“. „Nach der Sanierung haben wir meinen lange schwelenden Gedanken umgesetzt, daraus ein Strickstüble zu machen.“ Das Häusle wurde mit Stühlen, einem Tisch, einem Buffet, einem Ofen, Bänken und Vorhängen vom Winkelhof in Inzigkofen ausgestattet, der zu dieser Zeit aufgelöst worden ist. „So konnte im Oktober 2024 gestartet werden“, sagte Elvira Stroppel.

Jede Teilnehmerin backt abwechselnd einen Kuchen

Jeden Montag ab 14 Uhr trifft sich die mittlerweile auf zehn bis zwölf Teilnehmerinnen angewachsene Runde in Karlsruh‘. Eine Teilnehmerin habe noch eine Kaffeemaschine spendiert und jede Woche bäckt abwechselnd eine andere einen Kuchen. Dann wird gehäkelt, gestrickt und gebastelt bei angeregter Unterhaltung. „Nach Hühnerstall, Back- und Waschhaus, Werkstatt und Männerrefugium ist Karlsruh‘ nun unser Frauentreffpunkt“, lachte Elvira Stroppel. Man freue sich über neue Gesichter – „gerne auch von „Auswärtigen“. Denn in der Runde befänden sich unter anderem auch Handarbeiterinnen aus Stetten a.k.M.