Beherrschendes Thema
Die Entwicklung des „Reichle-Areal“ in der Ortsmitte von Ruschweiler war und ist ein beherrschendes Thema und wurde während der Bürgermeisterwahl immer wieder diskutiert, so auch bei der Podiumsveranstaltung des SÜDKURIER am 30. September in der Andelsbachhalle. Dort hatte Bürgermeister Jürgen Lasser auf eine Publikumsfrage hin erklärt, dass die Erbengemeinschaft bei einem Gespräch einen konkreten Kaufpreis genannt und der Gemeinderat den Grundstückskauf abgelehnt habe.
„Auf Gemeinde zugegangen“
„Diese Darstellung will die Erbengemeinschaft Reichle nicht unkommentiert stehen lassen“, schildert Martin Reichle im SÜDKURIER-Gespräch den Gang der Dinge, die vor einigen Jahren passierten. Ihrem 2010 verstorbenen Vater sei seine Heimat stets am Herzen gelegen, und deshalb habe sich die Erbengemeinschaft Gedanken gemacht, wie man in seinem Sinne mit der Hofstelle verfahren wolle, wobei klar war, dass diese nicht weiter bewirtschaftet wird. „Wir haben uns damals entschlossen, auf die Gemeinde zuzugehen, um ihr die Möglichkeit zu geben, auf die Planung der Ortsmitte auch im Rahmen des bestehenden MELAP-Programms Einfluss zu nehmen“, erzählt Reichle. Deshalb habe man einen Termin mit Bürgermeister Lasser vereinbart, der von einem Mitglied unserer Erbengemeinschaft wahrgenommen wurde, und sei frühzeitig auf die Gemeinde zugegangen.
„Es gab keine Forderungen“
„Damals ging es es um keinen Kaufpreis, und es gab keine Forderungen. Unser Ansinnen war, ob man nicht eine gemeinsame Lösung mit der Gemeinde für die Entwicklung des Areals finden kann“, versichert Martin Reichle immer wieder. Bei dem damaligen Gespräch sei dem Erbenvertreter vom Rathauschef aber unmissverständlich klargemacht worden, dass die Gemeinde keinerlei Interesse an der innerörtlichen Grundstücksentwicklung habe, schildert er den Verlauf des Termins, der nach seiner Erinnerung 2012 oder 2013 stattfand.
„Gespräche mit Gemeinderäten“
„Diese abweisende Haltung des Bürgermeisters wollten wir nicht auf sich beruhen lassen und haben uns damals an einige Gemeinderäte mit unserem Anliegen gewandt“, ergänzt Reichle. Auf Anfrage des SÜDKURIER bestätigen damals aktive Gemeinderäte, dass das Reichle-Areal im Gremium nicht öffentlich thematisiert wurde, und man von einem Kauf abgesehen habe. Die Frage, ob damals ein Kaufpreis genannt wurde, verneinen die Räte. Auch Martin Reichle versichert, dass im Gespräch zwischen Erbengemeinschaft und Gemeinderäten keine Summe genannt oder Forderungen gestellt wurden.
„Es wurde eine Summe genannt“
Bürgermeister Jürgen Lasser versicherte auf Anfrage des SÜDKURIER nochmals, dass sehr wohl eine Summe für das zwei Hektar große Grundstück genannt wurde, und wiederholte damit seine Aussage bei der Podiumsrunde. „Diese Aussage bezieht sich vermutlich auf das Vorkaufsrecht, das die Gemeinde im Rahmen der notariellen Grundstücksveräußerung ausüben konnte“, mutmaßt Reichle und ergänzt, dass dieses Vorkaufsrecht viel später ins Spiel kam. Erst, als die Gemeinde kein Interesse an dem Grundstück zeigte, habe die Erbengemeinschaft die Fläche auf dem freien Markt angeboten. Und um das Vorkaufsrecht ausüben zu können, hätte die Kommune zumindest das Gebot des Investors bezahlen müssen. Diesen Ablauf bestätigen auch Ex-Gemeinderäte. Sie seien damals nur die Kaufsumme des Investorangebotes informiert worden und hätten auf den Grundstückserwerb verzichtet, nachdem klar geworden sei, dass der Bürgermeister absolut kein Interesse an der Angelegenheit hatte.
„Brüske Ablehnung“
Der Erbengemeinschaft sei es wichtig, dass in der öffentlichen Debatte nicht der Eindruck entstehe, man habe das väterliche Erbe im Schnellverfahren an den Meistbietenden verscherbelt, erklärt Martin Reichle mehrfach, warum die Familie diese Thematik öffentlich macht. Bewusst habe man nach einer gemeinsamen Lösung mit der Gemeinde gesucht, und erst nach der brüsken Ablehnung im Rathaus, wurde der Verkauf aktiv betrieben.
Planung
Das zwei Hektar große Reichle-Areal liegt in der Ortsmitte von Ruschweiler und wurde von der Bauträgergesellschaft Illmensee Bau GmbH gekauft. Die GmbH wurde 2015 vom heimischen Unternehmer Anton Langer und dem promovierten Sozialwissenschaftler Michael Fetscher gegründet, die beide als Geschäftsführer fungieren. In einem ersten Bauabschnitt entsteht ein Mehrfamilienhaus mit elf Wohneinheiten. Dazu werden eine Scheune und ein Schweinestall abgerissen. Die Genehmigungen liegen vor, so dass der Abriss im Herbst stattfindet und der Neubau im Frühjahr errichtet werden kann. Auf dem Gelände sollen weitere Gebäude entstehen, mit mindestens 70 Wohneinheiten, wie die Geschäftsführer in einem SÜDKURIER-Gespräch im August erklärten. In einer Tiefgarage sollen sämtliche Fahrzeuge aller künftigen Bewohner Platz finden.