Die getrennte Biomüllsammlung wird im Landkreis Sigmaringen eingeführt. Diesen Grundsatzbeschluss fasste der Kreistag im Landratsamt bei fünf Gegenstimmen nach einer kontroversen Debatte. Zudem wurde die Kreisverwaltung beauftragt, die Möglichkeiten einer getrennten Biomüllsammlung und deren Auswirkungen auf das bestehende Entsorgungssystem auszuloten. Die Ergebnisse sollen dem Kreistag im Laufe des nächsten Jahres vorgelegt werden, kündigte Landrätin Stefanie Bürkle an. Sie verglich die augenblickliche Situation mit dem Landkreis Altötting. Das von Franz Untersteller geführte Umweltministerium habe deutlich gemacht, dass es eine Sonderstellung des Landkreises Sigmaringen nicht anerkennt. Als Positivum wertete sie die freie Wahl des Erfassungssystems: „Wir sollten die Chance nutzen, um die beste Lösung zu finden“, warb Bürkle um Zustimmung.

Thomas Kugler, Kreisfraktionssprecher der CDU, bedauerte die ablehnende Haltung des Landes gegenüber einem „sehr gut funktionierenden System mit Eigenkompostierung und Grünabfallentsorgung“. Er käme sich vor wie Don Quichotte im Kampf gegen Windmühlen. Kugler geißelte in scharfer Diktion die Aussage der Grünen-Landtagsabgeordneten Andrea Bogner-Unden, die im SÜDKURIER für eine moderate Erhöhung der Müllgebühren plädierte: „Das ist zynisch!“ Kugler berief sich auf Kosten der Jahresgebühren in den Nachbarkreisen zwischen 126 und 156 Euro für einen Fünf-Personen-Haushalt, hier sind es 81 Euro. „Das ist ein massiver Griff ins Portmonee des Bürgers. Und wo soll der Biomüll hinkommen?“ Dennoch stimme seine Fraktion mehrheitlich dem Vorschlag zu: „Mit der geballten Faust in der Tasche!“

Auch bei den Grünen verdunkelte sich die Stimmung nachhaltig. Susanne Scham sagte, sie müsse für den Umweltminister eine Bresche schlagen: „Er hat uns fünf Jahre Zeit gelassen, es ist ein gutes Gesetz.“ Sie kenne viele, die sich auf die Biotonne freuen würden. Johannes Kretschmann nannte es einen „Skandal“, Biomülltrennung hätte weder mit Politik noch mit ideologischer Gängelung zu tun. Eine wilde Kompostierung sei genauso klimaschädlich. „Hier geht es um eine Verordnung.“ Wer damit nicht einverstanden sei, habe das gute Recht, dagegen zu klagen. Und wer dies nicht tue, sei unglaubwürdig. „Sie halten hier wohlfeile Reden, ziehen aber keine Konsequenz daraus.“ Stefanie Bürkle bemühte die Sachebene und erwiderte, dass eine rechtliche Auseinandersetzung zum umfangreichen Gutachterstreit führe, der erfahrungsgemäß bei 150 000 Euro liege.
Auch die anderen Fraktionen waren auf das Ministerium nicht gut zu sprechen. SPD-Fraktionssprecher Richard Gruber bekannte sich zu Kuglers Geste mit der Faust: „Der Kreis ist mit seinem Entsorgungssystem bisher sehr gut gefahren.“ Gruber nannte es ein „behördliches Diktat: Hier wird nach dem Prinzip verfahren: Ober sticht Unter!“

Doris Schröter, Fraktionssprecherin der Freien Wähler, fand es sehr ärgerlich, dass Einzelfallentscheidungen nicht akzeptiert würden. „Das erachte ich weder ökologisch noch ökonomisch für richtig – eine erzwungene Entscheidung.“ Schröter empfahl der Verwaltung, sich schwerpunktmäßig auf ein Bringsystem zu konzentrieren. „Es macht wenig Sinn, wenn halb gefüllte Lastwagen durch den Kreis fahren!“ Die Landrätin entgegnete ihr: Ob wir ein Bring- oder Holsystem vorschlagen, dafür werden wir noch einiges an Hirnschmalz aufbringen müssen.“
Biomülltrennung
Der Landkreis Sigmaringen war der einzig verbliebene in Baden-Württemberg, der sich bislang einer getrennten Biomüllsammlung verweigerte. Landrätin Stefanie Bürkle begründete die Abkehr mit dem Verweis auf den Landkreis Altötting, gegen den eine kommunalpolitische Anordnung mit Verpflichtung zur Umsetzung verfügt worden war. Zudem existiert der Beschluss des Europäischen Rats, eine Bioabfallsammlung ab 2024 strikter zu erfassen. (jüw)