Im Pfrunger-Burgweiler Ried entsteht heute schon der Urwald von morgen. "Das Ried ist ein wunderbarer Flecken Erde, ein Kleinod in unserer Landschaft." Dieser Aussage von Albrecht Trautmann, dem Vorstand der Riedstiftung, dürften wohl alle Wanderlustigen zustimmten. Unter ihnen waren nicht wenige, die schon mehrfach bei den SÜDKURIER-Sommertouren dabei waren, um ihre Heimat zu Fuß kennenzulernen. "Ich nehme seit sechs Jahren an fast jeder Wanderung teil", erzählte Karl Kempter aus Sauldorf. Otto Strigel aus Otterswang und Brigitte Strobel aus Igelswies waren am Vortag in Buchheim dabei.

Als sich die Gruppe am Bannwaldturm traf, grummelte in der Ferne der Donner und dunkle Wolken rückten immer näher. Tatsächlich begann es kurz darauf zu regnen. Doch weil es zunächst um Theorie ging, machte der Regenguss gar nichts aus – zumal die Gruppe im Turm Unterschlupf fand. Hinzu kam, dass Wasser gerade für Riedlandschaften immens wichtig ist. "Ohne Wasser sind Moore zum Sterben verurteilt", sagte Pia Wilhelm.
Noch bis 1996 wurde Torf abgebaut
Die Leiterin des Naturschutzzentrums Wilhelmsdorf berichtete über die Entstehungs- und Nutzungsgeschichte des Moorwalds. Im Gebiet "Kleiner Trauben" hat man noch bis 1996 Torf abgebaut. Weite Teile des Rieds, die heute eine Wiedervernässung erfahren, waren im 19. Jahrhundert entwässert worden, um das Moor urbar zu machen. Heute fühlen sich auf den noch bestehenden Weiden Galloway-Rinder und schottische Hochlandrinder wohl. "Artenreiche wilde Weiden und extensive Beweidung sind ein toller Gewinn für das Projekt", so Wilhelm. Tiere wie Libellen und Moorfrösche sowie Pflanzen wie Preiselbeeren, Moorkiefern und Rosmarinheide haben sich den sauren Böden angepasst.
Mit dem E-Bike kam der "Hauptredner" der Veranstaltung angebraust: Roland Roth von der Wetterwarte Süd aus Bad Schussenried. Seinen Vortrag zum Klimawandel gestaltete der Meteorologe temperamentvoll und ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. "Schwachsinnige Wetter-Apps" und "niveaulose Verblödungssender" bekamen ihr Fett weg. "Der letzte richtige Regen war im Mai", stellte er klar. Was dem Wettermann gehörig gegen den Strich geht, sind vorschnellen Äußerungen wie "Jahrhundertsommer". Die Menschen hätten heute gar keinen Bezug mehr zum Wetter. "Die Demut vor dem, was sich über unseren Köpfen tut, ist völlig abhandengekommen." Hitzetage mit mehr als 30 Grad habe es in diesem Jahr in Oberschwaben etwa 17 gegeben. "2003 waren es um die 50. 2003 war der heißteste Sommer der Nacheiszeit."

Zurückverfolgen lasse sich die Klimageschichte übrigens aus der Untersuchung von Gletschereis. "Der Aletsch-Gletscher ist das größte Klimagedächtnis der Erde", sagte Roth. Was den Klimawandel betrifft, sei es nicht fünf vor, sondern fünf nach zwölf. Für ihn sei es unverständlich, wie jemand den Klimawandel leugnen könne. Das Klima habe sich verändert und es werde immer öfter zu extremen Wettererscheinungen wie Starkregen, Tornados und Orkanen kommen. Roth sieht die Gefahr kriegerischer Auseinandersetzungen um Wasser. Eine Folge der fortschreitenden Wüstenbildung seien riesige Völkerwanderungen. "Ein Drittel der Flüchtlinge sind Klimaflüchtlinge."

Auf den Vortrag folgte dann die Praxis und die Gruppe durchstreifte das Ried. Die zurückgelegte Strecke war zwar nicht sonderlich weit und mag manchem Wandervogel zu kurz vorgekommen sein, doch dafür war die Führung mit Pia Wilhelm sehr informativ.
SÜDKURIER-Tour
Die nächste Wandertour wird vom Schwäbischen Albeverein Pfullendorf am Donnerstag, 30. August, angeboten. Treffpunkt ist um 13 Uhr bei der Wallfahrtskirche Maria Schray. In der Nachbarschaft wird dann der dortigen Wasserbehälter in Augenschein genommen. Von dort geht es zur Mengener Straße, wo ein Experte unter anderem die Funktionsweise eines Pumpwerkes und eines Regenüberlaufbeckens erklärt. Entlang der Umgehungsstaraße geht es dann in den Seepark zum Haus Baden-Württemberg. Eine Anmeldung ist nicht notwendig und bei Regen fällt die Wandertour aus, die etwa fünfeinhalb Kilometer lang ist. (siv)