In der jüngsten Sitzung des Kreistages nutzte Thomas Zimmerer (CDU), Kreisrat aus Bad Saulgau die Gelegenheit, um auf die dramatische Entwicklung am dortigen Krankenhausstandort hinzuweisen. Er erinnerte das Plenum und Landrätin Stefanie Bürkle an das Versprechen der SRH-Geschäftsführung, dass man bei einer ausreichenden Zahl an Hebammen die im Juli geschlossene Geburtenabteilung wieder eröffnen werde. Stadt und Förderverein hätten diese Forderung erfüllt, und dennoch habe SRH eine Wiedereröffnung abgelehnt.
Weniger Belegbetten für Ärztehaus
Nun berichtete Zimmerer, dass Ärzte mangels Perspektive am Klinikum Bad Saulgau kündigen und Ende des Jahres von den 4,5 Vollzeitstellen nur noch eine besetzt sei. Zudem sei mit Hinweis auf Corona die Station A geschlossen werden, was bedeute, dass es für die benachbarte internistische Gemeinschaftspraxis weniger Belegbetten gebe. „Das ist eine Katastrophe für das Ärztehaus“, erklärte Zimmerer sichtlich erregt, dass die Praxis auf die Infrastruktur des Krankenhauses angewiesen sei. Und nach seinen Angaben hat SRH mit den Ärzten nicht über die Veränderungen gesprochen. „So geht es nicht!“, erklärte der CDU-Rat.
Landrätin macht sich Sorgen um die Intensivstation
Landrätin Bürkle, die Vorsitzende des Aufsichtsrates der SRH Kliniken Landkreis Sigmaringen ist, bestätigte die Kündigung zweier Ärzte. Dass die Geburtenabteilung geschlossen bleibe, habe SRH-Geschäftsführer Jan-Ove Faust mit den nicht kompatiblen Arbeitszeiten der neuen und alten Hebammen erklärt, erinnerte sie an dessen Ausführungen im Gremium.
Die Personalverlagerung sei Corona geschuldet, folgte sie auch hier der Argumentation des SRH-Geschäftsführers. Angesichts der enorm gestiegenen Zahl an Infizierten mache sie sich Sorgen um die Intensivstation, ja um das ganze Krankenhaus, sagte die Kreischefin. Umso wichtiger sei, dass die Gesellschafter bezüglich der künftigen Ausrichtung der SRH Kliniken bis spätestens März 2022 eine Entscheidung treffen.
Strukturen werden zerschlagen
„Corona kann nicht für alles herhalten“, unterstützte Doris Schröter (FW), Bürgermeisterin von Bad Saulgau, die Kritik ihres CDU-Kollegen. Man zerschlage nun Strukturen, die man später nicht oder nur schwer wieder aufbauen könne und da nütze dann auch ein positives Ergebnis des Zweitgutachtens nichts mehr, so die Bürgermeisterin der Kurstadt. Dieses Szenario beschäftigt viele Bürger in Bad Saulgau: Bestehende Strukturen werden zerschlagen, das medizinische Personal kündigt und sollte später die Wiedereröffnung beispielsweise der Geburtenstation durch das Zweitgutachten empfohlen werden, könnte dies die SRH-Geschäftsleitung mit Hinweis auf die nunmehr nicht vorhandenen Strukturen ablehnen.
Bürgermeisterin beklagt fehlendes Vertrauen
„Das hat etwas mit Vertrauen zu tun“, kritisierte auch Doris Schröter, dass SRH vor den Entscheidungen bezüglich der Strukturveränderungen im Bad Saulgauer Krankenhaus nicht mit den betroffenen Ärzten gesprochen habe. Sie könne dazu nichts sagen, weil sie nicht wisse, „wer wann und wo mit wem gesprochen hat“, erwiderte Landrätin Bürkle. In ihrer Haushaltsrede hatte sie das Thema „Kliniken“ gleichfalls aufgegriffen. Man habe in den zurückliegenden Monaten bitter lernen müssen, dass das, was man sich immer gewünscht habe, eine dezentrale Krankenhausstruktur an drei Standorten, in der Zukunft immer schwerer zu halten sein werde.
Optionen für ambulanten Bereich sollen erarbeitet werden
Das erste Quartal 2022 werde von den Entscheidungen geprägt sein, die man im stationären Bereich zu treffen haben sowie der Erarbeitung von Handlungsoptionen im ambulanten Bereich.
Auch ihr falle diese Diskussion, verursacht durch medizinische und gesetzliche Änderungen, nicht leicht, aber man dürfe die Augen nicht vor notwendigen Veränderungen verschließen. Eindringlich appellierte Bürkle an alle Beteiligten miteinander an dieser Veränderung mitzuarbeiten und nicht gegeneinander.
Klares Bekenntnis zur Einheit des Landkreises
Sie legte ein klares Bekenntnis zur Einheit des Landkreises ab, nachdem aus Bad Saulgau die Frage nach einem Austritt aus dem Kreis Sigmaringen gestellt werde. „Würde es denn das Krankenhaus Bad Saulgau heute noch geben, wenn es nicht den Landkreis Sigmaringen gegeben hätte?“, gab es von Bürkle als rhetorische Gegenfrage. Die Debatte um die Schließung kleinerer Krankenhausstandorte werde landesweit geführt, verwies sie auf den deutlich reicheren Nachbarlandkreis Biberach, der seine kleinen Häuser in Riedlingen und Ochsenhausen schon lange geschlossen habe. „Wer eine gute medizinische Versorgung im Landkreis auch in Zukunft behalten möchte, muss bereit sein zur Veränderung“, brachte Stefanie Bürkle ihre Überzeugung auf den Punkt.