Die wirtschaftlichen Folgen von Corona beschleunigen im Krankenhaussektor die Zentralisierungstendenz, die von Bundes- und Landespolitik forciert wird. Hinzu kommen im Gesundheitsbereich die Megathemen Digitalisierung, Telematik und Fachkräftemangel. Die SRH Kliniken GmbH mit den Häusern in Sigmaringen, Pfullendorf und Bad Saulgau muss sich neuen Konzepten und Prozessen auf die Situation einstellen und erstmals wurde bei einem Pressegespräch am Freitagvormittag klar, dass um die Zukunft der einzelnen Standorte gerungen wird.

Finanziell herrscht große Unsicherheit

„Es herrscht große Unsicherheit“, attestierte Interimsgeschäftsführerin Christine Nau bezüglich der finanziellen Situation der GmbH, wobei das vierte Quartal entscheidend sein werde. Ein Grund für die angespannte Lage ist der Wegfall der so genannten Freihaltepauschale, die vom Bund während Corona erstattet wurde. Pro Tag erhielten die Krankenhäuser für jedes leere Bett 560 Euro, was wöchentlich bis 500 000 Euro an Einnahmen brachte. „Diese Pauschalen haben uns stabilisiert“, ergänzte Nau, dass diese Einnahmequelle ab 1. Oktober versiegt. Und mit den Kostenträgern habe man noch gar keine Budgetverhandlungen geführt.

Dr. Jan-Ove Faust.
Dr. Jan-Ove Faust. | Bild: Barbara Koch

Geschäftsführer: „Was machen wir in jedem Standort?“

Der seit fünf Wochen amtierende Geschäftsführer Jan-Ove Faust machte klar, dass die Kliniken GmbH angesichts von Ambulantisierung, Zentralisierung und Fachkräftemangel eine Grundsatzentscheidung benötigt. „Was machen wir in jedem Standort?“, fragte der 62-Jährige und machte klar, dass künftig nicht die Bettenzahl entscheidend sei, sondern die optimale Versorgung. Man habe interne Organisationsveränderungen durchgeführt, ansonsten könne er noch keine konkreten Aussagen machen.

Professor von Boyen: „Krankenhaus ist ein extrem sicherer Ort“

Viel Lob hatte Faust, der 13 Jahre am OSK Ravensburg tätig war, für die Bewältigung der Corona-Krise, die das Krankenhauspersonal aller drei Standorte gemeinschaftlich meisterte. Der ärztliche Direktor, Professor Georg von Boyen, wies bei dieser Gelegenheit daraufhin, dass das Krankenhaus ein extrem sicherer Ort sei, und kein Patient fernbleiben sollte, weil er fürchte, sich mit Corona zu infizieren. Man könnte dank zweier Schnelltestgeräte alle Patienten testen, und alle Pfleger wären mit FFP2-Masken ausgestattet. Aktuell hält man in Sigmaringen als zentrale Aufnahmestelle für Corona-Patienten 18 Betten vor, wobei derzeit ein Patient stationär behandelt wird.

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Thomas Kugler: „Man darf keine Ängste schüren“

Klar wurde bei dem Pressegespräch, dass die Krankenhauslandschaft vor Veränderungen steht. Mit nüchternem Blick attestierte Bürgermeister Thomas Kugler als Vertreter des Spitalfonds Pfullendorf, dass er die Erwartungshaltung der Pfullendorfer Bevölkerung kenne, aber man sich an der Realität ausrichten sollte, wobei Pfullendorf und Bad Saulgau ihre absolute Daseinsberechtigung hätten. „Man darf keine Ängste schüren“, kündigte Kugler an, die Thematik in den nächsten Monaten im Gemeinderat und Spitalfonds zu diskutieren. Noch konkreter wurde Landrätin Stefanie Bürkle, die von der Geschäftsführung bis Jahresende entsprechende Vorschläge erwartet. Klar ist für die Kreischefin, dass die Ergebnisse nicht auf ewig in Stein gemeißelt, sondern einer stetigen Veränderung unterliegen. „Wir erleben in den vergangenen Jahren eine unheimliche Dynamik im Gesundheitswesen“, ergänzte Werner Stalla, der mit Christina Neu die Interimsgeschäftsführung inne hatte.

Interne Organisation

Geschäftsführer Jan-Ove Faust erhält einen kaufmännischen Direktor an seine Seite, der noch gesucht wird. Zudem soll für alle drei Standorte noch eine übergreifende Pflegedirektion installiert werden. Den Posten übernimmt zum 1. Januar 2021 Stefan Ries, derzeit Pflegedirektor in den Kliniken im Landkreis Biberach.