Strahlend blickte Ralph Gerster bei seinem ersten Neujahrsempfang am Samstagabend auf die voll besetzten Ränge in der Stadthalle. Und die Freude war ihm auch anzusehen, als er zwei Männern, für deren herausragende Verdienste und unermüdlichen Einsatz im Dienste der Gemeinschaft den Wappenehrenteller samt Urkunde übergab. Jobst Florus wurde für seine jahrzehntelange Gemeinderatstätigkeit mit der zweithöchsten Auszeichnung der Stadt geehrt und Ex-Bürgermeister Thomas Kugler für seine 16-jährige Amtszeit, in der er die Stadt maßgeblich weiter entwickelt habe, wie sein Nachfolger erklärte. Mit langem Applaus quittierten die Besucher diesen Höhepunkt des Neujahrsempfangs.

Bürgermeister stellt Bürger in den Fokus

Bürgermeister Ralph Gerster.
Bürgermeister Ralph Gerster. | Bild: Johanson, Kirsten

Der seit einem Jahr amtierende Ralph Gerster hatte bei der Gästebegrüßung einen neuen Ansatz gewählt und vor die Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Behörden diejenigen gesetzt“, die sich als Arbeitgeber Lehrkräfte, Ehrenamtliche, Mitglieder der Blaulichtorganisationen, Vereine, Verbände und als Bürger und Bürgerinnen in der Stadt einbringen: „Sie sind es, die zur Attraktivität von Pfullendorf als Wirtschaftsstandort, aber auch als Wohn-, Arbeits- und Lebensort beitragen.“ Er sei beeindruckt von der Vielfalt und Lebendigkeit der Stadt und die Bürger könnten stolz darauf sein, so wie er stolz sei, Bürgermeister von Pfullendorf sein zu dürfen.

Hunderte Besucher im Foyer.
Hunderte Besucher im Foyer. | Bild: Johanson, Kirsten

Angesichts der geopolitischen Lage von Deutschland, Europa und der Welt falle es ihm schwer, voller Optimismus und Zuversicht ins neue Jahr zu blicken, zitierte Gerster Bundespräsident Steinmeier, der mit Blick auf 2023 treffend formuliert habe: „Die Welt hat sich von ihrer dunklen Seite gezeigt.“ Die Krisen hätten die Gesellschaft, Infrastruktur und Politik vor große Herausforderungen gestellt und die Kommunen an ihre Grenzen gebracht, auch weil die „große Politik“ beispielsweise bei der Flüchtlingsthematik die offen angesprochenen Probleme nicht wie vereinbart löse.

Kampfansage an die AfD

„Es ist eine Zeit der Unruhe und Unsicherheit“, konstatierte Gerster und die Gesellschaft müsse über ihre Werte und Zukunft nachdenken und die Frage beantworten: „Was läuft nicht richtig in unserem Land.“ Dann hörten die Besucher eine Kampfansage von Gerster an die AfD, die populistisch agiere, aber nichts zur Lösung von Problemen beitrage, wie man beispielhaft an ihren zwei Vertretern im Kreistag sehe, die seit fünf Jahren fast oder gar nicht anwesend seien.

Das Ehepaar Gundel und Hermann Billmann wird von Stadtpfarrer Martinho Dias Mertola und seinem evangelischen Amtskollegen Sebastian ...
Das Ehepaar Gundel und Hermann Billmann wird von Stadtpfarrer Martinho Dias Mertola und seinem evangelischen Amtskollegen Sebastian Degen (rechts) begrüßt. | Bild: Johanson, Kirsten

Das Jahr 2024 biete nun allen Bürgern die Gelegenheit, sich für die Basis der Demokratie, sprich die Kommunalpolitik, zu engagieren und sich als Kandidat für die Wahl am 9. Juni zur Verfügung zu stellen, betätigte sich der Bürgermeister als Wahlhelfer: „Es ist bedauerlich zu sehen, dass die Zahl der Absagen für Kandidaturen höher ist, als die der Zusagen.“ Die Mitglieder des neuen Stadtrates erwarten viele Herausforderungen. Die Schulentwicklungsstrategie müsse vorangetrieben werden, wobei man die finanziellen Aspekte nicht unterschätzen dürfe.

Pragmatische Lösungen für Bildungsinfrastruktur nötig

Klar ist für Ralph Gerster, dass Realschule und Sechslindenschule über ausreichende Raumkapazitäten verfügen müssten, wobei es aber nicht um die Schaffung architektonischer Meisterwerke gehe, sondern um pragmatische Lösungen.

Wie immer sorgten die Mitglieder der Trachtengruppe beim anschließenden Stehempfang im Foyer für die Bewirtung und sie hatten ...
Wie immer sorgten die Mitglieder der Trachtengruppe beim anschließenden Stehempfang im Foyer für die Bewirtung und sie hatten stundenlang zu tun. | Bild: Johanson, Kirsten

Entschlossen verfolge man auch das Ziel, den Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung in der Grundschule zu gewährleisten. Zuversichtlich ist Gerster, dass man den Zeitplan beim Pflegeheimneubau einhalten und die Bewohner zum 1. Januar 2025 umziehen können. Das Kulturangebot der Stadt will er noch deutlicher machen, was eine bessere Koordination und stärkere Vernetzung verschiedener Akteure erfordere. Gefeiert werden kann in diesem Jahr zudem das 40-jährige Bestehen der Städtepartnerschaft mit Allschwil in der Schweiz.

Stadtpfarrer fordert Friedenstauglichkeit

Stadtpfarrer Martinho Dias Mertola.
Stadtpfarrer Martinho Dias Mertola. | Bild: Johanson, Kirsten

Für die Kirchen nahm Stadtpfarrer Martinho Dias Mertola mit gewohnt klaren Worten Stellung zur Situation in der Welt, die 2023 auf dem Kopf gestanden habe: „Wir sind im Krisenmodus.“ Dass die Menschen mit diesem Wort Negatives verbinde, werde dem aus dem Griechischen stammenden „krisis“ nicht gerecht, denn dies bedeute zunächst Meinung, Beurteilung und letztlich gehe es um Unterscheidung. Es gelte, einen kühlen Kopf zu bewahren, nicht hysterisch zu werden oder gedankenlos populistische Meinungen zu übernehmen. In Erwiderung auf den Begriff „Kriegstüchtigkeit“ von Verteidigungsminister Boris Pistorius fordert der Pfullendorfer Stadtpfarrer: „Wir müssen friedenstauglich werden.“ Jede militärische Intervention müsse mit einer politischen Perspektive verbunden sein, die grundsätzlich mehr beinhalte, als die Rückkehr zum Status quo ante. Klar ist für Mertola, dass es keine einfachen Lösungen gibt, auch wenn populistische und nationalistische Strömungen dies suggerierten: „Sie schüren nur Ängste, polarisieren, stacheln an und versuchen die Gesellschaft zu spalten, die Gräben zu vertiefen.“ Es brauche ein Miteinander, die Solidarität, das Aufeinander zugehen, den Zusammenhalt in der Politik, Gesellschaft, in den Kirche und den Religionen.

Kommandeur will Heimatschutzkompanie aufstellen

Oberst Andreas Schmand will eine Heimatschutzkompanie in Pfullendorf aufstellen.
Oberst Andreas Schmand will eine Heimatschutzkompanie in Pfullendorf aufstellen. | Bild: Johanson, Kirsten

Als Nachfolger des ebenfalls anwesenden Oberst Albrecht Katz-Kupke danke Oberst Andreas Schmand, Kommandeur des Ausbildungszentrums Spezielle Operationen, der Stadt und seinen Bürgern für das gute Miteinander: „Wir Soldaten fühlen uns hier wohl.“ Zudem sei die Staufer-Kaserne der modernste Bundeswehrstandort in Deutschland, schwärmte Schmand, der mit der Ankündigung überraschte, in Pfullendorf eine Heimatschutzkompanie aufstellen zu wollen, wofür er den Reservisten Gespräche anbiete. Des weiteren soll eine dauerhafte Regionalausstellung über den Bundeswehrstandort entstehen und erstmals wird es in Pfullendorf ab Oktober eine eigene Spezialausbildung für freiwillige Grundwehrleistende geben. Durch das Kennenlernen des Standortes, der hochwertigen Ausbildung und dem guten Miteinander ist die Hoffnung auf mehr Personal verbunden. Schmand kann sich auch ein Format „Bürgerdialog“ vorstellen.

Musik von Linzgau-Brass und Trachtengruppe bewirtet

Auch bei diesem Neujahrsempfang brillierte das Quintett „Linzgau-Brass“ mit seinen Musikstücken. Und nach dem Festakt sorgten die Mitglieder der Trachtengruppe gleichfalls in bewährter Manier im Foyer für die Bewirtung.

Auf ein gutes Jahr 2024.
Auf ein gutes Jahr 2024. | Bild: Johanson, Kirsten
Munteres Frauenquartett.
Munteres Frauenquartett. | Bild: Johanson, Kirsten
Fünf Frauen und eine Gemeinsamkeit: Gute Laune.
Fünf Frauen und eine Gemeinsamkeit: Gute Laune. | Bild: Johanson, Kirsten
Ein strahlendes Männerduo.
Ein strahlendes Männerduo. | Bild: Johanson, Kirsten
Überall wurde gestrahlt.
Überall wurde gestrahlt. | Bild: Johanson, Kirsten
Das neue Jahr hat begonnen.
Das neue Jahr hat begonnen. | Bild: Johanson, Kirsten