Es ist Freitagnachmittag und vor der Tür des Pfullendorfer Tafelladens in der Uttengasse drängen sich schon vor der Eröffnung die Menschen. Drinnen sind die Regale mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln gut gefüllt, trotzdem ist Ortrud Hausmanns vom ehrenamtlichen Mitarbeiter-Team nicht ganz zufrieden. „Am Dienstag gab es mehr Obst und Gemüse; heute ist nicht so viel da“, sagt sie beim letzten prüfenden Blick durch die Regale vor der Öffnung des Ladens.
Steigende Energiekosten belasten
Tatsächlich muss sich der Tafelladen mit einem deutlichen Rückgang an Lebensmittel-Spenden abfinden. „Ohne Zukauf kommen wir nicht mehr aus“, bedauert Hausmanns. Eine schwierige Entwicklung – sind die Zahlen derjenigen, die auf die Nutzung des Tafelladens angewiesen sind, doch vor allem durch den Flüchtlingsstrom aus der Ukraine angestiegen, wie Andreas Kees vom DRK-Ortsverband, der den Tafelladen betreibt, erläutert. Hinzu kommt noch ein weiteres Problem: die steigenden Energie- und Dieselkosten, die auch das Konto des Tafelladens belasten.
Läden kalkulieren knapper
Seit vierzehn Jahren organisieren die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Tafel die Verteilung überschüssiger Lebensmittel, die von Lebensmittelfilialen und Bäckereien in Pfullendorf gespendet werden. Früher seien die Spenden umfangreich geflossen, man habe ab und zu sogar fast zu viele Lebensmittel bekommen, sagt Ortrud Hausmanns als langjährige Mitarbeiterin.
Lebensmittelmarktfilialen kalkulieren knapper
Das habe sich stark verändert, heute werde deutlich weniger aussortiert in den Läden: „Die Lebensmittel-Spenden haben enorm abgenommen“, bedauern Hausmanns und Kees. Im Gespräch mit Filialleitern sei deutlich geworden, dass die Läden in dieser schwierigen Zeit knapper kalkulieren und enger wirtschaften müssen, erläutert Andreas Kees.
„Das ist nachvollziehbar und verständlich“, sagt er. In einigen Lebensmittelgeschäften würden auch in speziell ausgewiesenen Bereichen Lebensmittel verkauft, die knapp vor dem Verfallsdatum liegen – zu günstigen Preisen. Das werde von vielen Kunden genutzt, so die Beobachtung des Tafelladen-Teams. „Die Preise sind so gestiegen, dass viele Familien heute stärker haushalten müssen und angesichts der Teuerungen solche Angebote gerne in Anspruch nehmen“, schildert Andreas Kees.
Grundnahrungsmittel dazukaufen
Um ein ausreichendes Angebot an Lebensmitteln machen zu können, müssen Ortrud Hausmanns und das Team Waren zukaufen. Das betreffe nicht die Kühlwaren, aber zum Beispiel den Bereich der Grundnahrungsmittel, wie Zucker und Mehl. Finanziert wird der Zukauf vom Förderverein „Gegen Not“, der immer wieder Spenden von Unternehmen und Einrichtungen bekommt. Was der Tafelladen ausgeben kann, hängt deshalb davon ab, welches Spendenbudget der Förderverein hat.
Einige Städte unterstützen die Tafel
Ortrud Hausmanns berichtet, dass es in einigen anderen Städten und Gemeinden finanzielle Unterstützung für die Tafelläden durch die Kommunen selbst gebe. In Pfullendorf sei dies leider nicht der Fall, bedauern die beiden. Bürgermeister Thomas Kugler habe stets betont, dass die Unterstützung des Tafelladens keine städtische Aufgabe sei, so Kees. Nicht nur eine finanzielle Unterstützung sei möglich, führte der DRK-Chef aus. „Es wäre eine gute Sache, wenn die Stadt eine Person einstellt, die sich speziell um die Hilfsorganisationen in Pfullendorf kümmert – nicht nur um die Tafel“, so sein Vorschlag.
Im Landkreis Sigmaringen gebe es fünf Tafelläden, die vom DRK-Kreisverband betrieben werden. „Diese Läden haben dann im Gesamten einen hauptamtlichen Mitarbeiter, der sich um die Organisation kümmert“, schildert Andreas Kees. In Pfullendorf schultern die Ehrenamtlichen den kompletten Aufwand. „Wir haben rund 30 Mitarbeiter, die bis auf wenige Ausnahmen alle schon älter sind“, schildert Ortrud Hausmanns. Andreas Kees würde sich freuen, wenn das Ehrenamt stärker vom Staat gefördert oder unterstützt würde.
Junge Menschen fürs Ehrenamt motivieren
„Möglich wären zum Beispiel Steuervorteile“, regt er an. Das wäre ein Anreiz, um wieder mehr jüngere Menschen dazu zu bewegen, sich ehrenamtlich zu engagieren. Es sei extrem wichtig, das Ehrenamt zu stärken für die Zukunft, meint auch Ortrud Hausmanns. „Deutschland könnte gar nicht existieren ohne das Ehrenamt“, betont sie.
Kraftstoffpreise belasten Budget
Die Helfer im Tafelladen sind nicht nur beim Vorsortieren, Einfüllen der Regale und im Verkauf tätig, sie übernehmen auch die Fahrten zu den Lieferanten, um dort die noch verwertbaren Lebensmittel sowie die Hygieneartikel abzuholen. Für den Transport wird ein spezieller Lebensmittelkühlwagen verwendet. „Der Wagen wird mit Diesel betrieben, sodass wir bei unseren Fahrten von den deutlich gestiegenen Kraftstoffpreisen betroffen sind“, erläutert Andreas Kees. Auch die höheren Stromkosten machen sich für den Tafelladen bemerkbar. „Der Laden in der Uttengasse wird mit Nachtspeicheröfen geheizt. Der Winter kommt – in welcher Härte, das wissen wir noch nicht. Wir sind gespannt, was wir am Ende bezahlen müssen“, sagt er.
Nur drei Personen dürfen zusammen im Laden sein
Derzeit gehören laut Ortrud Hausmanns geschätzt über 200 Personen zum festen Kundenstamm der Tafel. Sie kaufen an den beiden Nachmittag ein – im Raum dürfen wegen Corona nur jeweils drei Personen auf einmal sein. Ordentlich gestiegen sei die Zahl der ukrainischen Flüchtlinge im Tafelladen. Andreas Kees berichtet von der Anfrage einer kleineren Gemeinde in der Region, die selbst keinen Tafelladen hat, ob sie 38 ukrainische Flüchtlinge an die Pfullendorfer verweisen dürfe. „Das können wir nicht auch noch stemmen“, schildert der DRK-Chef. Das gebe weder der kleine Verkaufsraum, noch die Anzahl der Mitarbeiter her.
Ukrainerin hilft ehrenamtlich mit
Ortrud Hausmanns berichtet, dass einer der Mitarbeiter Russisch spreche, was auch viele Ukrainer tun. Deshalb könne man sich gut verständigen. Erfreut sind Hausmanns und Kees darüber, dass sich eine Frau aus der Ukraine inzwischen sogar selbst als ehrenamtliche Mitarbeiterin im Tafelladen engagiert.