"Kebba zählt zu meinen besten Männern." Das sagt der Komminger Bauunternehmer Johann Steuer. Er ist äußerst zufrieden mit seinem jungen Mitarbeiter aus Gambia. "Er gibt sich große Mühe und reiht sich problemlos in die Kolonne ein." Der 23-jährigen Kebba Nyassi ist ein abgelehnten Asylbewerber aus Westafrika. Nachdem das Verwaltungsgericht Freiburg seinen vor vier Jahren gestellten Asylantrag endgültig ablehnte, hat der zur Zeit als Bauhelfer beschäftigte Gambianer nur noch eine Duldung. Ihm droht jetzt die Abschiebung, obwohl er gut integriert ist, eine Wohnung hat und selbst für seinen Unterhalt aufkommt. Bis Ende November darf er noch arbeiten. Was dann wird, ist völlig ungewiss.
Eine höchst unbefriedigende Situation für ihn, seinen Arbeitgeber und die Flüchtlingshilfe Blumberg. Kebba Nyassiwar war noch nicht einmal 17 Jahre alt, als er Gambia verließ. Er reiste quer durch Afrika und gelangte mit einer teuren aber unsicheren Bootsfahrt über das Mittelmeer nach Italien und später nach Deutschland. Hier stellte er 2014 seinen Asylantrag. Zunächst lebte er in Stuttgart und dann in Villingen-Schwenningen. Vor gut zwei Jahren wurde er nach Blumberg umquartiert.
Vor einem Jahre begann Kebba Nyassi eine Maurerlehre, scheiterte aber an der Berufsschule. Im Berufsausbildungszentrum in Donaueschingen gehörte er zu den besten Azubis in der Mauerklasse. "Kebba soll jetzt erst einmal arbeiten und kann dann im September 2019 erneut mit der Lehre beginnen", meint sein Chef. "Ein großes Problem für Flüchtlinge ist die Berufsschule." Die Firma Hochbau Steuer wurde 1963 von Fritz Steuer, dem Vater des heutigen Inhabers, gegründet. Sie hat neben dem Chef acht Mitarbeiter und eine Mitarbeiterin für das Büro. Zur Zeit zieht das Bauunternehmen den großen Bau in der Hauptstraße hoch. Dort entstehen Eigentumswohnungen und ins Erdgeschoss zieht die Arbeiterwohlfahrt ein.
Im Laufe der Zeit bildete Johann Steuer viele Maurerlehrlinge aus. Aber inzwischen findet er keine Auszubildende mehr. "Ich möchte Kebba auf keinen Fall verlieren. Gute Bauarbeiter zu finden, ist inzwischen fast unmöglich." Der junge Mann, der wegen seines Charmes und seiner Freundlichkeit allseits beliebt ist, würde eine große Lücke im Mitarbeiterstamm hinterlassen. So hoffen beide, dass der junge Afrikaner weiter in Deutschland arbeiten kann. Er hat dabei die Unterstützung der Flüchtlingshilfe Blumberg, die ihn seit längerer Zeit betreut. Steuer hat mit ihm einen unbefristeten Arbeitsvertrag, der auf die Lehre abzielt, abgeschlossen. Sehr praktisch ist, dass er im Haus seines Chefs wohnt. Über das momentan diskutierte Modell "Spurwechsel" wäre das realisierbar. Damit könnten gut integrierte Flüchtlinge mit Deutschkenntnissen, einem sicheren Arbeitsplatz und einer eigenen Wohnung trotz Duldung in Deutschland arbeiten. "Ich möchte gerne hier bleiben und eine Familie gründen", sagte Kebba Nyassi hoffnungsvoll. Inzwischen versteht er ganz gut Deutsch und möchte sehr gerne in einem Verein Fußball spielen.
Land mit der höchsten Emigrationsquote
- Gambia: Eine Republik in Westafrika, die an den Ufern des Gambia liegt. Rund zwei Millionen Menschen leben in dem afrikanischen Land, davon etwa 31 300 in der Hauptstadt Banjul. Mit einer Fläche von rund 11 000 Quadratkilometern ist Gambia der kleinste Staat des afrikanischen Festlandes und wird, mit Ausnahme eines kurzen Küstenabschnittes an der Mündung des Flusses in den Atlantischen Ozean, vollständig vom Staat Senegal umschlossen. Adam Barrow ist seit dem 18. Februar 2017 Gambias Präsident. Gemessen an der Bevölkerungszahl von knapp zwei Millionen hat Gambia eine der höchsten Emigrationsquoten weltweit. Vor einigen Jahren flohen die Menschen auf offenen Booten entlang der Atlantikküste; seit dem Sturz des libyschen Diktators Gaddafi kommen sie über Libyen nach Europa. 14 500 Gambier lebten Ende August in Deutschland, die meisten davon, 10 300, in Baden-Württemberg.
- Spurwechsel: Darunter ist zu verstehen, dass gut integrierte Asylbewerber in das reguläre Einwanderungsverfahren wechseln dürfen und nicht ausgewiesen werden. Die CSU und Teile der CDU lehnen das ab, weil sie fürchten, dass dadurch mehr Asylbewerber angelockt würden. Gleichzeitig sagen Kritiker der Spurwechsel-Idee, dass auf keinen Fall die Autorität des Staates, der über eine Abschiebung entschieden hat, entkräftet werden darf. Voraussetzungen für einen Spurwechsel abgelehnter Asylbewerber vom Asyl- ins Zuwanderungsrecht sollen nach Vorstellungen der SPD gute Integration, gute Deutschkenntnisse und ein Arbeitsplatz sein.
- Hochbau Steuer: Inhaber Johann Steuer hat neun Mitarbeiter, der Firmensitz ist in Kommingen. Das Unternehmen wurde 1963 von Fritz Steuer gegründet. Johann Steuer war lange Jahre Mitglied des Blumberger Gemeinderats.
- Flüchtlinghshilfe Blumberg: Sie ist eine Gruppe ehrenamtlich arbeitender Blumberger, die sich in enger Zusammenarbeit mit dem Rathaus zum Ziel gesetzt hat, Flüchtlingen die Ankunft in Deutschland zu erleichtern. Freiwillige, die sich in die Integrationsarbeit einbringen wollen, sind immer willkommen. Nächste Möglichkeit zum Kennenlernen ist am Samstag, 29. September, um 16 Uhr beim Café-Treff in der Adler-Post.