Wer freut sich nicht, wenn er einen Preis überreicht bekommt? Das bedeutet meist: es gibt eine Auszeichnung für eine besondere Leistung. Ein Lob und viel Anerkennung einer bestimmten Gruppe. Nun, das hängt allerdings vom jeweiligen Preis ab.
Es gibt nämlich auch sogenannte Negativpreise, die auf Missstände aufmerksam machen sollen oder besonders schlechte Arbeit auszeichnen, wie etwa die Goldene Himbeere für die miserabelsten Filme.
Solche Preise gibt es auch in Baden-Württemberg. Und seit dem 19. Oktober ist die Blumberger Stadtverwaltung unrühmlicher Preisträger eines davon. Sie wurde von Baden-Württemberg blickt durch zum Heimlichtuer des Jahres 2022 gekürt. Beim Verleiher des Preises handelt es sich um ein zivilgesellschaftliches Bündnis, das mehr Transparenz einfordert: Verwaltungen sollen relevante Informationen im Internet veröffentlichen. Es besteht aus den Verbänden Mehr Demokratie, Transparency Deutschland, Naturschutzbund Deutschland sowie FragdenStaat und dem Netzwerk Recherche.
Wieso gerade Blumberg?
Das hat mit Dietrich Kuntz zu tun. Der frühere Blumberger Gemeinderat versucht seit Januar 2016 unter Verweis auf das Informationsfreiheitsgesetz Einsicht in die Kalkulationsgrundlagen der Abwassergebühren, sowie die Berechnung von Straßenentwässerungskostenanteilen seit 1993 von der Stadtverwaltung Blumberg zu erhalten.

Die Anfragen seien überwiegend entweder nicht beantwortet oder nicht innerhalb
der gesetzlich vorgegeben Fristen beantwortet oder selbst nach der
eingeforderten Präzisierung der Anfrage nicht beantwortet worden. Kuntz wandte sich daraufhin an den Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg (LfDI BW) mit der Bitte um Vermittlung.
Die Stadt Blumberg habe darauf zu verstehen gegeben, dass sie sich außer Stande sehe, die zahlreichen Anfragen zu beantworten. Die riesige Anzahl von Klagen, Anträgen, Petitionen, Rechts- und Dienstaufsichtsbeschwerden, die von Kuntz eingereicht würden, dienten dazu, den Verwaltungsapparat lahmzulegen.
Selbst die Einstellung einer eigens dafür bestimmten Mitarbeiterin könne die Flut von Anfragen nicht bewältigen, die auf die Stadt einströmte und nicht umlegbare Kosten für die Stadt und damit für alle Gemeindemitglieder verursache.
Vor Gericht
Seitens des LfDI wurde im Februar 2017 eine Beanstandung gegen die Stadt Blumberg, vertreten durch den Bürgermeister ausgesprochen. Dagegen erhob die Stadt Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart und nach Klageabweisung legte sie Berufung beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ein.
Die Berufung wurde ebenfalls zurückgewiesen und vom Gericht die ordnungsgemäße Bearbeitung der Anfragen auferlegt. Eine Mediation als Mittel der Wahl beim Bürgerbeauftragten des Landes Baden-Württemberg wurde abgelehnt.
Wie das Bündnis schreibt, komme die Stadt weder ihrer Bearbeitungspflicht der Anträge von Dietrich Kuntz vollständig nach, noch bemühe sie sich um einen kooperativen, fairen Umgang mit ihm. Die unerledigten Anfragen an die Stadtverwaltung liegen seit mehr als sechs Jahren.
„Man muss nur etwas verheimlichen, wenn es etwas zu verstecken gibt“, sagt Dietrich Kuntz. Es herrschen keine guten Zustände, Antworten habe er bislang noch keine erhalten: „Das liegt jetzt in der Verantwortung von Bürgermeister Keller.“ Wie Kuntz sagt, hätte er erwartet, dass sich nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes etwas tut: „Aber ich bleibe natürlich dran.“
Was die Stadt sagt
Von der Verleihung hat Blumbergs Bürgermeister Markus Keller nur über E-Mail-Verkehr erfahren, offiziell habe er da nichts bekommen. „Bei Oscar-Verleihungen dankt man denen, die einen zu dem Preis verholfen haben. Hier können wir uns bei Dietrich Kuntz bedanken“, sagt Keller. Seine Anfragen seien ursächlich für den Negativpreis.
Bereits beide Vorgänger im Amt hätten schon mit Kuntz zu tun gehabt, sagt Keller: „Wir haben seit 2016 knapp 180 Anfragen von ihm.“ Eine Rathaus-Mitarbeiterin sei eigens für die Bearbeitung dieser Anfragen zuständig. „Wir arbeiten das im Rahmen unserer Möglichkeiten ab.“ Man habe sich mit Corona auseinandergesetzt, dann kam die Ukraine, jetzt die Energiekrise, „da sehe ich es nicht ein, die Verwaltung komplett damit zu blockieren. Die Beantwortung bedarf teilweise tagelanger Recherchen“, so Keller weiter.
Problematisch sei der damit verbundene Verlauf: „Wenn eine Anfrage beantwortet wird, dann setzen wir auch Kosten fest, für Kopien, Aufwand. Wenn der Bescheid kommt, legt Herr Kuntz regelmäßig Widerspruch ein“, sagt der Bürgermeister. Das ende dann schlussendlich wieder vor Gericht.
Keller ist sich bewusst, „dass es weitergeht. Das ist auch sein gutes Recht. Wir nehmen es hin und geben unser Bestes. Die schiere Anzahl der Anfragen treibt eine Verwaltung dieser Größe jedoch an die Grenze.“