Für Hochschulrektorin Alexandra Bormann steht fest: „Wir müssen uns stärker profilieren“. Um die Hochschule Furtwangen (HFU) sichtbarer im Wettbewerb zu machen, hat sie einen ganzen Maßnahmenkatalog im Blick – Entscheidungen, die innerhalb des nächsten Jahres fallen sollen.

Die Bildungsstätte sieht sie im Unruhezustand angesichts der sich abzeichnenden Veränderungen. Noch längst ist nicht alles klar, doch die ganz großen Richtungen sind vorgezeichnet, und wohin die Reise gehen soll, zeigt bereits die Entscheidung, die ehemals neun Fakultäten auf vier einzudampfen.

Die ehemalige Uhrenfabrik Kienzle beherbergt den Schwenninger Campus der Hochschule. Die Hochschulleitung hofft auf einen Neubau.
Die ehemalige Uhrenfabrik Kienzle beherbergt den Schwenninger Campus der Hochschule. Die Hochschulleitung hofft auf einen Neubau. | Bild: Markus Schmitz

Standortfragen im Blick

Besonders kritisch beäugt werden dieser Tage Standortfragen. „Ein emotionales Thema“, so die Rektorin, das die inhaltlichen Fragen überlagere. So gibt es in Villingen-Schwenningen Befürchtungen, die Stadt könne als großer Verlierer aus dem angestoßenen Veränderungsprozess hervorgehen.

In der Tat spricht derzeit einiges dafür, dass der Maschinenbau, heute in der Fakultät Engineering & Technology mit seinen 24 Fächern zusammengefasst und an vier Standorten vertreten, zu weiten Teilen abwandert. Verbleiben könne aus Sicht der Rektorin womöglich der Bereich Studium Plus, ein ausbildungsintegrierendes duales Studium, in das die örtliche Wirtschaft stark eingebunden ist. Noch stünde man mit diesen Überlegungen am Anfang, Entscheidungen seien noch nicht getroffen worden.

Unpopuläre Entscheidungen

Die seit 15 Monaten amtierende Hochschulrektorin sieht viele unpopuläre Entscheidungen, die nun auf Rektorat, Senat und Hochschulrat zukämen. Gleichzeitig lässt sie keinen Zweifel daran, dass es diesen Wandel geben müsse.

„Zu viel Angebot für zu wenige Studierende“, so die Rektorin – der alte Gemischtwarenladen habe ausgedient, die Profilierung des Angebots sei entscheidend. Dabei soll dem Standort Schwenningen nicht nur genommen werden: Mit einer Stärkung der Life Sciences könne der zweitgrößte Standort neue Impulse erhalten, ist sich die Rektorin sicher. Darunter zählen Fächer wie Angewandte Biologie, Medizintechnik oder Medical Science – ein Fach, das an der Schnittstelle zwischen Medizin und Ingenieurswesen angesiedelt ist.

Zudem ist aus Sicht Bormanns anzustreben, den International Campus des Standorts Schwenningen zu stärken. Aktuell liegt der Ausländeranteil an der HFU bei 13 Prozent.

Dem Hochschulcampus in Schwenningen gibt es seit dem Jahr 1988.
Dem Hochschulcampus in Schwenningen gibt es seit dem Jahr 1988. | Bild: Markus Schmitz

Sinkende Studierendenzahlen

Derzeit zählt die Außenstelle Schwenningen gut 1600 Studierende, in Furtwangen sind es etwa 2300. Weitere Standorte hat die Hochschule Furtwangen noch in Tuttlingen, Rottweil und Freiburg, sodass sie derzeit auf einen Studierendenzahl von um die 4400 kommt – ausgelegt ist die Hochschule auf eine Kapazität von 6800.

„Wir bekennen uns zu allen Standorten“, sagt die Rektorin. Gleichwohl muss sie sinkende Studentenzahlen registrierten. So hat sich die Zahl der Studierenden im Vergleich zu 2022 um etwa zwölf Prozent verringert. Mit ähnlichen Entwicklungen haben auch andere Hochschulen zu kämpfen – hauptsächlich aus demographischen Gründen.

Zudem verschieben sich die Interessen und Studienwünsche. So registriert die Hochschule in den traditionellen MINT-Fächern, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, eine nachlassende Nachfrage, während im Gesundheitsbereich eher wachsende Anmeldezahlen zu verzeichnen sind. Dennoch geht Alexandra Bormann von insgesamt weiter sinkenden Studierendenzahlen aus, weshalb sie eine Zielgröße von 4000 Studierenden nennt.

Mindestgröße notwendig

Der Campus in Schwenningen soll ihren Vorstellungen zufolge in etwa seine jetzige Größe behalten. Eine Studierendenzahl von 1500 dürfe hier möglichst nicht unterschritten werden, denn dieser Wert sei so etwas wie eine Kritische Masse.

„Villingen-Schwenningen ist eine Hochschulstadt“, stellt die Rektorin klar und an diesem Status solle auch nicht gerüttelt werden. Projekte mit der Polizeihochschule und der Dualen Hochschule könnten diesen Status noch befördern, so ihre Planungen.

Sollte die von ihr genannte Zielgröße erreicht werden, so ginge Schwenningen aus dem Prozess nicht entscheidend geschwächt hervor. Es müsse sich jedoch zeigen, ob sich die Wachstumsfelder weiter so positiv entwickeln, wie das derzeit angenommen wird.

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Neubau in Schwenningen?

Erschwerend kommt für den Standort Schwenningen die Gebäudefrage hinzu. Die Hochschule dort kommt seit 1988 in den Räumlichkeiten der ehemaligen Uhrenfabrik Kienzle unter – ein Bau, der nicht allen Anforderungen eines modernen Hochschulbetriebs genügt.

„Jetzt rächt sich, dass wir in der Vergangenheit keine Gebäudeinvestitionen angegangen sind“, sagt der FDP-Landtagsabgeordnete Frank Bonath. Villingen-Schwenningen sei hier in einer schwierigen Situation, weil es nicht wie etwa Heilbronn kräftige Finanzspritzen aus der Wirtschaft erhalte. Auch Tuttlingen profitiere davon, dass dort nicht nur auf Landesmittel gebaut werde. In Ermangelung an externen Förderern muss Villingen-Schwenningen auf die Unterstützung des Landes hoffen.

Für den Neubau war bereits vor Jahren die Zahl von 300 Millionen Euro an Investitionskosten genannt worden. Wie belastbar dieser Wert aktuell ist, sei derzeit unklar, sagt die Rektorin.

Mit den aktuellen Problemen steht die HFU nicht alleine da. Allgemein fällt es Hochschulen schwer, gegenüber dem Land Neubauten zu begründen, wenn die Studierendenzahlen fallen. Aktuell sind im Doppelhaushalt des Landes keine Investitionen in Schwenningen vorgesehen, doch hofft die Rektorin darauf, in der Zeit danach zum Zuge zu kommen.