Oft liegen zwischen einer mutmaßlichen Straftat und ihrer juristischen Aufarbeitung mehrere Monate, manchmal sogar Jahre. Aber es gibt auch Fälle, da geht es wesentlich schneller.
Innerhalb weniger Tage kann hier bei entsprechend klarer Sachlage ein Täter angeklagt und verurteilt werden, im beschleunigten Verfahren, so der korrekte Ausdruck dafür.
Kaum verurteilt, schon wieder vor Gericht
Etwa ein bis zwei solcher Verfahren werden pro Monat am Amtsgericht in Villingen-Schwennigen verhandelt, berichtet Bernhard Lipp, stellvertretender Direktor des Amtsgerichts.
Ein Beispiel für ein solches Verfahren kann Lipp auch gleich nennen. Ein 22-Jähriger musste sich dieses Jahr vor Gericht wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis mit einem nicht zugelassenen Fahrzeug und mit nicht zu dem Auto gehörenden Kennzeichen verantworten. Noch am gleichen Tag wurde er nach dem Termin bei einer Verkehrskontrolle angehalten – weil er nicht angeschnallt war und die TÜV-Plakette abgelaufen.
Der Angeklagte stand dann schon kurz darauf – fünf Tage später – erneut vor Gericht. Mit dem Ergebnis, dass er die nächsten acht Monate hinter Gittern verbringen musste.

Klare Beweislage nötig
„Das hat generell eine präventive, abschreckende Wirkung“, so Lipp über das schnelle Verfahren. Es soll die Täter, aber auch andere, etwa in deren Umfeld, abschrecken. „Das macht besonders viele Eindruck beim Täter. Das ist Sinn und Zweck eines solchen Verfahrens.“
Jedoch kann nicht jede Straftat so schnell geahndet werden. Bestimmte Voraussetzungen müssen gegeben sein: „Einfach gelagerte Fälle mit klarer Beweislage kommen infrage“, sagt Lipp.
Verkehrssünder sind „heiße Kandidaten“
So eignen sich etwa Ladendiebstähle gut, wenn es ein Video vom Diebstahl gibt oder der Ladendetektiv den Täter in flagranti erwischt hat. Auch bei tätlichen Angriffen auf Polizeibeamte und Strafvollzugsbedienstete sei die Beweislage klar – und damit ein beschleunigtes Verfahren möglich. Und auch Verkehrsstraftaten seien „einer der heißeren Kandidaten“, so Lipp. „Wenn da einer in eine Polizeikontrolle kommt, gibt es nichts mehr zu schwätzen.“
Geständnis hilft
Sachbeschädigungen, Hausfriedensbruch und Schwarzfahren sind weitere Deliktsgruppen, bei denen ein beschleunigtes Verfahren zur Anwendung kommen kann, so Lipp. „Die Beweislage kann auch einfach sein, wenn der Täter geständig ist“, so Lipp.
Großer Aufwand
Der große Vorteil solcher Verfahren: Die Strafe kommt schnell nach der Tat. Der Nachteil: ein ernormer, zusätzlicher Aufwand für die Beteiligten, so Lipp. „Die Akte muss vor Beginn des Verfahrens beim Staatsanwalt sein, die Polizei muss den Täter vernommen haben und der Richter ebenfalls vorbereitet sein“. Wo andere Fälle monatelang vorbereitet werden, „muss vor Gericht jeder alles stehen und liegen lassen und sich um den Fall kümmern“, formuliert es der Richter.
Kurze Freiheitsstrafen im Ergebnis
Die Entscheidung darüber, ob ein beschleunigtes Verfahren zum Einsatz kommt, wird in Absprache mit der Polizei, der Staatsanwaltschaft und dem Gericht getroffen. Bis zu einem Jahr Haftstrafe ohne Bewährung kann beim beschleunigten Verfahren verhängt werden. „Häufig erhalten die Täter eine kurze Freiheitsstrafe zur Bewährung“, so Lipp.
Tendenz steigend
Ungefähr ein Prozent der Fälle am Amtsgericht Villingen-Schwenningen sind beschleunigte Verfahren. Im Jahr werden etwa 1500 Fälle am Amtsgericht VS verhandelt, davon sind etwa 20 Eilverfahren, so Lippp.
Allerdings können es in nächster Zukunft mehr werden. Anfang April hatten sich Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte in Villingen-Schwenningen zusammengesetzt, um die Voraussetzungen für beschleunigte Verfahren klarer abzustecken. „Die Tendenz der Durchführung ist definitiv steigend“, sagt Lipp. „Es dürften mehr Fälle werden.“
Mehr Personal für mehr Eilverfahren
Dies liege auch daran, dass das Landesjustizministerium unter Führung von Marion Gentges ein eigenes Projekt für die beschleunigten Verfahren ins Leben gerufen hat. Ziel sei es unter anderem, durch mehr Personal den Mehraufwand, den die beschleunigten Verfahren verursachen, zu kompensieren, so Lipp.