7.25 Uhr im Adlerring. In unmittelbarer Nähe zur Grundschule im Steppach nimmt der Autoverkehr spürbar zu. Zunächst im Minutentakt, später alle zehn Sekunden, biegt ein Fahrzeug vom Habsburger Ring in Richtung Adlerring. Was ist hier los?
Immer wieder das gleiche Bild. Die Fondtüren öffnen sich, die Heckklappe surrt leise nach oben, Schultaschen werden herausgehoben und den inzwischen ausgestiegenen Grundschülern auf den Rücken geschnallt. Einigen Schülern wird diese Strapaze gar erspart und die Schultasche in Richtung Haupteingang getragen.
Gegen 7.44 Uhr endet der Elterntaxiverkehr abrupt und es kehrt wieder weitgehende Verkehrsruhe ein.
Volle Busse und ein Fahrradverbot
Thore Rutke etwa hat sein Kind mit dem Auto gebracht und rechtfertigt sich so: „Die Kinder könnten zwar mit dem Bus kommen, das kann man aber einem Erstklässler nicht zumuten. Der Bus ist immer rammelvoll!“
Außerdem sei es den Kindern verboten, mit dem Fahrrad zu Schule zu kommen, obwohl die Viertklässler schon den Fahrradführerschein in der Tasche hätten.
Der Regionalbeauftragte des Auto Club Europa (ACE), Sven Hübschen, erklärt in einem Gespräch mit dem SÜDKURIER, weshalb die Elterntaxis in einer bundesweiten Aktion statistisch erfasst werden.
„Jährlich verunglücken 92.000 Kinder im Grundschulalter und wir stellen im Schulweg-Index 2025 des ACE die Sicherheit der Kleinsten in den Fokus. Dabei untersuchen wir zum einen das Fahr- und Anhalteverhalten der Elterntaxis, aber auch das unmittelbare Umfeld der Schule wird in Augenschein genommen“, so Hübschen.
Hierbei gehe es um die Beschilderung, das Verkehrsaufkommen, das Vorhandensein von Querungshilfen oder Zebrastreifen, die Übersichtlichkeit an Straßenkreuzungen.
In der heißen Phase wird es überall eng
Gerade in der heißen Phase des Elterntaxi-Aufkommens wird es eng im Adlerring bei der Steppachschule. Offensichtlich ist überall Eile geboten. Kaum steht das Auto, so springen auch schon die Grundschüler auf den Gehweg oder aber geraten in gefährliche Situationen, wenn sie aus der linken Fahrzeugtür aussteigend direkt auf die Fahrbahn treten müssen.
Auch das Ein- und Ausparken birgt Gefahren, muss doch auch der Gehweg überquert werden. Das dann folgende rückwärts Ausparken in den fließenden Verkehr lässt einem bisweilen dem Atem stocken.
Sven Hübschen protokolliert akribisch, wie die Elterntaxis anhalten und wie viele Kinder ein Fahrzeug verlassen. Sind es mehrere, so geht der Verkehrsexperte von einem „Sammeltaxi“ aus. Eltern sprechen sich, so seine Erfahrung, ab, wer, an welchem Tag in der Woche die Kinder zur Schule bringt oder abholt.
„Die Statistik weist bundesweit folgende Zahlen aus: 50 Prozent der Grundschüler gehen tatsächlich noch zu Fuß zur Schule, 30 Prozent fahren mit dem Bus und 20 Prozent werden mit dem Elterntaxi gebracht.“
Obwohl das Elterntaxi landauf, landab mit kritischen Augen gesehen wird, gibt es Gründe, die solches Verhalten rechtfertigen. Villingen-Schwenningens Gesamtelternbeiratsvorsitzender Tino Berthold sieht sowohl die Kommune als auch die Eltern in der Pflicht, die Flut der Elterntaxis einzudämmen: „Das Phänomen Elterntaxi wird man nie in der Griff bekommen, aber es müssen Bedingungen geschaffen werden, dass Kinder zur Schule laufen können.“
Das ist die Bilanz an der Steppachschule
Das Ergebnis von 20 Minuten Beobachtung rund um die Steppachschule sieht aus Sicht des ACE so schlecht nicht aus: Es wurden 45 Fahrzeuge gezählt, aus denen 53 Kinder ausstiegen. Lediglich vier Kinder stiegen auf der linken Fahrzeugseite zur Straße hin aus. Gleichzeitig hielten sieben Fahrzeuge im absoluten Halteverbot an, was zu Gefährdungen anderer Verkehrsteilnehmer führte.