Zwei Tage lang spielt Flynn Stumper tolles Golf. Nervenstark. Mit einem vorzüglichen Schwung. Er trotzt der Hitze und setzt sich mit Runden von 77 und 80 Schlägen gegen sämtliche Konkurrenten durch.

Doch das Schwerste dabei, sagt er mit schelmischem Lächeln, „das Schwerste war die Siegerehrung.“ Als er die wichtigste und gewichtigste Trophäe des Golfclub Steißlingen in die Höhe stemmen soll, versagt er beinahe das einzige Mal. Flynn Stumper ist elf.

Das Schwerste an der Clubmeisterschaft war das Stemmen der Trophäe.
Das Schwerste an der Clubmeisterschaft war das Stemmen der Trophäe. | Bild: Jürgen Rössler

Seit diesem Jahr misst er sich nicht mehr mit den anderen Kindern und Jugendlichen seines Vereins, sondern lehrt auf den Grüns der Region die Männer das Fürchten. Zweimal schon hat er die Clubmeisterschaften der Unter-18-Jähigen gewonnen – mit neun und mit zehn Jahren.

Nach dem letzten Triumph ist er jetzt wahrscheinlich hierzulande der jüngste seiner Art. „Ich weiß nicht, ob es in Deutschland jemals einen elfjährigen Clubmeister bei den Herren gab“, sagt David Pugh, der Golfprofi und Lehrer, der Flynn Stumper seit seinen ersten Schritten trainiert.

Ballgefühl gehört zu DNA der Familie

Stolz zeigen seine Eltern Bao Di und Rudi ein verwackeltes Handyvideo. Darauf zu sehen ist der erste Schwung des dreijährigen Flynn mit einem abgesägten Golfschläger. „Er hat gleich am Anfang den Ball ordentlich getroffen, anders als die meisten anderen Kinder“, sagt David Pugh, „er hat viel kopiert von dem, was ich vorgemacht habe, und hat relativ schnell gelernt.“

Kein Wunder, schließlich gehört eine übergroße Portion Gefühl für einen kleinen weißen Ball zur DNA der Singener Tischtennis-Familie. Papa Rudi spielte einst in der Bundesliga, Mama Bao Di war in China Nationalspielerin, Halbschwester Laura in Deutschland, und Bruder Kay ist aktuell für den deutschen Rekordmeister Borussia Düsseldorf und die Nationalmannschaft aktiv.

Ganz viel Ballgefühl Video: Jürgen Rössler

Warum also nicht auch Tischtennis? „Natürlich wollte Flynn auch Tischtennis spielen“, sagt sein Vater, „da habe ich ihn mit diesem Satz zum Golf gebracht: Willst du jahrelang der Schlechteste im Tischtennis in der Familie sein oder der Beste im Golf werden?“

Die Antwort fiel sogar dem kleinen Steppke leicht. Heute, acht Jahre später, sagt Flynn lachend: „Außerdem wollten meine Eltern nach der vielen Zeit in der Halle endlich mal an die frische Luft.“

Flynn Stumper mit SÜDKURIER-Redakteur Ingo Feiertag auf der Golfrunde in Steißlingen.
Flynn Stumper mit SÜDKURIER-Redakteur Ingo Feiertag auf der Golfrunde in Steißlingen. | Bild: Jürgen Rössler

Dort scheint sich auch der jüngste Spross der Leistungssport-Familie pudelwohl zu fühlen. „Flynn ist die Nummer eins in Deutschland in seiner Altersklasse“, sagt sein Vater, „und er ist amtierender Süddeutscher Meister. Mehr geht nicht in dem Alter.“

Zweimal gewinnt der Schüler, der eine Klasse übersprungen hat, die Venice Open, einmal wird er Dritter bei der Nachwuchs-Europameisterschaft. Und Anfang August genehmigt sich die Familie Stumper einen Kurztrip in die USA, wo der Filius bei der Weltmeisterschaft der Unter-Elfjährigen im Talamore Golf Club den 17. Rang unter 146 Startern belegt. Trotz Jetlag einen Tag nach der Anreise und mit einem Satz Kinderschläger.

Gelungener Putt Video: Jürgen Rössler

„Flynn war der einzige, der dort mit minderwertigem Material gespielt hat“, erzählt sein Vater Rudi. „Die haben uns angeschaut wie Außerirdische.“ Als der Junge aus Germany dann aber über drei Runden mit 76, 68 und 74 Schlägen überzeugt, sind sogar die Amerikaner begeistert. „Einige Trainer haben gefragt, ob sie seinen Schwung filmen dürfen“, sagt Rudi Stumper stolz.

Er macht in North Carolina als Nicht-Golfer den Taschenschieber, während die Konkurrenz teilweise mit Caddies spielt, die gezielt wertvolle Tipps geben. Das größte Lob kommt anschließend vom großen Bruder. „Er spielt besser Golf als ich in seinem Alter Tischtennis“, sagt Kay Stumper – und der war mit elf Deutscher Meister der U15.

Ziel ist die Profikarriere

Da Flynn der einzige Golfer der Familie ist, muss er früh lernen, auf dem Platz selbstständig zu sein. Er wirkt recht erwachsen, spielt für sein Alter unfassbar konstant, weiß genau, was er wann machen muss – und legt eine erfrischende Lässigkeit an den Tag.

Auf der Runde mit den Journalisten wagt er vor dem Fotografen einen schweren Schlag aus dem Bunker. Kommentar: „Ich weiß, dass das riskant war, aber für das Bild musste ich das machen.“

Gewagter Bunkerschlag Video: Jürgen Rössler

Zu dem Talent und der richtigen Einstellung kommt eine große Portion Fleiß. Nahezu täglich feilt Flynn Stumper an seinem Schwung und übt das kurze Spiel. Abends auf dem Sofa schauen die Stumpers nun öfter auch mal Golf. Der Lohn der Arbeit: Ein Handicap, von dem die meisten Golfer träumen. Flynn habe alle Voraussetzungen, um weit zu kommen, sagt sein Trainer.

Ziel der Stumpers ist ein Stipendium an einem College in den USA und irgendwann eine Profikarriere. „Der finanzielle Aspekt spielt natürlich auch eine Rolle“, sagt Vater Rudi, der als langjähriger Nachwuchstrainer weiß: „Wenn du sehr früh anfängst und fleißig bist, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, Profi zu werden.“

Flynn Stumper.
Flynn Stumper. | Bild: Jürgen Rössler

Was aber, wenn sich der Sohnemann dann bei allem Talent doch irgendwann gegen den Golfsport entscheiden sollte? Schließlich sagt auch sein Trainer: „Es kommt der Zeitpunkt, an dem der Kopf eine große Rolle spielt. Ich weiß nicht, was dann sein wird.“

Rudi Stumper stellt sich diese Frage nicht. „Das hat es noch nie gegeben im Sport“, sagt er, „aufhören tun nur die Schlechten oder die Mittelmäßigen.“ Punkt.

Flynn Stumper beim Abschlag Video: Jürgen Rössler

Das Wichtigste sei, dass sein Sohn Spaß habe. Daher versuche er immer wieder, ihm „die Angst vor dem Verlieren zu nehmen und Wege zu zeigen, sich zu motivieren.“ Das klappt inzwischen so gut, dass Flynn Stumper auch unter größtem Druck ganz cool bleibt.

Wie bei den Steißlinger Clubmeisterschaften gegen die besten Erwachsenen des Vereins. Als nach 36 Loch drei Spieler gleichauf liegen, geht es ins Stechen – das der Elfjährige abgebrüht gewinnt. Da staunt selbst David Pugh. „Die zwei Männer“, sagt der Golflehrer, „waren nervöser als Flynn.“