Das Haus ist gebaut, der Garten gleicht noch einer Brache, aber das Geld ist aufgebraucht. „Dann fahren die Leute in den Baumarkt und sehen Kirschlorbeer“, sagt Nicole Döbert, Naturgärtnerin aus Radolfzell. Die Pflanze ist günstig, immergrün, wächst auf fast jedem Boden, kommt gut mit Hitze und Trockenheit zurecht und bildet schnell einen dichten Sichtschutz zum Nachbarn. All das sind gute Gründe dafür, warum inzwischen in nahezu jedem Neubaugebiet Kirschlorbeer-Hecken zu finden sind.
Dennoch verbietet die Schweiz die Pflanze zum 1. September. Ebenfalls auf der Verbotsliste stehen weitere beliebte Gartenpflanzen wie der Sommerflieder oder der Blauglockenbaum. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.
Warum verbietet die Schweiz Kirschlorbeer und andere Pflanzen?
Kirschlorbeer gehört zu den invasiv exotischen Pflanzen. Er stammt ursprünglich aus Kleinasien, vermehrt sich hierzulande aber extrem schnell. Das passiert über Vögel, welche die Samen verbreiten oder über illegal im Wald entsorgtes Schnittgut. Denn auf dem Komposthaufen verrottet Kirschlorbeer kaum.
Das Problem daran: Kirschlorbeer vertreibt heimische Pflanzenarten aus Gärten und Wäldern. „Diese bieten aber sehr viel mehr Nahrung für unsere heimischen Insekten und Vögel, weil diese nicht an die exotischen Pflanzen angepasst sind“, sagt Nicole Döbert.
Mit dem Verbot will die Schweiz nun erreichen, dass in neu angelegten Gärten kein Kirschlorbeer mehr gepflanzt werden darf, bereits gepflanzte Hecken müssen aber nicht entfernt werden – auch dies hatte der Bundesrat ursprünglich geplant, aufgrund von großem Widerstand jedoch wieder fallen gelassen. Auf der Verbotsliste stehen insgesamt 31 Pflanzen, darunter auch der Sommerflieder, der Blauglockenbaum oder die Tessiner Palme.
Was ist das Problem mit Sommerflieder?

Sommerflieder ist bei vielen Gartenbesitzern beliebt, weil er schöne Blüten hat und obendrein noch Schmetterlinge anzieht, weshalb er auch Schmetterlingsflieder genannt wird. „Nur weil ich einen Sommerflieder pflanze, habe ich aber nicht mehr Schmetterlinge im Garten“, stellt Nicole Döbert klar.
Denn die Raupen der Schmetterlinge fressen kaum am Sommerflieder. Sie brauchen Pflanzen wie Brennnesseln, Klee oder Wiesenschaumkraut, also eine wilde Ecke im Garten mit dem, was viele Gartenbesitzer als Unkräuter abtun.
Zudem empfiehlt der Naturschutzbund Nabu statt Sommerflieder heimische Gewächse wie Blutweiderich, Echten Baldrian oder Gewöhnlichen Wasserdorst zu pflanzen, welche sowohl den Raupen als auch Faltern Nahrung bieten. Wie der Kirschlorbeer, breitet sich auch der ursprünglich aus China stammende Sommerflieder rasch aus und trägt dazu bei, dass sich die Artenvielfalt reduziert, weil er andere, heimische Pflanzen verdrängt.

Kommt ein solches Verbot für nicht heimische Pflanzen auch in Deutschland?
Es gibt eine EU-weit gültige Liste, auf der invasive, gebietsfremde Arten stehen, welche in der EU weder gehandelt noch besessen und auch nicht gezüchtet werden dürfen. „Kirschlorbeer und Sommerflieder sind auf der aktuellen Unionsliste invasiver Arten aber nicht genannt“, sagt Robert Schwarz, Sprecher beim Landratsamt Bodenseekreis.
Allerdings ist im Bundesnaturschutzgesetz geregelt, dass Pflanzen und Tiere, die in dem betreffenden Gebiet in freier Natur nicht oder seit mehr als 100 Jahren nicht mehr vorkommen, nur mit Genehmigung des Regierungspräsidiums ausgebracht werden dürfen.
Das bedeutet: Sommerflieder und Kirschlorbeer sind im Hausgarten zwar erlaubt, dürfen aber nicht einfach so in die freie Natur gelangen. Sie wachsen dort dennoch, auch am Bodensee, wie Robert Schwarz, bestätigt. Naturschutzfachliche Probleme, etwa durch ein massives Ausbreiten, seien derzeit in der Region aber nicht bekannt.
Ähnlich schätzt es das Umweltministerium Baden-Württemberg ein. Einer Sprecherin zufolge sind „bisher keine konkreten Probleme durch die illegale Entsorgung von Kirschlorbeer bekannt“. Aktuell lägen „keine Kenntnisse um ein geplantes Verkaufsverbot in Deutschland vor“.
Kommunen könnten jedoch bauplanrechtliche Vorgaben zur Gestaltung von Gärten machen. Auf diese Möglichkeit weist auch Robert Schwarz hin. „In vielen neuen Bebauungsplänen sind Pflanzlisten im Sinne von Positivlisten enthalten, es wird also der Schwerpunkt auf heimische Arten gelegt.“
Im Hausgarten wächst Kirschlorbeer: Sollte man diesen aus Naturschutzgründen besser ausreißen?
Nein, davon rät auch der Naturschutzbund Nabu ab. Denn immerhin fänden Vögel darin Unterschlupf und manche würden die Beeren sogar fressen. „Hinzu kommt, dass jede Pflanzen Sauerstoff produziert und damit immer noch besser ist als ein Sichtschutz aus Plastik“, sagt Nicole Döbert.
Die Naturgärtnerin würde sich aber freuen, wenn sich die Menschen vor dem Pflanzen etwas mehr Gedanken darüber machen würden, was sie sich in den Garten holen und dabei auf heimische Pflanzen setzen. „Viele blühen vielleicht nicht ganz so prächtig, sondern eher klein und unscheinbar, aber dafür sind unsere Insekten eben darauf spezialisiert“, so Döbert. Und wer das im Blick habe, könne dazwischen ja immer noch sein Lieblingsgewächs pflanzen – selbst wenn es exotisch sei.
Kirschlorbeer ist eine beliebte Heckenpflanze. Was sind gute Alternativen für neue Gärten?
Reiner Bierig, Geschäftsführer des Verbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg empfiehlt beispielsweise den Glanzblattstrauch oder die Stechpalme. Nicole Döbert pflanzt gern die heimische Eibe als Hecke, weil sie ebenfalls immergrün ist und geringe Standortansprüche hat. Allerdings ist sie eine der giftigsten Pflanzen und wächst nur langsam, weshalb sie in der Anschaffung deutlich teurer ist als Kirschlorbeer.
Auch bei anderen Alternativ-Pflanzen müssen Gartenbesitzer Kompromisse machen. „Liguster ist nicht immergrün, Hainbuchenhecken behalten ihr braunes Laub zwar bis in das Frühjahr, das gefällt aber nicht jedem“, so Döbert.