Zwei brutale Gewalttaten gegen Transmenschen innerhalb kurzer Zeit haben die Community aufgerüttelt. Wie sicher können sich Transmenschen in Deutschland noch fühlen? Christin Löhner, Transfrau aus Stockach, äußert sich bestürzt zu den beiden Vorfällen, bei denen ein Transmann in Münster starb und eine Transfrau in Bremen schwer verletzt wurde.
„Den Malte kannte ich persönlich“

„Den Malte kannte ich persönlich“, sagt Christin Löhner, die sich für die Interessen von Transmenschen engagiert. Sie habe ihn, das Todesopfer von Münster, auf seinem Weg beraten. „Zur Zeit häufen sich solche Vorfälle extrem; ich habe so langsam Angst“, bekennt Löhner.
Der 25-jährige Malte war nach einem Angriff am Rande des Christopher Street Day (CSD) gestorben. Er hatte sich laut Polizei schützend vor Teilnehmerinnen gestellt, die von einem 20-Jährigen massiv homophob beleidigt wurden. Der 20-Jährige schlug ihn daraufhin mehrfach ins Gesicht, worauf er zu Boden stürzte und mit dem Kopf auf den Asphalt prallte. Er starb später im Krankenhaus.
Christin Löhner wurde als Mann geboren und gründete vor sechs Jahren den Verein VDGE (Vereinigung von Menschen mit Variante der Geschlechtsentwicklung e.V.) mit Sitz in Radolfzell gründete, der Transmenschen berät. Sie überlege sich inzwischen, ein lautstarkes Alarmgerät mitzunehmen.
Derart brutale Angriffe wie in Bremen oder Münster habe es in der Region nicht gegeben. „Hier unten ist noch nichts passiert“, sagt Löhner, die mit etwa 150 Transmenschen bei ihren Beratungen in Kontakt ist. „Das liegt vielleicht auch an der Aufklärung.“
Sehr wohl werde sie aber begafft oder müsse sich blöde Sprüche anhören, wenn sie etwa durch die Konstanzer Fußgängerzone gehe. Körperliche Angriffe habe es aber nie gegeben. Die Region sei vielleicht doch etwas toleranter als anderswo. So sei es auch kein Problem gewesen, 2019 in Konstanz für das Amt des Oberbürgermeisters zu kandidieren.
„Jetzt erst recht!“
Dennoch machen die Gewalttaten der Aktivistin Angst. Wie darauf reagieren? Sich beim Ausgehen weniger auffällig zurechtzumachen, ist für sie keine Alternative: „Jetzt erst recht!“, sagt Löhner. „Wir müssen sichtbar sein, damit sich diese Toleranz entwickeln kann. Sonst wird alles nur noch schlimmer.“
Am Samstagabend war in Bremen eine 57-jährige Transfrau in einer Bremer Straßenbahn aus einer Jugendgruppe heraus attackiert und schwer verletzt worden. Nach Polizeiangaben schlug einer der Jugendlichen, der 14 bis 16 Jahre alt gewesen sein soll, der Frau mehrfach mit beiden Fäusten ins Gesicht.
Dabei sei er von seinen knapp 15 Begleitern „lautstark“ angefeuert worden. Zuvor hatten Mitglieder der Gruppe ihrem Opfer laut Polizei die Perücke vom Kopf gerissen und die Frau derb beleidigt. Erst als andere Fahrgäste einschritten, ließen die Angreifer von ihr ab.