„Wir sind ausverkauft!“ Mit trotzigem Stolz erteilt das Southside-Festival bereits seit Wochen auf seiner Homepage allen potenziellen weiteren Ticketkäufern eine Absage. Seht her, sollen die großen Lettern wohl bedeuten, das größte Rockfestival im Südwesten der Republik hat seine Anziehungskraft noch nicht verloren.
Corona vereitelte alle Pläne
Zwei Jahre lang mussten die Fans sich vertrösten lassen und mit ihnen die längst verpflichteten Bands. „Rise against“, „Kings of Leon“, „Seeed“, „Twenty One Pilots“: Sie alle wollten schon im Sommer 2020 nach Neuhausen ob Eck kommen. Doch Corona vereitelte alle Pläne.
Wenn nun ein „Ausverkauft“-Schild vor den Toren hängt, mutet das einerseits erwartbar an: Wer bereits im vergangenen Jahr Tickets erworben hatte, konnte sie einfach behalten, zwei Jahre Pause bedeuten deshalb auch zwei Jahre Besucherstau.
Geplant ist die volle Auslastung
Andererseits: Noch bei der letzten Auflage 2019 waren zum Festivalstart noch Karten erhältlich. Und wer glaubt, die Besucherzahl sei wegen des anhaltenden Pandemiegeschehens ohnehin stark eingeschränkt, irrt. Man plant mit voller Auslastung, das wären gemäß der bisherigen Kapazitäten 60 000 Besucher.
„Jeder einzelne Gast freut sich zu Recht darauf, das Southside Festival nach zwei Jahren endlich erleben zu können“, sagt Jonas Rohde, Pressesprecher des Veranstalters FKP Scorpio dem SÜDKURIER.
Die Margen sind niedrig
„Davon abgesehen, dass jeder Ticketkäufer ein Anrecht auf die Leistung hat, wäre das Festival mit einer verminderten Auslastung ökonomisch gar nicht machbar, da Livekultur ein margenarmes Geschäft ist.“
Tatsächlich haben über Jahrzehnte hinweg immer striktere Sicherheitsauflagen den Veranstaltern das Leben zusätzlich schwer gemacht. Nach Sicherheitsaspekten und Fragen des Klimawandels schlägt nun auch noch der Schutz der Gesundheit zu Buche: Selbst wenn sich die Hoffnungen auf einen weitgehend unbeschwerten Festivalsommer bestätigen sollten, werden viele zuletzt eingeübte Hygienemaßnahmen vorerst weiterhin nötig bleiben.
Tickets werden teurer
„Die Pandemie ist neben den ohnehin stetig steigenden Personal- und Materialkosten sicherlich ein erheblicher Faktor, der Konzerttickets mittelfristig teurer machen wird“, sagt Rohde: „Das ist tatsächlich ein Problem, denn es ist auch in unserem Interesse, dass Kultur erschwinglich bleibt.“ Man arbeite daher stetig daran, möglichst wenig dieser Kosten ans Publikum weiterzureichen.

Und wie sicher ist nun, dass Corona nicht schon wieder den Spielverderber gibt? Bei FKP Skorpio plant man jedenfalls „felsenfest“ mit allen Festivals. Politik und Wissenschaft, sagt Pressesprecher Rohde, seien sich ja schon länger einig, dass die Zahl der Inzidenzen nicht mehr das Maß für mögliche Einschränkungen sein sollte.
Außerdem ließen Studien wie die des Harding Zentrums für Risikokompetenz darauf schließen, „dass von verantwortungsbewussten Großveranstaltungen keine zusätzliche Gefahr ausgeht“.
Ohne Livekultur geht es nicht
Aus diesem Grund mochte man sich auch gar nicht erst mit alternativen Konzepten wie etwa Tickets für ein rein digitales Festivalerlebnis befassen. „Die lange Zeit der kulturellen Dürre hat gezeigt, dass Musik online allenfalls eine Notlösung sein kann: Livekultur erfüllt tiefe menschliche Bedürfnisse und ist durch nichts zu ersetzen.“
Dass die Musiker über diese Dürre hinweg dem Southside-Festival die Treue gehalten haben, sieht man als Zeichen gegenseitiger Wertschätzung. „Unsere Acts, unsere Gäste und wir haben uns solidarisch gezeigt und sind einander treu geblieben“, sagt Rohde: „Das war und ist in schwierigen Zeiten etwas, für das wir sehr dankbar sind.“
Southside Festival: 17.-19. Juni 2022. Mehr dazu hier.