Nach mehr als 30 Stunden Suche hat sich die vermeintliche Löwin in Berlin und Brandenburg als Wildschwein erwiesen. „Nach allem menschlichen Ermessen gehen wir davon aus, dass es keine Löwin ist“, sagte der Bürgermeister der brandenburgischen Gemeinde Kleinmachnow, Michael Grubert (SPD), am Freitag. „Es gibt keine Löwin.“
Die Brandenburger Polizei und die Behörden in Berlin bestätigten diese Einschätzung. Der Bürgermeister sagte: „Es besteht keine akute Gefährdungslage.“
Es gebe nicht einen einzigen Hinweis seit Donnerstagmorgen, 5.00 Uhr, der zur Annahme geführt habe, es könne sich bei dem gesuchten Tier tatsächlich um eine Löwin, ein Raubtier oder eine große Wildkatze handeln, sagte Grubert. Die Warnungen an die Bevölkerung wurden über Apps wie Katwarn zurückgenommen, beide Polizeien beendeten ihre Einsätze.
Zweifel an Löwen-Theorie schon vor Entwarnung
Bereits zuvor hatten sich die Zweifel an der Löwen-Theorie gehäuft. Mehrere Experten hatten ihre Skepsis geäußert. Auch der Konstanzer Tierarzt Heinrich Preiß sagte im SÜDKURIER-Interview: ‚Das ist definitiv keine Löwin‘.
Die Suche nach dem vermeintlichen Raubtier nahe der Stadtgrenze Berlins hatte in der Nacht auf Donnerstag begonnen. Ausgelöst wurde sie durch ein Video, auf dem eine Löwin vermutet wurde. Der Videoschnipsel machte am Donnerstag die Runde durch die sozialen Netzwerke. Die Ermittlungsbehörden schätzten das Video als echt ein. Polizisten gaben nach Angaben einer Behördensprecherin an, ebenfalls ein Wildtier „gesichert“ gesehen zu haben.

Dem Bürgermeister zufolge basierte die gesamte Suchaktion auf diesen beiden Hinweisen. Die Polizisten, die das Video zuerst gesehen haben, hätten eine Gefährdung nicht ausschließen können – daher sei mit der Suche begonnen worden.
Wie hoch fallen die Kosten aus?
Erst im weiteren Verlauf sei das Video dann Experten für eine Einschätzung gezeigt worden. Für Samstag erwartet die Gemeinde Kleinmachnow noch die Analyse von Kot und Haaren, die bei der Suche gefunden wurden. Die Polizei Brandenburg kündigte an, in der Region auch in den kommenden Tagen verstärkt präsent zu sein.
Unklar blieb zunächst, wie hoch die Kosten für den Einsatz ausfallen werden und wer sie tragen muss. An der mehr als 30 Stunden langen Suche beteiligt waren neben Dutzenden Polizisten auch Veterinärmediziner und der Berliner Stadtjäger. Am Freitag waren Polizisten im Wald mit Maschinenpistolen und Schutzschilden unterwegs. Auch Hubschrauber, Drohnen und zahlreiche Wärmebildkameras wurden eingesetzt.

Bürgermeister Grubert geht davon aus, dass die Gemeinde Kleinmachnow durch die Aktion keine allzu großen finanziellen Belastungen haben wird. Bei der Polizei sei das womöglich anders – es sei aber im Sinne der Gefahrenabwehr gehandelt worden.
Experten analysieren Video
Der Einsatz der Polizei sei „angemessen“ gewesen. „Wenn so eine Meldung kommt, und sie wird dann auch bestätigt, dann müssen Sie ja schnell handeln. Wir können ja nicht überlegen, so bis mittags um 12 Uhr, was wir machen“, sagte Grubert. Die Berliner Polizei machte keine konkreten Angaben zu den Kosten, diese Frage verbiete sich. Die Polizei sei um Amtshilfe gebeten worden und habe entsprechend reagiert.
Laut dem Bürgermeister wurde das Video inzwischen von zwei Experten unabhängig analysiert. Dabei sei deutlich geworden, dass etwa die Hinterläufe des Tieres auf dem Video nicht zu einer Löwin passen, auch die Haltung des Tieres beim Fressen oder Trinken sei nicht typisch für eine Löwin.
Auf der Pressekonferenz zeigte Grubert, sichtlich angespannt und erschöpft nach der Aufregung der vergangenen Stunden, entsprechende Vergleichsbilder. Offen blieb zunächst, wieso das Video als entscheidender Hinweis nicht schneller ausgewertet und die Suchmaßnahme entsprechend früher eingestellt wurde.
Wissenschaftler: Suchaktion berechtigt
Bereits Stunden vor der entscheidenden Pressekonferenz hatten Experten sehr deutlich ihre Zweifel geäußert. „Ich jage zufällig in der Region selbst und ich weiß, dass die Jäger dort sehr gute Hunde haben. Es ist völlig undenkbar, dass die Hunde nichts gefunden haben, wenn dort tatsächlich ein Wildschwein zerlegt wurde“, sagte Achim Gruber, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Tierpathologie in Berlin, der dpa.
Der FU-Wissenschaftler machte deutlich, dass die Suchaktion seiner Ansicht nach ihre Berechtigung hatte: „Die Maßnahmen sind angesichts des begründeten Anfangsverdachts begründet und zu rechtfertigen. Man muss den Aufwand treiben. Das ist eine hervorragende Übung im Zivilschutz und eine tolle Teamleistung von Polizei, Veterinärbehörden, Jäger und Drohnenleuten.“ (dpa/sk)