Um 19.30 Uhr am Schwaketensportplatz in Konstanz angekommen, stehen bereits viele Männer auf dem vom Flutlicht beleuchteten Rasen im Huddle, einem großen Kreis. Dort schwören sie sich gemeinsam auf das bevorstehende Training ein.

Bild 1: Wie fühlt es sich an, mit Football-Spielern zu trainieren? Zu Besuch bei den Konstanzer Pirates
Bild: Peter Pisa

Dann beginnt das Aufwärmtraining. Neben Sprints stehen vor allem allerlei Dehnübungen auf dem Programm. Diese sind wichtig, um sich später nicht zu verletzen.

Bild: Peter Pisa
Bild: Peter Pisa | Bild: Peter Pisa

Danach trainieren Offensive und Defensive getrennt. Bevor ich als Neuling beim richtigen Training mitmachen darf, muss ich erst die Grundlagen kennenlernen.

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Ein Gefühl für die Ausrüstung bekommen

Benjamin Welte, selbst Spieler der Pirates, erwartet mich am Spielfeldrand. Er drückt mir gleich ein Shoulderpad, eine Rüstung zum Schutz von Brust und Schultern, in die Hand. Das ist nicht zwingend für das Training als Neuling notwendig, doch es gibt einem ein Gefühl dafür, wie es sich mit der Montur anfühlt.

Auch wenn das Shoulderpad etwas zu groß für mich ist, fühlt es sich nicht fremd an. Im Gegenteil, auch im späteren Verlauf des Trainings vergesse ich sogar, dass ich es anhabe. Der Helm ist jedoch gewöhnungsbedürftig, schränkt er die Sicht deutlich ein.

Ausrüstung muss selbst angeschafft werden

Die Ausrüstung müssen sich die Spieler der Pirates übrigens noch selbst zulegen. Kostenpunkt: um die 250 Euro. „Deshalb suchen wir noch Sponsoren, um Ausrüstung und weiteres zu finanzieren“, sagt Welte. Viel Zeit zum Reden bleibt nicht, denn nach ein paar geworfenen Bällen mit eingeschränkter Sicht geht es gleich richtig los mit dem Training.

Bild 3: Wie fühlt es sich an, mit Football-Spielern zu trainieren? Zu Besuch bei den Konstanzer Pirates
Bild: Peter Pisa

Dieses fängt für die "Newbees", die Anfänger, leicht an – mit den sogenannten Stances, also Stellungen, welche die Spieler bei der Aufstellung einnehmen.

Es gilt, die richtige Haltung zu lernen, ansonsten kann es bei Körperkontakt schnell auf die Wirbelsäule gehen.

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Verletzungen sind im American Football an der Tagesordnung, wenngleich es bei den Amateuren natürlich weniger robust zugeht als bei den Profis in den Staaten. Dennoch ist das Spiel mit dem Ei in den USA das größte Spektakel des Jahres, auch in Deutschland schalten immer mehr Menschen ein.

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Pausen gibt es nur wenige

Heiko Häringer, Trainer der Anfänger, hat inzwischen einen Parcours für die nächste Übung aufgebaut.

Erst wird gesprintet, dann in gebückter Haltung seitwärts gelaufen – das sogenannte „Shuffeln“. Als letzter Schritt dribbelt man rückwärts, während ein Spieler einem den Ball entweder hoch oder tief zuwirft. Es wird allmählich anstrengend, aber noch geht es.

Tackeln auf den Knien

Dann das Tackeln, bei dem man den Gegner zu Boden ringt. Wer jetzt an die brutalen Szenen aus dem Fernsehen denkt, wird erst einmal enttäuscht sein – vorerst. Denn zu Beginn tackelt man erst auf den Knien einen stehenden Gegner.

Klingt komisch? Sieht auch so aus! Das ist jedoch wichtig, denn ohne die richtige Grifftechnik bringt man den Kontrahenten nicht zu Fall. Deswegen muss man mit beiden Armen die Beine schwungvoll umklammern, mit Kraft in den Kniekehlen schließen und die eigene Schulter in den Gegner drehen.

Coach Heiko Häringer erklärt das Prinzip des Tacklings. Bild: Peter Pisa
Coach Heiko Häringer erklärt das Prinzip des Tacklings. Bild: Peter Pisa | Bild: Peter Pisa

Macht man das schnell und gut, kann selbst ein wenig muskulöser Mensch wie ich einen trainierten Spieler zu Boden bringen – Hebelwirkung sei dank!

Bild 6: Wie fühlt es sich an, mit Football-Spielern zu trainieren? Zu Besuch bei den Konstanzer Pirates
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Hat man zu wenig Schwung oder packt man nicht richtig an, kann der Gegner die Beine bewegen – und zieht einen über den gefrorenen Rasen.

Ein Blick zu den Spielern auf dem anderen Teil des Trainingsgeländes zeigt, dass diese das Tacklen bereits verinnerlicht haben. Mit ordentlich Schwung werfen sie sich in die Gegner – und das sieht schon sehr professionell aus.

Bild 7: Wie fühlt es sich an, mit Football-Spielern zu trainieren? Zu Besuch bei den Konstanzer Pirates
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Nach unzähligen eigenen Tackles sind die Knie mittlerweile wund – das Training geht jedoch weiter. Ab jetzt dürfen auch die Anfänger richtig tacklen.

Mit voller Wucht wird in ein mannhohes Polster gerannt, das von einem Spieler gehalten wird. „Schneller, richtig mit Schwung reinwerfen“, feuert Coach Häringer an.

Mit ordentlich Schwung in das Polster: Beim Tackeln muss man sich richtig reinwerfen, schließlich soll im späteren Spiel mal ein Gegner ...
Mit ordentlich Schwung in das Polster: Beim Tackeln muss man sich richtig reinwerfen, schließlich soll im späteren Spiel mal ein Gegner von den Beinen geworfen werden. | Bild: Peter Pisa

Auf eine Wiederholung folgt die nächste. Die Beine schmerzen. Aufhören ist aber keine Option, das ist klar. Beim Tackeln des Polsters lässt der Spieler es jetzt auch noch los, sodass man mit selbigem durch die Lüfte segelt. Zwar spürt man beim Aufprall auf dem Boden durchaus seine Knochen, doch es macht auch unglaublich viel Spaß.

"Ultimative Teamsport-Erfahrung"

In einer kurzen Verschnaufpause komme ich mit dem Spieler Matthias Heider ins Gespräch. Wieso spielt man so einen körperbetonten Sport als Hobbysportler? „Weil es die ultimative Teamsport-Erfahrung und sehr intensiv ist“, sagt Heider.

Mit Trainer Häringer spreche ich darüber, dass ich mit 60 Kilogramm verteilt auf kernige 173 Zentimeter eigentlich zu dünn für diese Sportart bin. Doch davon will der Coach nichts hören. „Es ist meine Aufgabe, eine Position für jeden Spieler zu finden“, erklärt er.

Zu klein oder zu untrainiert sein ist für Trainer Häringer keine Ausrede, nicht beim Football-Training mitzumachen. Jeder könne dabei ...
Zu klein oder zu untrainiert sein ist für Trainer Häringer keine Ausrede, nicht beim Football-Training mitzumachen. Jeder könne dabei sein, sagt er. | Bild: Peter Pisa

Jeder könne mitmachen, er müsse nur engagiert sein. Viel Zeit zum Reden bleibt wieder nicht, denn je länger man steht, desto kälter wird man – und desto mehr spürt man die Erschöpfung. In einer abgespeckten Version von Football klingt das Training spielerisch aus. Kurz vor 22 Uhr endet es dann. Ich bin erschöpft, aber auch zufrieden.