Die Berghänge rund um den Fußballplatz in Schruns sind wolkenverhangen, als an diesem Morgen die Mannschaft des SC Freiburg angeradelt kommt. Die Nationalspieler Matthias Ginter und Vincenzo Grifo, Mittelfeldmotor Nicolas Höfler, Torjäger Michael Gregoritsch – und Mika Baur.

Das Talent aus Salem-Mimmenhausen ist wenige Tage nach seinem 19. Geburtstag zum ersten Mal mit im Trainingslager der Profimannschaft. Der Lohn für die starken Auftritte in der U23 des Sportclubs in der 3. Liga.

„Es ist eine Ehre und fühlt sich super an“, sagt der U19-Nationalspieler, der bereits vor der Woche in Österreich bei der Vorbereitung der Bundesliga-Elf in Freiburg mitmachen durfte. „Es macht mega Spaß“, sagt Baur.

Selbstverständlich trainiert auch der SC-Nachwuchs unter professionellen Bedingungen, aber das Niveau in einem Team, das in der Europa League spielt, sei „schon hoch. Es ist sehr anstrengend. Aber so muss die Vorbereitung auch sein“, sagt Baur und lacht.

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Beim Zirkeltraining zum Aufwärmen wummert leise Musik aus einer Box, einen langen Steilpass vom Rasen entfernt landen zwei Gleitschirmflieger in der Bergidylle des Montafon. Auf einem Nebenplatz drehen die Rekonvaleszenten ihre Runden, während Trainer Christian Streich sich das Treiben aus der Distanz anschaut. Die kleine Tribüne füllt sich langsam mit Fans in SC-Ausrüstung, die nach der Einheit viel Zeit für Selfies und Autogramme bekommen.

„Ich kann hier von allen Spielern, egal auf welcher Position, unfassbar viel lernen. Die Qualität und die Intensität sind sehr hoch.“

Baur bleibt realistisch

Ein Baur-Trikot trägt keiner der Anhänger. Noch, muss man fast hinzufügen, auch wenn der 19-Jährige seine Situation realistisch einordnet. „Ich hatte letztes Jahr nach meiner Verletzung eine relativ gute Saison und bin gerade auf einem ganz guten Weg. Toi, toi, toi“, sagt er und klopft auf den Tisch. „Ich bin fit, fühle mich gut. So kann‘s weitergehen. Ich würde es aber keinen Höhenflug nennen.“

Nun ja, in der 3. Liga traf Baur gleich in seinem ersten Spiel und ist mit 17 Jahren der jüngste Debüt-Torschütze der Liga, jünger als er waren bei ihren ersten Drittligatoren nur David Alaba und Jamal Musiala.

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Es folgten weitere überzeugende Leistungen in der Freiburger Reserve, erste Einsätze in den Nachwuchs-Nationalteams und nun der Sprung ins Profi-Training mit einem Tor bei der 2:3-Testspielniederlage gegen den VfL Wolfsburg.

„Ich bin froh, dass es so läuft und ich die ersten Eindrücke aufnehmen darf“, sagt Baur, der für sein Alter sehr überlegt und reif spricht. Er sei „super aufgenommen“ worden von den Bundesligaspielern. „Es fällt einem leicht, sich voll aufs Training zu konzentrieren.“

Der junge Mann vom Bodensee ist ein weiteres Beispiel für die hervorragende Nachwuchsarbeit im Breisgau. „Der SC Freiburg ist bekannt dafür, junge Spieler einzubeziehen auf eine Art und Weise, dass es Sinn macht. Ich glaube schon, dass es so gut funktioniert, weil es Freiburg ist“, weiß auch Baur.

Den richtigen Zeitpunkt abwarten

Sinn machen, heißt in diesem Fall, den richtigen Zeitpunkt abzuwarten. Daher ist es Baur auch fremd, jetzt zu viel zu fordern. „Ich konzentriere mich voll auf die U23, möchte eine komplette Saison spielen, verletzungsfrei bleiben und eine super Leistung bringen. Alles, was zusätzlich kommt, ist ein Bonus für mich, über den ich mich mega freue. Mein Fokus liegt aber auf der Drittligasaison.“

Mika Baur zusammen mit SÜDKURIER-Redakteur Ingo Feiertag.
Mika Baur zusammen mit SÜDKURIER-Redakteur Ingo Feiertag. | Bild: Feiertag, Ingo

Das Trainingslager mit den Profis im Montafon sieht er selbst als nächsten Schritt: „Ich kann hier von allen Spielern, egal auf welcher Position, unfassbar viel lernen. Die Qualität und die Intensität sind sehr hoch.“

Eine große Hilfe ist auf seinem Weg sein Vater, Handball-Weltmeister Markus Baur. „Immer wenn ich nicht weiß, wie ich mit gewissen Dingen umgehen soll, frage ich natürlich nach und er hat auch immer einen super Rat. Aber ich bin gewillt, meinen eigenen Weg zu gehen.

Stolz auf den Papa

Manchmal muss man sein eigenes Ding machen, um zu lernen, was richtig oder falsch ist“, sagt Mika Baur, der stolz ist auf den Papa, auf den er immerzu angesprochen wird. „Ich werde aber nicht gerne verglichen. Vielleicht ist es daher ganz gut, dass ich eine andere Sportart ausübe. Ich versuche, meinen eigenen Weg mit voller Überzeugung zu gehen.“

Nicht nur sportlich, sondern künftig auch privat. Nach drei Jahren im Internat und einem Jahr in der WG mit U23-Torhüter Niklas Sauter aus Konstanz zieht Baur, der mit 14 Jahren von zuhause wegging, um professionell Fußball zu spielen, am Wochenende in seine erste eigene Wohnung.

Eine sportliche Familie

„Ich freue mich darauf. Es sind bewegte Tage“, sagt Mika Baur, dessen jüngerer Bruder Kimi auch im Freiburger Internat lebt – als nächstes Talent aus der sportlichen Familie. Mikas Mutter Marion ist Sportlehrerin, Schwester Chiara erfolgreiche Handballerin.

Ob es den promienten Vater fuchst, dass seine beiden Jungs einen anderen Weg eingeschlagen haben als er? „Ich hoffe, dass er sich damit abgefunden hat. Einen Weg zurück gibt es nicht mehr“, sagt Mika und lacht herzlich. „Wir sollten immer machen, worauf wir Bock haben.

Dass es jetzt im Fußball so läuft, ist natürlich super.“ Und wie lange dauert es noch, bis er nicht mehr überall als „Sohn des Handball-Weltmeisters“ bezeichnet wird, sondern Markus Baur als Vater des Fußballprofis Mika? Da zögert der 19-Jährige keinen Moment und sagt bestimmt: „Nicht mehr lange!“