Angesichts sinkender Gewinne verabschieden sich die Sparkassen in Baden-Württemberg zusehends von mit Personal besetzen Filialen. Innerhalb von fünf Jahren seien knapp ein Viertel aller Zweigstellen mit Beschäftigten geschlossen worden, sagte Sparkassenpräsident Peter Schneider in Stuttgart. Von gut 2000 Filialen im Jahr 2014 sei die Zahl auf 1559 Ende vergangenen Jahres gesunken. Allerdings wird ein Großteil der Zweigstellen durch Automaten ersetzt, an denen Geld abgehoben werden kann oder Kontoauszüge ausgedruckt werden können.
Die Gebühren sind angestiegen
Ausgelöst wird die Entwicklung durch sinkende Gewinne, denen sich die Institute seit Jahren gegenübersehen. Diese wiederum gehen zum Großteil auf die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) zurück. Die EZB hält das Zinsniveau seit der Finanzkrise tief, um die Wirtschaft anzukurbeln und den teils hoffnungslos überschuldeten EU-Staaten Zeit zur Sanierung zu erkaufen. Für Banken und Sparkassen gerät damit ihre einstige Hauptertragsquelle – der Zinsüberschuss, den sie etwa durchs Verleihen von Geld an Privat- oder Geschäftskunden erwirtschaften, unter Druck.
Als Folge schrumpfen die Gewinne der Institute. 2018 sank das Vorsteuerergebnis der 51 Sparkassen in Baden-Württemberg um knapp 14 Prozent oder 245 Millionen Euro auf rund 1,55 Milliarden Euro. "Die Sparkassen spüren die Folgen der Nullzinspolitik der EZB jedes Jahr stärker", sagte Schneider. Zwar steuere man "gut dagegen", könne die Folgen aber nicht vollständig kompensieren. Viele Kunden haben das in den letzten Monaten etwa durch steigende Gebühren für ihre Giro-Konten zu spüren bekommen. Die meisten dieser Erhöhungen seien "nun aber erfolgt", sagte Sparkassen-Verbandsgeschäftsführer Joachim Herrmann.
Keine Frage, die EZB-Politik bereitet nicht nur den Kunden, sondern auch den Geldhäusern Probleme. Einen positiven Effekt hat die von der EZB ausgelöste Geldschwemme allerdings auch. Die Sparkassenkunden tragen immer mehr Geld zu Ihren Instituten. Die Einlagen wuchsen zuletzt doppelt so schnell wie in Normaljahren. 2018 stieg diese für die Sparkassen wichtige Kenngröße um gut sieben Milliarden Euro auf rund 140 Milliarden Euro. Eine Entwicklung, die Schneider als "hervorragend" bezeichnete. Zum Vergleich: Vor bei Ausbruch der Finanzkrise waren es rund 100 Milliarden. Allerdings gelingt es den Sparkassen im Land offenbar nicht, die Kundenzahl nennenswert auszuweiten. Der Kundenbestand sei "konstant gehalten worden", hieß es.
Unsichere Perspektiven für Finanzbranche
Und auch die Niedrigzinsen wirken nicht nur negativ. Die Kreditvergabe an Unternehmen boomt. Um knapp fünf Prozent wuchs die Kreditnachfrage. Ende 2018 hatten die Sparkassen satte 130 Milliarden Euro an die Unternehmen verliehen. Auch das ein dickes Plus im Vergleich zum Vorjahresstichtag.
In Summe sprach Schneider, der vor seiner Sparkassenkarriere Landrat in Biberach gewesen ist, daher von einem "erfreulichen Jahr 2018" für die Sparkassen.
Mittelfristig sind die Perspektiven aber ungewiss. Wenn die Zinsen und damit die Gewinnmöglichkeiten nicht anstiegen, gebe es "in ein paar Jahren ein Heulen und Zähneklappern in der Finanzwirtschaft", warnte der Verbands-Chef. "Dann rappelt es gewaltig", sagte er.