Maria Wendel

Das Bürgergeld ist Teil der Leistungen zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums, schreibt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) auf seiner Webseite. Es soll „Menschen, die erwerbsfähig und leistungsberechtigt sind, in Beschäftigung bringen und ihnen den Lebensunterhalt sichern“. Um Anspruch auf die Sozialleistung zu haben, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Dazu zählt, dass jemand erwerbsfähig ist, aber seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen decken kann, und andere vorrangige Leistungen – wie Arbeitslosengeld I, Wohngeld und Kinderzuschlag – nicht ausreichend sind. Zudem muss die eigene Hilfebedürftigkeit nachgewiesen werden.

Allerdings können auch nicht erwerbsfähige Menschen – wie etwa Kinder – Bürgergeld bekommen, nämlich wenn sie mit einer erwerbsfähigen und leistungsberechtigten Person in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Wie viel Bürgergeld können Kinder in Deutschland bekommen? Und wie sieht es aus im Fall von Neugeborenen mit ausländischen Eltern? Ein Urteil vom Sozialgericht Köln beschäftigte sich mit so einem Fall – es gelten aber bestimmte Bedingungen für einen Anspruch auf Bürgergeld.

Bürgergeld für Neugeborene: Was gilt grundsätzlich bei Kindern?

Kinder haben grundsätzlich Anspruch auf Bürgergeld, wenn sie mit ihren Eltern beziehungsweise einer erziehungsberechtigten Person in einer Bedarfsgemeinschaft leben und diese leistungsberechtigt sind. Einen eigenen Antrag stellen müssen die Heranwachsenden nicht. Die Regelbedarfsstufen des Bürgergeldes für Kinder sind nach Alter unterteilt, informiert das BMAS:

  • Kinder zwischen 0 und 5 Jahren erhalten 357 Euro.

  • Kinder zwischen 6 und 13 Jahren erhalten 390 Euro.

  • Kinder zwischen 14 und 17 Jahren sowie Minderjährige mit volljährigen Partnern erhalten 471 Euro.

Alleinerziehende können außerdem unter bestimmten Voraussetzungen einen Mehrbedarf geltend machen, dessen Höhe abhängig von der Anzahl und dem Alter der Kinder ist, informiert das BMAS. Schwangere haben ab der dreizehnten Schwangerschaftswoche einen Anspruch auf einen Mehrbedarf von 17 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs.

Eltern sollten wissen, dass Kindergeld auf Bürgergeld angerechnet wird und es demnach mindern kann, informiert die Bundesagentur für Arbeit. Außerdem wird Vermögen auch bei Kindern, etwa bei Sparkonten oder Rücklagen, angerechnet: Bei Personen einer Bedarfsgemeinschaft gilt der Freibetrag bis 15.000 Euro, informiert das BMAS. Oberhalb dieser Grenze entfällt die Hilfebedürftigkeit und somit der Anspruch auf staatliche Unterstützung. Anträge auf Bürgergeld müssen beim zuständigen Jobcenter gestellt werden – rechtzeitig, denn die Leistungen werden erst ab dem Monat der Antragstellung gezahlt und nicht rückwirkend.

Grundsätzlich können Neugeborene in Deutschland also ab der Geburt unter bestimmten Bedingungen Bürgergeld beziehen. Bei Familien mit Migrationshintergrund gibt es allerdings weitere Regelungen zu beachten. So sind Asylbewerber von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, zweites Buch (SGB II) ausgeschlossen, informiert die Bundesagentur für Arbeit in einer Kurzinformation zur Grundsicherung für Arbeitsuchende. Anerkannte Asylberechtigte können Leistungen erhalten.

Bürgergeld für Neugeborenes verweigert: Sonderfall bei ausländischen Eltern

Ein Fall aus Köln zeigt, wann Neugeborene ausländischer Eltern in Deutschland Bürgergeld erhalten können. Das Jobcenter hatte den in Deutschland lebenden Familienmitgliedern Bürgergeld gewährt. Sie stammen aus Bosnien und Herzegowina und hatten eine befristete Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nach Paragraf 25 Absatz 5 Aufenthaltsgesetz. Dem 2018 neugeborenen Kind verweigerte das Jobcenter jedoch für die ersten drei Lebensmonate die Zahlung, da es sich auf den in Paragraf 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Sozialgesetzbuch (SGB) II geregelten Leistungsausschluss für neu eingereiste Drittstaatsangehörige berief. Diese Dreimonatsregel besagt, dass Nicht-EU-Bürger in den ersten drei Monaten nach Zuzug dem Ausschluss unterliegen, sofern sie weder Arbeitnehmer noch EU-Freizügigkeitsberechtigte sind.

Die Familie klagte 2019 vor dem Sozialgericht Köln, woraufhin die Richter entschieden, dass der Leistungsausschluss nicht greife und das Kind rückwirkend Anspruch auf Bürgergeld habe. Das Jobcenter legte allerdings Berufung ein mit der Begründung, der Dreimonatsausschluss sei gerechtfertigt, da weder die Mutter noch das Kind Arbeitnehmerstatus oder Freizügigkeitsrechte nach dem FreizügG/EU besitzen.

Das Landessozialgericht entschied 2022 schlussendlich zugunsten der Familie, mit der Begründung: Wenn ein Kind in Deutschland geboren wird und mindestens ein Elternteil eine Aufenthaltserlaubnis nach Paragraf 25 Absatz 5 Aufenthaltsgesetz besitzt, gilt der Leistungsausschluss nicht, auch wenn das Kind selbst noch keinen Aufenthaltstitel hat. Ob es sich hierbei um ein wegweisendes Urteil handelt, muss sich in zukünftigen Verfahren vor anderen Gerichten zeigen.

Übrigens: Im ARD-Sommerinterview klagte AfD-Chefin Alice Weidel über ausländische Bürgergeldempfänger. Ein Faktencheck entlarvt ihre teilweise falschen Aussagen. Zum Beispiel lässt sich die Behauptung, dass unter den Deutschen, die Bürgergeld beziehen, drei Viertel einen Migrationshintergrund besitzen würden, anhand einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit widerlegen. Der Anteil an Menschen mit Migrationsgeschichte liegt in Wahrheit bei weniger als einem Drittel. Derweil sind mehr als die Hälfte aller Bürgergeld-Beziehenden deutsche Staatsbürger.