Pegah Meggendorfer

Die Debatte um das Bürgergeld bricht nach wie vor nicht ab. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) kündigte im ARD-„Sommerinterview“ vom 13. Juli 2025 weitreichende Reformpläne an. Diese sollen vor allem bei den Kosten für Unterkunft und Heizung ansetzen. Bürgergeldbeziehende könnten künftig insbesondere bei den Wohnkosten Einschnitte spüren.

Friedrich Merz: Wird er den Zuschuss für Wohnung beim Bürgergeld deckeln?

„Sie haben in den Großstädten heute teilweise bis zu 20 Euro pro Quadratmeter, die vom Sozialamt oder von der Bundesagentur bekommen für Miete“, sagte Merz. „Wenn Sie das hochrechnen, sind das bei 100 Quadratmetern schon 2.000 Euro im Monat. Das kann sich eine normale Arbeitnehmerfamilie nicht leisten.“ In solchen Fällen entstünden gesellschaftliche Spannungen, die die Politik nun gezielt abbauen wolle.

Merz schlägt deswegen vor, Mietzuschüsse künftig zu deckeln. Auch die Wohnungsgröße der Wohnungen für Bürgergeldempfänger soll stärker überprüft werden. Denkbar sei eine Pauschalierung der Wohnkosten, also ein fester Betrag, unabhängig von der tatsächlichen Miete. „Geringere Sätze sind möglich – das alles steht auf dem Prüfstand der Koalition“, betont der Kanzler im ARD-Interview.

Der Grundsatz der „angemessenen Unterkunft“ gilt bei den Jobcentern bereits, wie die Agentur für Arbeit auf ihrer Website erklärt. Kanzler Merz zufolge reicht die aktuelle Regelung aber nicht aus. Es sei eine strukturelle Reform erforderlich.

Kritik an Merz' Vorschlag, Mietzuschüsse künftig zu deckeln

Für den Vorschlag einer Deckelung der Mietkosten oder Kontrollen der Wohnungsgrößen bei Bürgergeldempfängern erntete Merz im Nachgang an das ARD-„Sommerinterview“ laut Tagesschau reichlich Kritik von anderen Parteien und Verbänden, aber auch vom Koalitionspartner SPD. Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dagmar Schmidt nannte Merz' Vorschläge zum Beispiel. „unausgegoren“: Das Problem des bezahlbaren Wohnraums müsse durch Mietpreisbremsen und Wohnungsbau-Investitionen angegangen werden, nicht durch Streichung der Unterstützung.

Auch DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel hält Leistungskürzungen für den falschen Ansatz, wie sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe sagte. Sie warnt vor Wohnungslosigkeit und Armut. Harte Worte äußerte auch der bau- und wohnungspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Kassem Taher Saleh, gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): Merz suche sich „immer wieder Gesellschaftsgruppen aus, die es ohnehin schwer haben – und tritt dann noch drauf“.

Bundeskanzler Merz: „Es soll wieder Grundsicherung heißen“

Merz erläuterte im ARD-Interview weiter: Das Ziel sei es, das Bürgergeld wieder näher an die Idee der Grundsicherung heranzuführen. „Es soll wieder Grundsicherung heißen – und nicht mehr Bürgergeld“, so Merz. „Und da ist mehr einzusparen als nur ein oder zwei Milliarden Euro.“ Noch im zweiten Halbjahr 2025 möchte Merz mit den Verhandlungen zur Reformierung des deutschen Sozialsystems beginnen.

Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) will nach der Sommerpause einen ersten Gesetzentwurf zur Bürgergeld-Reform vorlegen. Die Reform soll laut Koalitionsvertrag 2026 in Kraft treten. Merz bekräftigte: „Da muss sie Wirkung entfalten.“ Nachjustierungen werde es vermutlich dennoch immer wieder geben, etwa bei den Zumutbarkeitsregeln für angebotene Arbeitsstellen.

Friedrich Merz: „Menschen brauchen Sicherheit, wenn sie wieder eine Stelle suchen“

Merz beklagte im Interview auch, dass die Schwarzarbeit in den vergangenen Jahren zugenommen habe. Der Kanzler unterstellt, dass hier mit dem System Missbrauch betrieben werde, indem Menschen in geringfügiger Beschäftigung arbeiteten und aufstockten oder Schwarzarbeit betrieben und gleichzeitig Bürgergeld bezögen. „Da ist das System falsch, und das müssen wir korrigieren“, so Merz.

Bei plötzlicher Arbeitslosigkeit allerdings möchte Merz für mehr Sicherheit sorgen. So könne er sich etwa vorstellen, die Sätze beim Arbeitslosengeld anzuheben – ein Signal an alle, die unverschuldet in Not geraten. „Menschen brauchen Sicherheit, wenn sie wieder eine Stelle suchen“, betonte er.