In Murrhardt, 40 Kilometer nordöstlich von Stuttgart, steht die 100.000. Pelletheizung in Baden-Württemberg. Das sanierte Mehrfamilienhaus aus den 60er Jahren spart seit einem Jahr auf knapp 250 Quadratmetern jährlich 12 Tonnen CO2 ein, so rechnet der Pellet-Lieferant Energie-Direkt Hohenlohe GmbH (Edi) auf seiner Internetseite vor.
Jede fünfte Pelletheizung steht in Baden-Württemberg
Pelletheizungen sind vor allem in der Haussanierung immer beliebter. Bundesweit, so der Deutsche Energieholz- und Pelletverband (DEPV), gibt es inzwischen mehr als eine halbe Million solcher Anlagen. Damit steht jede fünfte in Baden-Württemberg. Dennoch sind es im Kampf gegen den Klimawandel noch viel zu wenig. Denn noch immer wird im Land ein Drittel aller Heizungsanlagen mit Öl befeuert, wie die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg mitteilt. Das, so hofft die grün-schwarze Landesregierung, soll sich in den kommenden Jahren ändern.
Wer auf Pellets gesetzt hat, der musste in diesem Winter allerdings einen herben Dämpfer hinnehmen. Wurden Pellet-Heizer in den letzten Jahren mit relativ niedrigen und weitgehend gleichbleibenden Brennstoffpreisen gesegnet, so schoss der Preis seit Oktober 2021 massiv in die Höhe – von 220 Euro auf deutlich mehr als 350 Euro je Tonne Pellets. „Da setzt man auf regenerative Energie beim Hausbau und dann sowas“, schimpfte unlängst ein Leser gegenüber dieser Zeitung.
Martin Bentele vom DEPV kennt den Grund für die Preisexplosion. „Der Pelletpreis orientiert sich nicht, wie vielfach behauptet, am Preis der fossilen Brennstoffe“ erklärt der Geschäftsführer und verweist darauf, dass Pellets gegenüber Heizöl in den vergangenen zehn Jahren knapp 30 Prozent günstiger waren. Der Pelletpreis werde stattdessen vor allem von der Verfügbarkeit und dem Preis der Sägeresthölzer, also Holzspänen und Hackschnitzel, beeinflusst, so Bentele.
Die hohe Holznachfrage der USA aus Deutschland im ersten Halbjahr 2021 habe zu deutlich mehr Holzspänen und somit „zu einem außerordentlich niedrigen Pelletpreis bis Mitte des Jahres 2021“ geführt. „Im zweiten Halbjahr brach die USA-Nachfrage sowie der Schnittholzpreis ein, und auch am deutschen Markt war Bauholz plötzlich nicht mehr sonderlich gefragt.“ Das Ergebnis: Die Sägewerke fuhren die Holzeinschnitte, also die Bearbeitung, drastisch zurück, so dass weniger Späne verfügbar waren. Der Preis schoss in die Höhe.
„Der Pelletpreis wird wieder zurückgehen“
Bentele ist für die Pelletnutzer aber optimistisch und erwartet, dass die internationale Nachfrage nach Bauholz wieder steigen wird. Ein Anzeichen seien die Sägewerke, die beim Einschnitt bereits aktiv seien. „Wir rechnen spätestens mit Frühjahrsbeginn 2022 mit einer Normalisierung der Lage“, erklärt der Geschäftsführer. „Der Pelletpreis wird dann auch wieder zurückgehen. Auf welches Niveau kann heute niemand sagen.“ Gleichwohl liege der Pelletpreis noch immer deutlich unter dem von Öl und Gas. Bentele gibt Verbrauchern noch einen Tipp: Pellets sollte man wieder verstärkt im Sommer einlagern. Das sei wegen der oft gleichbleibenden Preise zuletzt vernachlässigt worden.
Wirtschaftlichkeit ist das eine – die Nachhaltigkeit von Pellets das andere. Energieberater Hans-Joachim Horn von der Energieagentur Kreis Konstanz mit Sitz in Radolfzell verweist auf die CO2-Neutralität von Pellets. Denn „sie geben nur das CO2 wieder in die Atmosphäre ab, das im Wald zuvor gespeichert wurde“ sagt Horn im Gespräch mit dieser Zeitung. In der Erde dauerhaft gebundenes CO2 werde dabei eben nicht freigesetzt.
Neben der Wärmepumpe, die nur dann ökologisch wirklich nachhaltig sei, wenn sie überwiegend über den hauseigenen Solarstrom oder wenigstens mit Bezugsstrom aus zusätzlich gebauten klimafreundlichen Erzeugungsanlagen betrieben wird, gehöre die Pellet-Heizung hinsichtlich der Klimabelastung zur umweltfreundlichsten Wärmeerzeugung. Wobei Horn für die Feinstaubentwicklung einschränkt: „Da würde ich besonders im städtischen Bereich den Einbau eines Feinstaubfilters empfehlen.“
Auch rein technisch sieht er große Vorzüge, „insofern sich mit Holzpellets die Heizung völlig automatisch befeuern lässt, ähnlich wie mit Öl und Gas, nur eben klimaneutral“. Der Wartungsbedarf sei aber höher. „Wir haben sehr viele Kunden, die sich auf eine Holzpelletheizung eingelassen haben, und sehr zufrieden damit sind.“
Das hänge ab von der Technik, dem Handwerker und der Qualität der Pellets. Als Beispiel verweist er auf ein Haus in Allensbach am Bodensee, das vor acht Jahren hochwertig saniert wurde. „Dort wurde ein Pelletsystem eingebaut. Der Hausbesitzer braucht so wenig Wärme in seinem Haus, dass er das mit Sackware befeuert.“
Statt einen großen Vorrat zu halten, kaufe der Eigentümer jährlich eine Palette voll mit etwa 60 Säcken zu jeweils 15 kg Holzpellets und befüllt seine Anlage damit. „Dadurch spart er sich Bau und Betrieb von Lager und Fördersystem.“ Denn das braucht Platz. Um nämlich den Pellet-Vorrat zu verstauen, braucht man einen kleinen Raum etwa im Keller, einen kleinen Anbau oder einen unterirdischen Behälter wie früher den Öltank.
Was zudem für eine Pelletheizung spricht, ist die staatliche Förderung, die derzeit fließt, wenn man eine alte Öl- oder Gasheizung durch eine moderne Pelletheizung ersetzen will. Matthias Rauch von der Klimaschutz- und Energieagentur (Kea) verweist auf das Langfrist-Förderprogramm des BaFa (Bundesamt für Wirtschaft- und Ausfuhrkontrolle), wonach der Bund bis zu 45 Prozent, in besonderen Fällen sogar bis zu 55 Prozent der Investitionskosten übernimmt. Die Zuschüsse beziehen sich auf die Sanierung von Altbauten, in denen der Einsatz von Wärmepumpen – anders als bei Neubauten – keinen Sinn macht.
Die Investitionskosten einer Pelletheizung liegen bei mindestens 20.000 Euro
Freilich hat auch eine Pelletheizung ihren Preis. Der ist etwa doppelt so hoch wie die Investitionskosten für eine Ölheizung. Horn sieht hier 20.000 Euro bei der Investition eher als untere Grenze. Ausschlaggebend sei auch die Frage, wie umfangreich die Anlage sein muss, etwa wenn ein Pelletlager gebaut werden muss. Und er beobachtet zudem, „dass die Kosten in Kombination mit der Förderung gestiegen sind“. An der Förderung verdienen also viele.