Brot, Butter, Milch und Fleisch – alles ist teurer geworden. Der Anstieg der Energiepreise, der Ukraine-Krieg und Lieferkettenprobleme haben die Inflation im Juni auf 7,9 Prozent steigen lassen. Das ist der höchste Wert seit der Ölkrise Mitte der 1970er-Jahre.
Der Preisanstieg hat sich auch auf die Ausgaben vieler Verbraucher in Südbaden ausgewirkt. Aber wie ergeht es den Menschen mit den steigenden Lebensmittelpreisen? Und welche Auswirkungen hat das auf ihr Leben?
Wiebke Hoffmann (43) aus Konstanz
„Ich bin Mutter von zwei Kindern. Seitdem die Preise merklich gestiegen sind, kaufe ich für uns nur noch das ein, was wir auch wirklich brauchen. Das heißt: bewusster und mehr regional. Produkte wie Fleisch oder Milchdrinks für die Kinder fallen jetzt eher weg. In Finanznot sind wir aber nicht geraten. Ich gehe weiterhin zum Wochenmarkt und nicht zum Discounter. Das ist mir wichtig wegen der Qualität der Produkte.
Trotz Inflation bin ich mir sicher, dass es immer einen Weg gibt, wie man sein Leben finanziert. Ich habe neulich auch passend dazu gelesen: ‚Die Welt geht sowieso unter – warum nicht dabei lächeln?‘ Aber mein Mann und ich, wir sind beide berufstätig. Vielleicht haben wir da auch nur leicht reden.“
Sophie Baum (24) aus Steißlingen
„Seitdem die Preise so hoch sind, gehen mein Freund und ich fast gar nicht mehr in den Supermarkt und sind auf die App ,Hello Fresh‘ umgestiegen. Dort werden uns per Post wöchentlich Pakete mit vorbereiteten Zutaten und einem Rezept zugeschickt. Das ist genau die Menge, die wir auch brauchen, und so müssen wir auch weniger wegwerfen. Die ganzen Postlieferungen verursachen vielleicht einen höheren CO2-Fußabdruck, aber es hat einfach so viele Vorteile und ist auch günstiger.
Außerdem mag ich es auch nicht sonderlich, nach de Arbeit noch in den Supermarkt zu gehen, jetzt umso weniger, weil es so teuer geworden ist. Ich habe eben gesehen, dass Blaubeeren mehr als vier Euro pro Packung kosten. Das ist mir definitiv zu viel.“
Sabine Lienhard (59) aus Friedrichshafen

„Bei meinem Einkauf habe ich mich bisher noch nicht umgestellt, gehe weiterhin in Supermärkte und Bioläden. Ich achte natürlich auf Preise und Angebote, aber ich bin eine Gewohnheitskäuferin und stelle mich bisher nicht um. Als Lehrerin verdiene ich zum Glück ausreichend.
Aber ich mache mir um andere Menschen Sorgen, die weniger haben. Vom Mittelstand abwärts können viele nicht mehr den täglichen Bedarf decken. Ich helfe bei der Tafel ehrenamtlich und merke, dass immer mehr Menschen auf uns angewiesen sind. Ich habe Angst, dass die Gesellschaft dadurch weiter gespalten wird.“
Alexander Savin (31) aus Singen
„Ich bin Service-Techniker im Außendienst. Ich merke, dass ich an der Kasse seit einigen Wochen mehr bezahle. Pro Einkauf sind das etwa zehn bis 15 Euro. Ich mache seitdem eher kleinere Einkäufe und gehe weniger essen. Vielmehr ist mir die Preissteigerung aber beim Döner-Laden aufgefallen. Sonst wurde das jährlich um 50 Cent teurer. Jetzt war es auf einem Schlag gleich 1 Euro.“
Carolin Taube (52) aus Konstanz
„Ich bin Erzieherin und es macht mir Sorgen, dass die Produkte immer teurer werden. Ein Familieneinkauf kostet nun zehn bis 20 Euro mehr, je nachdem, ob meine Kinder gerade zu Besuch sind. Früher habe ich bereits immer auf die Preise geschaut, mittlerweile lese ich aber noch öfter die Prospekte, wenn sie sonntags im Briefkasten liegen, oder gehe auch mal in einen Discounter. Das habe ich früher nie gemacht. Wenn beispielsweise Kaffee im Angebot ist – so wie heute – dann greife ich gern zu.
Ich habe in meinem Bekanntenkreis auch mitbekommen, dass Menschen in die Schweiz gehen zum Arbeiten, weil das Leben ihnen hier zu teuer geworden ist. Gedanken mache ich mir auch um meine Kinder. Sie studieren gerade, werden sich aber vielleicht nie ein Haus leisten können und hohe Mieten zahlen. Und bei Ersparnissen ist es auch nicht sicher, ob das Bestand hat.“
Sven Eith (41) aus Radolfzell
„Wir sind eine vierköpfige Familie und wir merken die Preissteigerungen an Produkten wie Butter, Milch oder Schinken. Die hohen Preise ziehen sich eigentlich durch den ganzen Einkauf. Aber was soll ich machen? Das ist eine Spirale und ich kann nichts dagegen tun.
Auswirkungen auf unsere finanzielle Situation hat es noch nicht. Wir haben dieses Jahr Urlaub gemacht wie immer. Vielmehr können wir bei den Kosten für Benzin einsparen. Wir haben uns alle ein 9-Euro-Ticket gekauft und haben damit auch schon so manchen Familienausflug gemacht.“
Christoph Glückert (53) aus Konstanz
„Die Preissteigerungen sind ein schleichender Prozess. Mittlerweile gehen meine Frau und ich seltener essen, aber an Lebensmitteln sparen wir nicht. Wir legen großen Wert auf gute Qualität und daran wollen wir nicht sparen. Außerdem kochen meine Frau und ich gern. Das ist ein gemeinsames Hobby. Früher haben wir unbewusster eingekauft, heute vergleichen wir mehr Preise und greifen auch mal bei einer Rabattaktion zu.
Insgesamt habe ich gemerkt, dass Gemüse und Obst teurer geworden ist, dabei leben wir in einer Region, wo ja viel selbst angebaut wird. Im Gegensatz zu Lebensmitteln sparen wir dagegen bei Ausgaben rund um das Auto. Wir gehen auch mal zu Fuß oder fahren mit dem Fahrrad.“
Lucia Brehm (61) aus Friedrichshafen
„Ich bin Erzieherin, mein Mann ist Frührentner. Wir merken die Inflation an der Kasse. Vergangenen Freitag habe ich Fleisch gekauft für zwei Wochen, das war sehr teuer. Ich achte beim Einkaufen immer auf die Preise, ob es Angebote gibt. Auf den Wochenmarkt gehen wir nur noch selten. Ich überlege oft: Brauche ich das wirklich, würde auch weniger reichen? Aber mir ist es wichtig, trotzdem frisches Obst bei Lidl oder Fleisch vom Metzger zu kaufen.
Im Moment mache ich mir keine Sorgen um uns, wir sind zu zweit und kommen mit dem Geld aus – obwohl wir unseren erwachsenen Kindern immer wieder unter die Arme greifen. Ich bin es außerdem gewohnt, auch mit weniger auszukommen, wir hatten früher nicht viel Geld. Aber ich fürchte, viele jüngere Menschen sind Einschränkungen nicht mehr gewohnt. Viele kennen das gar nicht mehr und werden unruhig. Ich weiß nicht, wie die damit klarkommen sollen.“
Samuel Grösch (23) aus Friedrichshafen
„Ich merke die gestiegenen Preise vor allem beim Obst und Gemüse. Mein Wocheneinkauf ist dadurch um 20 Euro teurer geworden. Ich esse sehr wenig Fleisch, ansonsten würde ich die Inflation noch stärker spüren. Noch verzichte ich auf keine Lebensmittel, kaufe auch weiterhin Bio ein, weil mir gutes Essen sehr wichtig ist.
Ich mache mir aktuell noch keine Sorgen, meine Eltern unterstützen mich finanziell und ich verdiene mir neben dem Studium etwas dazu – damit komme ich gut aus. Ich denke, andere Menschen sind da deutlich schlimmer betroffen. Aber ich werde im September nach London ziehen, dort sind die Preise noch einmal ganz anders. Das macht mir etwas Angst.“
Andreas Schwarz (59) aus Singen
„Ich arbeite als Produktmanager in der Textilbranche. Ich schaue mit Sorge in die Zukunft: Die Preise steigen, die Löhne aber nicht. Entweder es landet weniger im Korb oder man gibt mehr an der Kasse aus. Meine Einkäufe sind in den vergangenen Monaten um etwa 20 Prozent teurer geworden. Mir fällt das besonders bei Gebäck auf und wenn ich an der Käse oder an der Wursttheke stehe. Früher hat Hartkäse 1,99 Euro gekostet. Heute sind das einfach 2,99 Euro!
Früher habe ich nie auf Angebote geschaut, seit einigen Monaten ist das aber anders. Mittlerweile kaufe ich auch nicht mehr nur bei Edeka, sondern gehe auch mal zu Aldi. Um günstiger zur Arbeit zu kommen, habe ich mir auch das 9-Euro-Ticket gekauft. Jeden Tag 30 Kilometer von Singen nach Konstanz – dafür ist das momentan einfach zu teuer.“
Aufgezeichnet von Cian Hartung und Mario Wössner