Die Schweiz ist attraktiv – und die Gründe, dorthin auszuwandern, vielfältig. Das sagt zumindest Roman Welzk: „Viele Familien kommen finanziell nicht mehr auf einen grünen Zweig, meine jüngere Zielgruppe wandert aus, um mehr verdienen zu können“, sagt der YouTuber und Blogger, der es sich nebenberuflich zur Aufgabe gemacht hat, Auswanderer aus Deutschland bei ihrem Gang in die Schweiz zu unterstützen.

Er selbst hat 2019 den Schritt ins Nachbarland gewagt, als man ihm bei einem Bali-Urlaub von höheren Netto-Gehältern im Pflegesektor erzählt hat. Ist man in der Schweiz finanziell also wirklich so viel besser dran? Roman Welzk sagt: „Ja.“

Unterschiedliche Steuerbelastungen in der Schweiz

Wie viel Netto bleibt also wirklich vom Brutto in beiden Ländern?

Um einen möglichst direkten Vergleich anzufertigen, wurden sich zwei stereotypische Fälle angeschaut.

  • Person A ist ledig, 25 Jahre alt, konfessionslos und kinderlos.
  • Person B ist verheiratet, 45 Jahre halt, evangelisch und hat zwei Kinder.

Da in der Schweiz die Steuerbelastung je nach Gemeinde und Kanton unterschiedlich aussehen kann, wird von einem Wohnort in Basel-Stadt ausgegangen. Denn dort wohnt Roman Welzk.

Ein Physiotherapeuten als Beispiel

Beim Brutto-Gehalt lässt sich Roman Welzk, der als angestellter Physiotherapeut in Basel arbeitet, in die Karten schauen. Zwar nicht ganz, da er seinen genauen Lohnzettel nicht zeigen kann, aber er sagt: „Das Mediangehalt liegt bei rund 6153 Franken im Monat.“ Das wären, Stand Anfang August, rund 6538,76 Euro.

Gehaltsabrechnungen in der Schweiz

Anders als in Deutschland wird die Steuer nicht monatlich direkt abgezogen, sondern gegen Ende des Jahres mit der Steuererklärung selbst angegeben. Diese Steuerbelastung wird vom Bruttolohn abzüglich der Sozialbezüge berechnet – also auf Basis des sogenannten steuerbaren Einkommens. Die Sozialabgaben sind in der Schweiz einheitlich geregelt und werden je zur Hälfte vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer gezahlt.

Außerdem sind in den Rechenbeispielen die maximalen Abzüge von etwa Berufsauslagen (etwa Fahrtkosten zur Arbeitsstelle) oder Versicherungsprämien der Krankenkasse bei der Netto-Rechnung enthalten.

Nettogehalt der ledigen Person in der Schweiz:

So könnte das Nettogehalt bei Person A in der Schweiz aussehen:

Bruttogehalt: 6153 Franken (6538,79 Euro)
Sozialabgaben: 556,50 Franken
Steuerbares Einkommen: 5596,50 Franken (5948,02 Euro)

Das ergibt ein steuerbares Einkommen von 67.158 Franken im Jahr. Die Steuerlast liegt im Beispiel bei 9001 Franken im Jahr, monatlich also rund 750,08 Franken.

Das ergibt ein Nettogehalt von 4846,42 Franken (5153,41 Euro). Zu bezahlen ist davon dann noch die Krankenkassenprämie, deren Umfang wählbar ist. Die Kosten liegen meist zwischen 200 und 500 Franken pro Monat.

Das Netto der ledigen Person in Deutschland:

Bei Person A, der ledigen Person, mit Steuerklasse I könnte der Lohnzettel so aussehen:

Bruttogehalt: 6538,76 Euro
Lohnsteuer: 1295 Euro
Sozialabgaben: 1296,65 Euro
Netto: 3946,35 Euro

Auch nach Abzug der Krankenversicherung vom Schweizer Nettogehalt bleiben hier in der Schweiz also monatlich bis zu 1000 Euro mehr vom Brutto.

Nettogehalt der verheirateten Person in der Schweiz

So könnte das Nettogehalt bei Person B aussehen: Das Paar hat Kinder im Alter von drei bis fünf Jahren, der 40-jährige Ehepartner verdient gleich viel.

In der Schweiz gibt es kein Ehegatten-Splitting wie in Deutschland. Bei verheirateten Ehepartnern wird das gemeinsame Einkommen versteuert. Das kann sich je nach Einkommen und Wohnort positiv oder negativ auswirken. Deshalb haben wir in unserer Modellrechnung die Steuern einfach durch zwei geteilt.

Bruttogehalt: 6153 Franken
Sozialabgaben: 714,42 Franken
Steuerbares Einkommen: 5438,58 Franken, ergibt 65.263 Franken für Person B im Jahr.

Für beide Ehepartner zusammen würde das eine jährliche Steuerbelastung von 14.032 Franken ergeben, einfach geteilt durch zwei wäre das für Person B demnach eine Last von 7016 Franken, monatlich 584,66 Franken.

Das ergibt ein monatliches Nettogehalt von 4853,92 Franken (5159,69 Euro). Davon geht dann zusätzlich noch die Krankenkassenprämie ab. Kinder müssen dabei extra versichert werden, was meist zweistellige Euro-Beiträge im Monat kostet.

Das Netto der verheirateten Person in Deutschland:

Bei Person B, der verheirateten Person, wird von Steuerklasse III und einem halben Kinderfreibetrag pro Kind ausgegangen. So könnte der Lohnzettel aussehen:

Bruttogehalt: 6538,79 Euro
Kirchensteuer: 45,69 Euro
Lohnsteuer: 795 Euro
Sozialabgaben: 1249,87 Euro
Nettogehalt: 4448,20 Euro

Rechnet man auch hier wieder vom Schweizer Netto die noch zu bezahlende Krankenversicherung auch für die Kinder ab, dürften im günstigsten Fall in der Schweiz rund 400 Euro mehr vom Brutto bleiben.

Noch gar nicht einberechnet ist dabei, dass für vergleichbare Jobs das Lohnniveau in der Schweiz ohnehin meist deutlich höher liegt als in Deutschland, also auch das Bruttogehalt noch höher liegt. Der Sprung im Vergleich zum deutschen Gehalt ist damit noch höher.

Und Roman Welzk‘ Fazit nach sechs Jahren Schweiz? „Für Singles oder nicht verheiratete Paare ohne Kinder rentiert sich das Leben hier unglaublich.“ Laut ihm könnten diese in kurzer Zeit ein Vermögen aufbauen und „ihr Leben komplett verändern“.

Anders sehe es laut Welzk eben für verheiratete Paare mit Kinder aus: Durch hohe Betreuungskosten und die unfairen Steuer- und Pensionsmodelle verliere man unzählige Vorteile. Laut Welzk müsse man sich also entscheiden: Familie oder Geld. „Zum Glück darf dies jeder für sich selbst entscheiden und wird, ob verheiratet oder nicht, von der weltweit höchsten Lebensqualität profitieren, die ein Land bieten kann“, findet zumindest Welzk.