Beinahe prophetisch wirkt er, der erste Eintrag des SÜDKURIER-Corona-Tickers. „Beginn einer Epidemie“, lauten die ersten drei Worte, die am 27. Februar 2020 den Auftakt für das Format bildeten, das bis heute stetig aktualisiert wird. Die so begonnene Meldung verkündet dann, dass es bisher elf Fälle gebe – in ganz Deutschland.
Ahnte die SÜDKURIER-Redaktion damals also schon, was uns allen bevorstehen würde? Natürlich nicht. In derselben Meldung beteuert etwa Landes-Sozialminister Manne Lucha, es gebe keinen Grund zur Aufregung wegen Corona. Heute wissen wir zwei Dinge: Es hätte durchaus einen Anlass dafür gegeben. Und wenn Manne Lucha bei etwas Entwarnung gibt, besteht eigentlich Grund zu größter Aufregung.
Am Anfang stand die Ungewissheit
Nun besteht zumindest in dieser Sache aber kein Anlass für Spott über den Minister. Denn auch die SÜDKURIER-Redaktion fragte sich: Lohnt sich dieser Ticker überhaupt? Werden sich nicht die ersten Verdachtsfälle – sie tauchten im Schwarzwald-Baar-Klinikum auf – bald als Luftnummern entpuppen und die Sache im Sande verlaufen? Wäre es nur so gekommen und unser Ticker ein Flop geworden!

Und obwohl manche der ersten Ticker-Meldungen noch kurios harmlos klingt (“Kirchen raten von Handschlag ab“), zeigt sich doch schon in den ersten Tagen die Dynamik der Lage. Am 3. März gibt es erste bestätigte Fälle in der Region, im Kreis Lörrach und im Bodenseekreis, wo der Vater ein Friedrichshafener Schülerin erkrankt.
Aus zehn Fällen in Deutschland werden schnell 200 im Südwesten
Bis 8. März werden aus elf Fällen in Deutschland allein 200 in Baden-Württemberg, der erste Todesfall eines Deutschen wird gemeldet, in den Supermärkten wird gehamstert. Gleichzeitig findet am 9. März noch ein Heimspiel des VfB Stuttgart statt – vor vollen Rängen. Auch hier ahnte keiner, dass es das bis heute letzte Spiel in einem komplett gefüllten deutschen Stadion sein sollte. Am 19. März stirbt der erste Patient in der Region, ein 80-Jähriger aus dem Kreis Sigmaringen.

Danach machte der Ticker alles mit, was da so kommen sollte. Lockdown I, Grenzschließungen, Lockerungen, Grenzöffnungen, unendlich viele Regeländerungen, Querdenker, Impfhoffnungen, Lockdown II – und alles, was uns noch bevorsteht.
Tag für Tag mit dem Ticker
Und immer wieder bestückt die Online-Redaktion den Ticker neu, sechzehn Stunden am Tag, von 7 bis 23 Uhr. Über fünf Millionen mal wurde der Ticker bisher aufgerufen.
Und manch ein Besucher mag dabei in eine Lage geraten sein, die man als Tickeritis bezeichnen könnte – das dauerhafte Verlangen, immer wieder neu den Ticker aufzurufen. In der stetigen Hoffnung, dass auch einmal gute Nachrichten oder doch zumindest neue schlechte darin auftauchen.
Die Tücken des Tickers
Denn eines darf man nicht vergessen: In einem Ticker wirkt jede Meldung ähnlich, große Entscheidungen neben kleinen Meldungen, alles findet in wenigen Zeilen statt. Zahlen über Zahlen werden verkündet – und zwischen 100 und 1000 Toten scheint plötzlich nur eine 0 mehr zu liegen und nicht das Schicksal von 900 Menschen.
Auch deswegen ist der Ticker immer nur ein Teil der SÜDKURIER-Berichterstattung, die sich daneben um Hintergründe, Zusammenhänge und Orientierung im Corona-Regelchaos bemüht.
Jubeltag Ticker-Ende
Nun geht der Ticker also in sein zweites Jahr. Sie können uns glauben: Gefeiert wird das nicht. Das wird zu einem anderen Anlass nachgeholt – wenn wir den Ticker beenden können. Nicht, weil wir ihn ungern befüllen. Sondern weil dann, endlich, endlich Corona seinen Schrecken verloren haben wird. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Tag kommen wird, bevor ein weiteres Ticker-Jubiläum zu verkünden ist.
Das Ticker-Jubiläum ist auch ein Anlass, Bilanz zu ziehen: Was gefällt Ihnen am Ticker, was nicht, welche zusätzlichen Inhalte wünschen Sie sich? Schreiben Sie uns gerne unter: online-redaktion@suedkurier.de