Im pakistanischen Karakorum-Gebirge, wo die frühere Biathletin Laura Dahlmeier mit 31 Jahren ums Leben gekommen ist, wurden viele alpinistische Großtaten vollbracht: Hier eroberte ein italienisches Bergsteiger-Duo 1954 den zweithöchsten Gipfel der Erde, den K2 (8611 Meter). Hier fanden aber auch Helden des Alpinismus den Tod, wie der Pole Maciej Berbeka 2012 am Broad Peak (8047 Meter), dem schroff aufragenden Schicksalsberg, der schon viele Opfer gefordert hat.
Wie ein Haifischzahn
Der 6096 Meter hohe Laila Peak besticht weniger durch seine Höhe als durch die Form eines Haifischzahns, der spitz in den Himmel ragt.

Spezialisten wie der Konstanzer Bergsteiger Bernd Kern (70) sprechen von einer besonders steilen Herausforderung. Kern kennt die Gefahren, die dort lauern. Vor 20 Jahren bestieg er im Karakorum den Gipfel des Spantik (7027 Meter), und 2007 gelang ihm dort mit seinem Team die Erstbesteigung zweier 5000er, die „Baden Sar“ und „Constanzia Sar“ getauft wurden.
Für Kern steht fest, dass der Grund für den Absturz und Tod von Laura Dahlmeier nicht direkt am Berg zu suchen ist: „Der Klimawandel ist ihr zum Verhängnis geworden“, sagt der Konstanzer auf Anfrage dem SÜDKURIER.
Er verweist auf die extreme Hitze, der der indisch-pakistanische Subkontinent inzwischen ausgesetzt ist, wo im Sommer Temperaturen von um die 50 Grad erreicht werden. „Das verschiebt die Permafrostgrenze im Gebirge immer weiter nach oben“, sagt Kern.

Steinschläge werden häufiger
Unterhalb dieser Grenze schmilzt das Eis in den Felsspalten. Da der Permafrost im Gestein wie Kitt wirkt, werden die Massen nicht mehr vor dem Abstürzen bewahrt. Es folgen Steinschläge, Felsabgänge und Hangrutschungen, wie sie seit Jahren vermehrt auch in den Alpen vorkommen.
Das traf vor einigen Jahren auch einen Freund von Bernd Kern. Er kam in den Schweizer Alpen bei einem Steinschlag ums Leben. Gegen diese Bedrohung sind die Kletterer so gut wie machtlos. Sie können in der Wand nicht davonlaufen und sich in Sicherheit bringen. Auch der Sturzhelm bietet dann nur einen marginalen Schutz.
Vom Monsun abgeschottet
Für Extremkletterer bietet das Karakorum-Gebirge laut Kern den Vorteil, dass es in den Sommermonaten vom Monsun abgeschottet ist. Das trifft auf den Himalaya in Indien und Nepal nicht zu, wo die tropisch-feuchten Luftmassen vom Süden her anbranden und zwischen Mai und September für die Regenzeit sorgen.
Doch die Risiken steigen mit der Höhe. Das hat auch Bernd Kern im Karakorum erfahren müssen. 2012 scheiterte eine Expedition am Passu Peak (7284 Meter). „Der Eisbruch, den wir passieren mussten, erwies sich als viel zu gefährlich“, berichtet Kern von der Stelle, wo ein Gletscher durch Gefälle in viele Schollen zerbricht. Sein Kamerad Hans Wölcken, mittlerweile verstorben, stürzte damals ab und musste verletzt von einheimischen Trägern zwei Tage lang ins Tal transportiert werden.
Nach Einschätzung Kerns war Laura Dahlmeier der Herausforderung am Laila Peak gewachsen, zumal sie es kurz zuvor auf den Granit-Zahn des Trango Tower (6287 Meter) geschafft habe. „Sie war in der Lage, an nur einem Tag auf den Laila Peak und wieder herunter zu kommen“, sagt der Experte. Vom Basislager in rund 4500 Meter geht es 1500 Höhenmeter aufwärts und das mit einer respektablen Neigung von 45 Grad.
Flaschensauerstoff müssen die Alpinisten dabei nicht mitführen. „Wenn man gut akklimatisiert ist, besteht kein Problem, diese Tour zu machen“, sagt Bernd Kern. Zudem ist es für Extremsportler wie Dahlmeier ein ungeschriebenes Gesetz, auf Flaschen und Atemgeräte möglichst zu verzichten und damit der von Reinhold Messner (80) in den 1980er-Jahren begründeten Absage an künstliche Atemluft zu folgen.
„Gipfel der Schönheit“
Allerdings braucht es dafür körperliche Fitness und gutes alpinistisches Können. Der Bergführer Stephan Göbel wirbt auf seiner Website für eine Tour auf den Laila Peak als „Gipfel der Schönheit im Herzen Karakorums“. Für die gesamte Reise sind etwa drei Wochen einzuplanen, davon stehen etwa zehn Tage für den Gipfelsturm zur Verfügung.