dpa/lsw

Er lebte alleine in einer verwahrlosten Eigentumswohnung und im Dauerstreit mit anderen Hausbewohnern. Dann baute der Mann eine lebensgefährliche Falle: Er setzte nach Auffassung eines Gerichts seinen Rollator und einen Einkaufswagen vor der eigenen Wohnungstüre unter Strom, um eine ihm besonders verhasste Nachbarin auf heimtückische Weise zu töten. 

Ein knappes Jahr nach der Tat ist nun vor dem Freiburger Landgericht das Urteil im Strafprozess gefallen: Der 61-jährige Angeklagte bekam wegen versuchten Mordes vier Jahre Haft.

Der Mann habe es mit der unter Strom gesetzten Konstruktion billigend in Kauf genommen, die Nachbarin vom zweiten Obergeschoss zu töten, resümierte der Vorsitzende Richter Arne Wiemann. Mit der Frau habe es lange Streit um den Supermarktcaddie auf dem Hausflur gegeben. «Gott sei Dank ist nichts passiert», sagte der Jurist. Das Gericht blieb etwas unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die für viereinhalb Jahre Haft plädiert hatte. 

Auch Kinder waren gefährdet 

Auch andere Bewohner des Mehrfamilienhauses in Denzlingen nördlich von Freiburg seien mit der Stromfalle gefährdet worden, sagte der Vorsitzende Richter. Er erinnerte daran, dass an dem Tag der Tat im Juli vergangenen Jahres ein Kindergeburtstag im Haus gefeiert wurde. 

Der Angeklagte sitzt in Untersuchungshaft, er wurde in einem Rollstuhl in den Gerichtssaal gefahren. Er nahm das Urteil gefasst auf. Es ist bisher nicht rechtskräftig - innerhalb einer Woche kann Revision eingelegt werden. Der Anwalt des Angeklagten, Robert Phleps, sagte am Rande, es sehe nach einer Revision aus - endgültig entschieden sei es aber bisher nicht. 

Der nicht vorbestrafte Angeklagte hatte vor Gericht eingeräumt, er habe der Frau in dem Nachbarschaftsstreit einen Stromschlag versetzen wollen. Er habe aber nicht die Absicht gehabt, sie zu töten. Nur «Vollidioten» würden gleichzeitig einen Rollator und einen Einkaufswagen berühren, hatte er ausgesagt. 

Rollator und Caddie standen vor der Wohnungstür 

Der Rollator und der Caddie standen laut Gericht zusammengeschoben vor der Türe. Ein lebensgefährlicher Stromschlag habe bei gleichzeitigem Berühren bestimmter Stellen des Rollators und des Einkaufswagens gedroht. 

Der Angeklagte hatte eingeräumt, zu nächtlicher Stunde das Stromkabel angebracht und mit einer Steckdose in seiner Wohnung verbunden zu haben. Dann habe er Gewissensbisse gehabt und schon gegen 4 Uhr morgens wieder den Stecker gezogen. Die Kammer des Gerichts kam jedoch zu dem Schluss, dass die Stromfalle tagsüber weiterlief. Letztlich sei die alarmierte Feuerwehr eingeschritten. 

Der Richter ermahnt den Angeklagten

Das Gericht kam zu dem Schluss, das der Angeklagte den Tod anderer Hausbewohnerinnen und Hausbewohner zwar nicht billigend in Kauf genommen habe, diese jedoch grob fahrlässig in erhebliche Gefahr gebracht zu haben. 

Es gebe beim Angeklagten den Verdacht einer Persönlichkeitsstörung. Er habe eine erhebliche kriminelle Energie gezeigt. «Das muss man erstmal machen», sagte Richter Wiemann mit Blick auf die Tat. Eine Rückkehr in die eigene Wohnung nach dem Verbüßen der Haftstrafe sei eine schlechte Idee, sagte er mahnend zu dem regungslosen Angeklagten. «Das sollten Sie möglichst nicht tun.»