Was ist die Idee hinter der Kontaktnachverfolgung?

Wenn sich eine Person mit Corona infiziert, ist sie meist schon ansteckend, bevor sich Symptome zeigen. Alle Menschen, die sie in dieser Zeit trifft, könnten sich also unbemerkt angesteckt haben. Die Gesundheitsämter versuchen daher, möglichst schnell alle Kontakte jedes Infizierten zu sammeln, zu bewerten und zu informieren – und wenn notwendig in Quarantäne zu setzen. Gelingt das zuverlässig, bremst das das Tempo der Ausbreitung deutlich.

Welche Typen von Kontaktpersonen gibt es?

Kontaktpersonen der Kategorie eins hatten längeren, direkten Kontakt zu einer positiv getesteten Person. Das heißt: länger als 15 Minuten, ununterbrochen und mit geringem Abstand oder in einem geschlossenen Raum. Für diese Kontaktpersonen gilt ein erhöhtes Infektionsrisiko, für sie wird Quarantäne angeordnet. Bei Personen der Kategorie zwei war der Kontakt kürzer oder weniger risikoreich, weil etwa der Abstand größer war oder durchgehend ein Mund-Nasen-Schutz getragen wurde. Hier wird keine Quarantäne angeordnet, aber empfohlen, dass sie wiederum ihre eigenen Kontakte reduzieren und verstärkt auf Symptome achten.

Warum hapert es derzeit bei der Kontaktnachverfolgung?

Das hat mehrere Gründe. Da ist zum einen die schiere Menge an neuen Fällen, die eine noch größere Menge von Kontakten nach sich zieht. Außerdem ist in vielen Fällen nicht nur ein Gesundheitsamt beteiligt, sondern Ämter aus verschiedenen Landkreisen, Bundesländern oder sogar im Ausland. Es gibt keinen automatisierten Austausch von Daten, etwa über eine zentrale Datenbank. Daher muss in jedem neuen Fall erneut die Information zwischen den Ämtern ausgetauscht werden, oft über analogen Weg wie Telefon oder Fax. Das kostet viel Zeit und ist anfällig für Fehler.

Was schlagen Experten vor?

Neben mehr Personal und besseren technischen Möglichkeiten wird vor allem diskutiert, nicht mehr jeden einzelnen Kontakt nachzuverfolgen, sondern sich auf größere Ausbruchsherde (“Cluster“ wie etwa Familienfeiern oder Veranstaltungen) oder besonders gefährdete Gruppen (z.B. Altenheime) zu konzentrieren.

Warum soll es sinnvoll sein, sich auf die Cluster zu konzentrieren?

Bei einem Cluster kann auf einen Schlag eine Vielzahl von Infektionsketten entstehen, sie sind oft für den sprunghaften (exponentiellen) Anstieg von Infektionszahlen verantwortlich. Daher kommt ihnen einen besondere Bedeutung zu. Experten wie SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach oder der Virologe Christian Drosten schlagen vor, bei Verdacht alle Personen eines Clusters in Quarantäne zu schicken, auch wenn nur eine Person positiv getestet wurde. Dafür fehlt derzeit aber die rechtliche Grundlage, wie etwa Ute Teichert feststellt, Bundesvorsitzende der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes.

Was kann ich als Einzelperson in der aktuellen Lage tun?

Experten empfehlen, ein Kontakttagebuch zu führen – mit Namen, Kontaktdaten, Dauer und Art aller Begegnungen. Dann hat die Informationen sofort zur Hand, falls man sie braucht, verliert keine kostbare Zeit und vergisst niemanden. Auch jetzt die eigenen Kontakte zu reduzieren hilft, genauso wie Maske zu tragen, keine falschen oder unvollständigen Daten etwa in Restaurants anzugeben, bei den geringsten Symptomen zu Hause zu bleiben, die Corona-Warn-App zu verwenden und eine angeordnete Quarantäne auch wirklich einzhalten.