Für Menschen mit der Glutenunverträglichkeit Zöliakie ist es immer wieder der gleiche, unangenehme Ablauf: Bevor man in einem Restaurant Platz und dann die Speisekarte in Empfang nimmt, wird der Servicekraft mit bangem Blick die alles entscheidende Gretchenfrage gestellt: Haben Sie auch glutenfreie Speisen?

Bis vor gar nicht allzu langer Zeit erhielt man nicht selten solche eher verstörenden Antworten: „Nee, Glutamat verwenden wir eh nicht“ oder: „Bei uns ist alles in Bio-Qualität“ oder: „Keine Sorge, unser Brot ist Vollkorn“. Diese Antworten gehen jedoch ziemlich weit an der Frage vorbei. Doch die Zeiten haben sich glücklicherweise grundlegend geändert – mittlerweile weiß so gut wie jeder Mitarbeiter der Gastronomie, was Gluten ist und in welchen Speisen dieses natürliche Eiweiß vorkommt.

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Noch mehr Betroffene als gedacht?

Die Zöliakie, umgangssprachlich als Glutenunverträglichkeit bezeichnet, ist nämlich längst zu einer Volkskrankheit geworden – was auch und vor allem daran liegt, dass sie mittlerweile bekannt ist und bei anhaltenden Verdauungsproblem direkt danach gesucht wird. Bis vor einigen Jahren ging man davon aus, dass im Durchschnitt etwa einer von 1000 Menschen in Deutschland von Zöliakie betroffen ist – Tendenz steigend. Neuere Screening-Untersuchungen zeigen laut des Deutschen Allergie- und Asthmabundes aber, dass die Häufigkeit bei 1:200 bis 1:300 liegt.

Die menschliche Dünndarmwand ist mit Abermillionen von winzigen, haarähnlichen Ausstülpungen, den Zotten, ausgekleidet, somit hat der Dünndarm eine große Oberfläche zur effektiven Nährstoffaufnahme. Gluten zerstört diese Zotten, wodurch die Oberfläche des Dünndarms verringert wird. Bei Kindern kann diese gestörte Dünndarmfunktion zu einer Mangelernährung und zu Wachstums- und Entwicklungsstörungen führen.

Das in heimischen Getreidesorten Weizen, Dinkel, Gerste, Roggen und Hafer enthaltene Eiweiß Gluten löst Entzündungsreaktionen im Darm aus. Das Immunsystem der Betroffenen stuft das eigentlich harmlose Klebereiweiß Gluten als gefährlich ein und reagiert über, sobald betroffene Personen Gluten mit der Nahrung aufnehmen.

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Angriff auf eigene Körperzellen

Typische Symptome sind Durchfall, Blähungen und Bauchschmerzen. Zöliakie ist keine Allergie, sondern zählt zu den sogenannten Autoimmunerkrankungen. Das bedeutet, dass bei diesen Erkrankungen das Immunsystem eigene Körperzellen angreift und schädigt. Zöliakie ist nicht heilbar.

Jedoch beeinflusst eine Zöliakie die Lebenserwartung der Betroffenen nicht. Dies gilt jedoch nur, wenn auch konsequent eine glutenfreie Diät eingehalten wird und sich keine Folgeerkrankung entwickelt. Meist gehen die aufgetretenen Entzündungsprozesse bei konsequenter Ernährung innerhalb weniger Monate wieder zurück, sodass die Patienten beschwerdefrei leben können.

Welche Ursachen gibt es für eine Zöliakie?

Da der Darm lebenswichtige Elemente wie Eisen, Vitamine und Kalzium nicht richtig aufnehmen kann, können jedoch Mangelerscheinungen und Knochenschwund mögliche Folgen sein. Patienten mit einer Zöliakie, die trotzdem weiterhin Gluten zu sich nehmen, haben außerdem ein erhöhtes Darmkrebsrisiko. Die Ursachen für Zöliakie sind bisher kaum geklärt. Allerdings soll Vererbung eine gewichtige Rolle spielen, so sollen laut Gesundheitsministerium rund 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung offenbar genetisch bedingt ein etwa dreifach erhöhtes Erkrankungsrisiko haben.

Bluttests beim Arzt oder Schnelltests für Zuhause bringen schnell die Gewissheit. Bei einem positiven Befund muss man die Ernährung strikt umstellen – und auf jegliche Aufnahme von Gluten verzichten. Um ganz sicher zu gehen, muss eine Dünndarmspiegelung mit Entnahme einer Gewebeprobe, einer Biopsie, durchgeführt werden.

Mittlerweile gibt es in fast jedem Supermarkt glutenfreie Produkte und auch Restaurants bieten vermehrt glutenfreie Gerichte an.

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Franck Verras, Besitzer des französischen Restaurants Le Sud in der Konstanzer Altstadt, hat zahlreiche Stammgäste, die unter Glutenunverträglichkeit leiden – und hat sich längst darauf eingestellt. „Das ist immer öfter ein Thema“, sagt der Mann aus Nordfrankreich. „Viele Menschen fragen schon vorher, ob es glutenfreies Essen gibt und sie bedanken sich explizit dafür, dass ich das anbiete. So oft kommt das offenbar noch nicht vor“, erzählt der 54-Jährige.

Unproblematisch sind Salate, Fleisch oder Suppen ohne Weizenmehl. Verwendetes Mehl muss entweder aus den Getreidemehlsorten Hafer, Hirse, Mais und Reis, aus glutenfreiem Pseudogetreide Buchweizen, Amaranth und Quinoa oder den Hülsenfrüchten Bohnen, Linsen oder Kichererbsen sein.

Frank Kaltenbach, Besitzer des Iris Pubs Stable in Konstanz, setzt ebenfalls seit mehreren Jahren schon auf glutenfreie Gerichte. Viele Nachfragen animierten ihn dazu. „Seither kommen einige Menschen genau deswegen zu uns und sind positiv überrascht“, sagt Kaltenbach.