Als ob die Zeiten nicht schon hart genug waren. Für den kleinen Uhrenfabrikanten Hermann Schwer in Triberg kam es kurz vor Kriegsausbruch knüppelhart: Ein Feuer vernichtete Fabrik, Maschinen und Anlagen. Und anstatt von der Versicherung Geld reinholen zu können, musste Schwer auch noch in den Krieg ziehen. Dümmer hätte es nicht laufen können für ihn und seine 20 Mitarbeiter.

Nicht nur die Versicherung kam Schwer quer, und er musste drei Jahre lange seinem Geld nachlaufen. Auch die Behörden machten Ärger.
Eine Genehmigung für den Wiederaufbau gab es nur, wenn die Firma – wie viele Metallbetriebe der Region – in die Produktion von Teilen für Granaten einstieg. Dafür durfte Schwer seine Uniform wieder ausziehen.
Entmachtete Unternehmer
Die Wirtschaft im Ersten Weltkrieg war gelenkt. Denn anders hätte man diesen jahrelangen Krieg mit seinem riesigen Bedarf an Material gar nicht führen können. Behörden sagten den Unternehmern, was zu produzieren war und wie viel. Das System wurde mit dem "Hindenburg-Programm" 1916 noch weiter zentralisiert.

Nachdem am 11. November 1918 der Waffenstillstand unterzeichnet war und das Deutsche Reich damit quasi kapituliert hatte, stornierten die Kriegswirtschaftsbehörden alle Aufträge. Hermann Schwer konnte wieder handeln. Zunächst verabschiedete er sich aus der Enge der Täler seiner Heimat Triberg und zog mit seiner "Schwarzwälder Apparatebauanstalt" nach Villingen um.

Schwer kaufte ein altes Mühlen-Anwesen, das vor dem Krieg zu einem Ferien- und Landgasthaus umgebaut und dann als Lazarett genutzt worden war. "Zunächst musste er sich mit dem vorhandenen Provisorium und einigen ausgedienten Militärbaracken begnügen", erinnerte sich sein Enkel Hermann Brunner-Schwer (1929-1988), später Chef von Saba. Die Firma hielt sich mit dem Bau von Fahrradglocken, Briefwaagen, Rasierapparaten und anderen Metallwaren über Wasser.

Doch Hermann Schwer stand das Wasser bis zum Hals. Gegen große Hersteller konnte sein Kleinbetrieb nicht bestehen, die Käufer blieben weg, die Banken sagten Nein zu Krediten. Schwer musste zwei Investoren ins Boot holen und machte 1922 einen neuen Geschäftszweig auf, der mit Schwachstrom zu tun hatte: Die Herstellung von Klingeltransformatoren und Magnetspannfuttern, die im Maschinen- und Werkzeugbau gebraucht werden.

Aber so richtig zufrieden scheint Schwer nicht gewesen zu sein. Während einer Geschäftsreise nach Zürich macht er Bekanntschaft mit dem damals noch jungen Radio-Apparat. Das zündet, obwohl die Technik nach heutigen Maßstäben sehr primitiv war.
Auf der neuen Radio-Welle
Schwer stieg ein und profitierte von der wachsenden Radio-Begeisterung der Deutschen. Aufwändige Geräte gab es noch nicht. Gefragt waren daher simple Rundfunkempfänger, sogenannte Detekorenempfänger, bei denen man über Kopfhörer die Sendungen verfolgte. Schwers SABA lieferte den Radio-Enthusiasten, was sie zum Zusammenbau brauchten.

Der Aufbau eines Rundfunk-Netzes in Deutschland ab 1924 brachte SABA weiteren Auftrieb. Denn die Zahl der Hörer wuchs. Allein in Berlin waren im Februar 1925 schon 292 000 Rundfunkteilnehmer gemeldet. Bald waren es im ganzen Land rund eine Million. Und als die technische Entwicklung das Röhrengerät zum Standard machte, stand SABA in den Startlöchern.
Musik von der Schellackplatte
Parallel dazu ging im Nachbarort St. Georgen der Fortschritt weiter. Bei Gebrüder Steidinger und Perpetuum war man auf Federlaufwerke für Grammophone spezialisiert. Die Grundversorgung mit Musik aus der Konserve war (noch) nicht das Radio, sondern die Schellackplatte.

Die Drehung an einer Kurbel am Grammophons spannte ein Federlaufwerk. Das musste die gespeicherte Kraft gleichmäßig an den Plattenteller weitergeben, damit die Musik nicht leiernd rüberkam. Das war aufwändiger als es auf den ersten Blick scheint. Jürgen Weisser vom Deutschen Phonomuseum in St. Georgen erklärt die Funktion:
Wenn mit der Kurbel die Feder im Laufwerk gespannt ist (Vorsicht! Nicht überdrehen, sonst reißt sie), hört sich die alte Schellackplatte ganz passabel an. Und alles ohne Strom!
Die Rille der Platte wird nicht wie bei einem modernen Plattenspieler von einem Saphir abgetastet, sondern von einer einfachen Stahlnadel. Die muss man nach zwei abgespielten Plattenseiten wechseln, denn die Nadel wird stumpf. Aber kein Problem: Grammophon-Nadeln werden wie vor 100 Jahren im Handel angeboten.
Getriebebauer am See denken neu
Im Gegensatz zu den Schwarzwälder Uhrenfabriken wurde die Zahnradfabrik (ZF) in Friedrichshafen erst im Krieg 1915 gegründet. Damals bildete sich am Bodensee – wie man heute sagen würde – ein militärisch-industrieller Komplex.

Bis es zur Auslieferung der ersten Getriebe für den Antrieb der anfänglich gefeierten Wunderwaffe, des Luftschiffs und speziell des Zeppelins, kam, dauerte es allerdings bis 1917. Da war bereits klar, dass die empfindlichen Luftschiffe keine Kriegswende erzwingen würden.

Das lange Erproben der anspruchsvollen Zahnradtechnik bei ZF hätte die Firma fast die Anerkennung als kriegswichtigen Betrieb gekostet. Das hätte die Schließung bedeutet. Aber es gab einen Ausweg: Auch Flugzeuge, deren Bau im Ersten Weltkrieg enorme Ausmaße annahm, brauchten Getriebe. Bis Mitte 1918 war man soweit und konnte liefern. Abnehmer gab es genug. Bei der jungen Firma Dornier – die unter Leitung von Claude Dornier zum Zeppelin-Konzern gehörte – wurde in Lindau etwa der Aufklärer Cl 1 produziert.

Auch die Firma Flugzeugbau Friedrichshafen, gegründet von Theodor Kober, war für Motoren auf Getriebe angewiesen.

Alle Rüstungsgeschäfte endeten am Bodensee wie im Schwarzwald Ende 1918 abrupt. Die Aufträge wurden storniert, Flugzeuge und Bauteile an die Kriegsgegner ausgeliefert oder zerstört. Die ZF sattelte 1919 um und entdeckte das Automobil, denn dessen rasante Fortentwicklung versprach gute Geschäfte. Schon 1920 zählte man 600 Beschäftigte und lieferte komplette Getriebe für die Industrie aus.

Auch Claude Dornier gehörte zu denen, die sich nicht entmutigen ließen. Er knüpfte an die Erfahrungen aus dem Krieg an und entwickelte 1919 ein kleines Wasserflugzeug, das im Herbst 1920 erprobt wurde.

Zunächst konstruierte man in Seemoos. Da der im Juni 1919 unterschriebene Versailler Vertrag den Deutschen aber die Entwicklung von Militärflugzeugen und bald darauf sogar von allen Flugzeugmustern verbot, wich Dornier ins Schweizer Rorschach aus, später nach Marina di Pisa an der italienischen Mittelmeerküste. Dort wurde der später weltberühmt Dornier "Wal" entwickelt, mit dem etwa der Forscher Roald Amundsen als Erster über den Nordpol flog.

Ein Nachbau des legendären Wasserflugzeugs steht heute im Dornier-Museum in Friedrichshafen. Wie die Zeppeline, die um die ganze Welt flogen und überall begeistert gefeiert wurden, war auch der "Wal" ein Botschafter des technisch-kulturellen Wiederaufstiegs Deutschlands in den Goldenen Zwanziger Jahren.