Bermatingen Mit dem Entschluss des Gemeinderats, das Projekt „In der Breite“ an das Überlinger Unternehmen Kraus Häuser zu vergeben, startet die Verwaltung einen neuen Anlauf zur Überbauung des alten Sportplatzes für eine barrierefreie Wohnanlage speziell für Senioren. Ausführlich stellten die Bewerber, Architekt Haro Kraus von Kraus Häuser, und Architektin Stephanie Straßer vom Salemer Bauunternehmen Bernhard Straßer, sich und ihre Planungen vor. Die Konzepte unterscheiden sich wie folgt:

Straßer sieht auf allen drei Losen zwei große Gebäude und drei Punkthäuser – um ein offenes zentrales Treppenhaus reihen sich die Wohnungen – vor. Kraus auf Los 1 einen Gebäudekomplex aus drei Teilen plus Gemeinschaftsraum. Beide sind U-förmig um einen Innenhof angeordnet, bei Kraus etwas ausgeprägter. Straßer unterteilt die 42 Wohneinheiten in 14 Zwei-Zimmer-Wohnungen, bei Kraus sind es 28 Wohnungen mit – oder 32 ohne Arztpraxen. Kraus plant sieben Zwei-Zimmer- und zwölf Zweieinhalb-Zimmer-Wohnungen. Straßer sieht zudem zehn Drei-Zimmer- und 18 Vier-Zimmer-Wohnungen vor, Kraus fünf und vier.

Tiefgarage vorgesehen

Beide wollen die Autos in einer Tiefgarage unterbringen, jeweils elf Stellplätze oberirdisch anlegen und setzen beim Energiekonzept auf eine PV-Anlage; Straßer zusätzlich auf eine Grundwasser-Wärmepumpe fürs Heizen, Kraus auf Erdwärme oder ein Wärmenetz mit regionalem Energieversorger. Die Bewerber sind flexibel in der Gestaltung der Grundrisse, haben Platz für Arztpraxen und einen Gemeinschaftsraum vorgesehen, Straßer noch ein Café und einen Raum für eventuelle soziale Dienste, für die ein Träger gefunden werden müsste. Straßer schlägt „wegen Wohnraumbedarfs“ drei Vollgeschosse vor, Kraus zwei Vollgeschosse plus Staffelgeschoss, das eine kleinere Grundfläche als die darunter liegenden Stockwerke aufweist.

Wegen enormer Steigerungen bei den Baukosten waren Verkaufspreise zwischen 5500 und 6000 Euro pro Quadratmeter herauszuhören – dies auch abhängig von der Realisierung der Tiefgarage. Die Projekte von Straßer in Untersiggingen und von Kraus in Owingen bewegten sich um die 4500 Euro. Drei Jahre Bauzeit hält Straßer für realistisch. Überrascht wurde der Gemeinderat von Straßers neuem Vorschlag, auf die drei Vollgeschosse ein Staffelgeschoss aufzusetzen, mit der Begründung des sorgsamen Umgangs mit Boden und mehr und bezahlbaren Wohnraums.

Eine Aufstockung sei auch bei ihm machbar, so Kraus. Sein Projekt zielt mehr auf Jung und Alt in einem Haus, um der Vereinsamung älterer Menschen etwas entgegenzuwirken. Deshalb plant Kraus eine Durchmischung von kleinen und großen Wohnungen für Bewohner in allen Lebensphasen und Familiengrößen sowie breiter gestaltete Laubengänge als Begegnungsräume. Kraus legte eine Finanzierungsbestätigung seines langjährigen Partners Volksbank Überlingen vor.

Beide Interessenten wollen die Wohnungen vorrangig verkaufen, eventuell welche im Eigenbestand halten, beantworteten sie die Frage von Karsten Küpfer (LBU). Bauen in Abschnitten sei nicht möglich, so Straßer auf die Frage von Fabian Dilger (CDU). Vor einer Vorverkaufsquote nach Bankenvorschrift könne man nicht mit dem Bau starten, sagte Kraus auf die Frage Küpfers.

Einig war sich der Gemeinderat, sich sofort für einen der Bewerber zu entscheiden. Das war sicher ganz im Sinne von Zuhörer Thomas Müller, der zu Beginn der Sitzung das bisherige schleppende Prozedere heftig kritisiert hatte. Das Gremium war sich einig, zwei kompetente, faire und zuverlässige Bewerber zu haben. Eine Dreigeschossigkeit mit Staffelgeschoss sehe er kritisch, sagte Bürgermeister Martin Rupp, „nach meinem persönlichen Empfinden wäre das zu hoch und nicht verträglich am Ortsrand.“ Karl Hafen (FW) gefällt der Kraus‘sche Bauplan optisch ebenfalls besser: „Viergeschossigkeit am Ortsrand empfinde ich als Problem und auch die Durchmischung der Wohnungsgrößen gefällt mir mehr.“

Genauso sah es Anja Kutter (SPD), der auch die Verbindung zu den Gebäuden und damit zu den Bewohnern zusagte sowie die Erschließung mittels Aufzug und eines zentralen Treppenhauses, da Aufzüge und deren Wartung extrem teuer seien. Fabian Dilger (CDU) plädierte für viergeschossige Bebauung; für Fachkräfte benötige man mehr Wohnraum und der Bau störe nicht den schönen Ortskern. Der Entwurf von Kraus komme seinen Vorstellungen am nächsten, sagte Franz Kutter, der im Sinne der Bürger auf eine schnelle Realisierung hofft.

Fazit: Entwurf, Planung und Finanzierungsbestätigung des Architekten Haro Kraus entsprachen mehr den Vorgaben und dem Willen zum schnellen Baubeginn von Gemeinderat und Verwaltung als die Vorschläge des, so Martin Rupp, „ebenso qualifizierten und kompetenten“ Mitbewerbers. Letztlich habe das Gremium die kompakte Bauweise überzeugt, vor allem mit der Erschließung der Laubengänge, die Begegnung ermöglichen, was Sinn und Zweck sei. Das Konzept „Lebensräume für Jung und Alt“ ließe sich mit der Stiftung Liebenau, sollte sie als Partner gewonnen werden können, hier gut umsetzen. Die Vielzahl eher kleinerer Wohnungen berücksichtige mehr den Bedarf der Senioren, für die zwei Drittel Wohnraum vorgesehen sei. Der Vorschlag einer viergeschossigen Bebauung von Straßer floss nicht in die Bewertung ein. Bei einer Gegenstimme von Fabian Dilger stimmte der Gemeinderat der Vergabe an Kraus Häuser zu.