Herr Rupp, alle Jahre im Jahresgespräch wieder die Frage nach dem Gasthaus „Adler“, das nun seit neun Jahren leer steht. Verlottert es nicht?
Nein. Es wird danach geschaut, im Winter geheizt, die Wasserleitungen regelmäßig durchgespült. Wir dürfen nicht vergessen: Gut die Hälfte ist mit der Kinderarztpraxis belegt, die auch die Räume der ehemaligen Allgemeinarztpraxis nutzt und guten Zulauf hat. Nur die Gaststätte und der Teil obendrüber stehen leer. Mehr als 50 Prozent sind sinnvoll belegt. Das ist auch der Grund, dass wir noch keine Nachfolgenutzung haben. Wir müssten der Kinderarztpraxis eine Platzalternative anbieten, die haben wir bis jetzt noch nicht und wir wollen die Ärztin keinesfalls verlieren. Man denke nur daran, wie sehr in Markdorf um eine Kinderarztpraxis gekämpft wurde. Für uns stand schon beim Erwerb die Sicherung der Kinderarztpraxis im Vordergrund.
Wäre der „Adler“ als Rathaus nutzbar? Eine denkmalschutzbewandte Architektin hatte das Gebäude dahingehend ja mal untersucht.
Grundsätzlich ja. Die Frage ist nur, inwieweit das Raumangebot so zukunftsfähig ist, wie sich die Verwaltung entwickeln wird – auch unter Berücksichtigung sich wandelnder Arbeitswelten. Es muss so viel Potenzial haben, dass man guten Gewissens so viel Geld in die Hand nehmen kann. Die Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes schätzen wir auf mindestens vier bis fünf Millionen Euro, und es sollte dann natürlich auch für die nächsten 20 Jahre reichen. Müsste man dann wieder auf ein Nebengebäude ausweichen, wäre das nicht die richtige Lösung. Eine Umsetzung hängt aber immer mit dem Freiwerden des Gebäudes zusammen. Und der Erhalt der Kinderarztpraxis hat, wie gesagt, nach wie vor bei uns oberste Priorität.
Im Gemeinderat wurde auf eventuelle Altlasten auf dem Schwimmbad-Areal verwiesen. Herrscht hier Handlungsbedarf?
Nein. Der Bereich „Sandäcker“ gilt als altlastenverdächtige Fläche, er wurde grundsätzlich kartografiert und untersucht. Dabei geht man der Frage nach, wo es zum Beispiel nach den Weltkriegen Auffüllungen mit Materialien und Bauschutt gab. Die Flächen werden in einem mehrstufigen Verfahren untersucht, bei uns sind alle Untersuchungen abgeschlossen. Weil wir einen sehr vorsichtigen und umsichtigen Kämmerer haben, hat er dafür Rückstellungen im Haushaltsplan für einen eventuellen Bodenaustausch gebildet, rein vorsorglich.
Hätte man auf der ehemaligen Hallenbadfläche nicht ein Naturbad errichten können?
Wir haben das seinerzeit einmal sogar angedacht, aber selbst das wäre nicht finanzierbar gewesen. Es war – auch im Rückblick – eine sehr schwere Entscheidung, das Hallenbad zu schließen. Sie hat sich niemand leicht gemacht. Letztlich war aber auch der Bürgerentscheid eindeutig.
Die Ankündigung des Endes der Weinmarke „Markgraf von Baden“ und damit der Rodung der Anbauflächen trifft Bermatingen hart. Ist noch etwas zu retten?
Der Buchberg ist gerodet. Bis Ende Januar wollen wir für die Fläche hinter dem Weinfest-Platz, dem Leopoldsberg, nach einer Lösung suchen. Vielleicht kann sie in Teilen von einem oder mehreren örtlichen Winzern bewirtschaftet werden. Gespräche haben schon stattgefunden, sie machen mich zuversichtlich. Und mit der Markgräflich Badischen Verwaltung sind wir in einem guten, vertrauensvollen und konstruktiven Austausch, alle sind an einer guten Lösung interessiert.
Im Zuge der Diskussion um die Kinderbetreuung kam das Thema Waldkindergarten auf. Ist das noch aktuell?
Die Diskussion hat nochmals gezeigt, wie wichtig es ist, miteinander zu reden. Ein Waldkindergarten wäre eine Einrichtung, um vielleicht auch kurzfristige oder besondere Bedarfe abzudecken, sie hat sich in anderen Gemeinden als eine gute Lösung erwiesen.
Was war 2024 das Einschneidendste für Sie, persönlich und für die Gemeinde, und was das Beste?
Für mich war eine kurze, aber sehr schmerzhafte Erkrankung in der Adventszeit ein Einschnitt, der mir im doppelten Sinn sehr weh getan hat: keine Senioren-Adventsfeier und kein Weihnachtskonzert – aber jetzt ist zum Glück alles wieder gut. Und der völlig überraschende Rückzug der Markgräflich Badischen Verwaltung aus dem Weinbau in Bermatingen. Sehr gefreut hat mich, dass wir zwei interessante Angebote für das Projekt „In der Breite“ haben und dass die Planungen für das Feuerwehrgerätehaus und die Grundschulerweiterung vorangetrieben werden konnten. Auch die 20-Jahr-Feier des Vereins „Miteinander im Mesnerhaus“ fand ich sehr schön.
Ihre persönlichen Wünsche?
Natürlich wünsche ich mir die Befriedung der vielen Kriege in der Welt, vor allem in der Ukraine und im Nahen Osten. Sie verursachen viel unnötiges und unvorstellbares Leid. Wir dürfen die Hoffnung auf Frieden und die Bemühungen darum niemals aufgeben. Und ganz persönlich: eine weiterhin stabile Gesundheit.
Fragen: Christiane Keutner