„Die Kinder sind schon ganz aufgeregt, weil sie sich an einem öffentlichen Kunstwerk beteiligen dürfen“, berichtet Antje Weisner, Lehrerin an der Meersburger Sommertalschule. Ihre 19 Sechstklässler freuten sich, dass sie in ihrem Kunstunterricht eines von acht Exponaten für den geplanten Skulpturenweg im alten Bermatinger Friedhof gestalten dürfen. Sie sind die Exoten in der Reihe der professionellen Kunstschaffenden, die sich im Mesnerhaus auf Einladung der Initiativgruppe zur Fortsetzung des Projekts zusammenfanden. Nachdem die Idee von Kunst im öffentlichen Raum bei den Landesdenkmaltagen angeregt wurde, entwickelten Hermann und Helga Zitzlsperger 2024 ein Konzept für den alten Friedhof gemeinsam mit Carola Uhl, die als Gemeinderätin die Brücke zur Verwaltung baut. Unternehmer Klaus Burosch sponsert die acht metallenen Stelen aus Cortenstahl, für die es bereits Standorte im östlichen Bereich des Geländes gibt, und die die Basis für den Skulpturenweg bilden. Platz ist genügend vorhanden.

„In den letzten 15 Jahren hat sich die Friedhofkultur gravierend verändert“, berichtet Diakon Werner Ströbele von der katholischen Kirche. Damals sei die Erdbestattung noch Standard gewesen, weswegen man den neuen Friedhof gebraucht habe. Mit dem Trend zur Urnenbestattung habe man inzwischen ausreichend Platz rund um die Pfarrkirche. Um eine komplette Leere zu vermeiden, würden heute die Lasten der Standsicherung alter Grabsteine von der Gemeinde übernommen. So unterstützen er und Pfarrer Ulrich Hund die Nutzung des freien Geländes für den Skulpturenweg, auch wenn es sich nicht primär um religiöse Darstellungen handelt. Bürgermeister Martin Rupp freut sich ebenfalls über das Engagement, schließlich gehöre ein Teil des Friedhofs der Gemeinde.
Die acht Künstler, die inzwischen alle vom Initiativteam an ihren Wirkungsstätten besucht und im Sinne der Idee ausgewählt wurden, stammen aus der Region. Sie arbeiten mit unterschiedlichen Materialien wie Stein, Metall, Holz und Ton. Walter Zepf aus Dürbheim zum Beispiel erstellt aus Draht dreidimensionale Objekte, von der Linie zur Form, die durch ihre Transparenz und ihre Knoten anregen. Er hat unter anderem eine „Knotenkokonkolonie“ geschaffen, deren Kugeln eine Fernwirksamkeit erzeugen.

Simon Stiegeler aus Grafenhausen ist auch durch seine Holzmasken für die schwäbisch-alemannische Fastnacht bekannt, man darf also auf hochwertige Skulpturen in Bermatingen gespannt sein. Zur Frage, welche Informationen zu Künstlern und Werken gehören, meint Oliver Ritter: „Am besten wären gar keine Worte, denn jedes Wort öffnet eine Schublade des Betrachters.“ Nach seiner Ansicht sollte das Werk für sich wirken.
Zugegen war auch Gunar Seitz, Kurator der „Regio-Kunstwege“. Das ist eine überregionale Initiative, die über die Gegend hinaus zeitgenössische Kunst im öffentlichen Raum verbindet. „Kunst auf dem Land ist gegenüber der Stadt eher spärlich vertreten“, sagt Seitz. Deswegen ist seine Vision ein Linzgau-Kulturweg von Kluftern über Bermatingen bis nach Wald bei Pfullendorf, das Ganze integriert in seine mehr als 1200 Kilometer langen Regio-Kunstwege, die sich von der Schweiz bis nach Rottenburg am Neckar und von Furtwangen bis Isny im Allgäu erstrecken. Und mit der Klärung der letzten Fragen schließt sich in Bermatingen der Lebenskreis, wenn Kinder Kunst im alten Friedhof gestalten.