Herr Rupp, eines der dringlichen Bermatinger Themen ist die Bebauung „In der Breite“, mit seniorengerechtem Wohnen, nachdem die Sparkasse Bodensee als Investor abgesprungen ist. Wer sind die zwei neuen potenziellen Investoren?

Unser sportliches Ziel war, noch 2024 eine Grundsatzentscheidung für einen der Bewerber zu verkünden. Aber die Bewerbungsphase hat länger gedauert und die Entscheidung soll auch gut vorbereitet sein – in der Februarsitzung des Gemeinderats soll sie getroffen werden.

Wenn die Entscheidung gefallen ist, wie sieht der Zeitplan aus?

Wir wollen uns dann eng mit dem Bewerber abstimmen, die Planung mit ihm zügig vorantreiben, die Verträge vorbereiten und parallel dazu einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan erstellen. Baubeginn soll dann 2026 sein, rund 1,5 Jahre könnten es bis zur Fertigstellung sein, abhängig von der Geschwindigkeit des Bauträgers.

Der Projektansatz hat sich geändert. Was unterscheidet ihn vom vorherigen?

Der wesentliche Unterschied ist wohl der, dass die Wohnungen nun nicht im Eigentum eines Investors bleiben, sondern veräußert werden. Es besteht jetzt die Möglichkeit für die Bürgerschaft wie auch für Ärzte, dort Eigentum zu erwerben. Das Grundstück sollte ehemals günstige 300 Euro pro Quadratmeter kosten; dafür erwarteten wir auch einen kostenlos zur Verfügung zu stellenden Gemeinschaftsraum. Jetzt soll es in bis zu drei Losen zum marktüblichen Preis von 400 Euro pro Quadratmeter veräußert werden und die Gemeinde beteiligt sich im Gegenzug am Gemeinschaftsraum.

Das Senioren-Konzept bleibt?

Auf jeden Fall, denn der schon lang bestehende Bedarf soll gedeckt werden. Wir wünschen uns circa 25 barrierefreie Wohnungen für „Lebensräume für Jung und Alt“. Die Stiftung Liebenau ist nach wie vor interessierter Kooperationspartner. Der eine Bewerber möchte alle drei Lose und 42 Wohneinheiten realisieren, der andere auf dem großen Los 1 zwischen 28 und 32, je nachdem, ob sich eine Arztpraxis integrieren lässt.

Was ist mit der Wohnbebauung auf dem anderen Teil des Grundstücks?

Sie wird weiterhin ausgeklammert. Die Diskussion Pflege/Betreuung hatte neue Fragen aufgeworfen. Wir wollen die Flächen erst einmal dafür offenhalten, oder falls Ärzte nebenan bauen wollen. Unser Ziel ist nach wie vor, eine Arztpraxis im Projekt zu integrieren oder in der Nähe zu haben, am liebsten eine weitere Hausarztpraxis.

Wieder auch die Frage nach dem leer stehenden Bahnhof. Gibt es hier Überlegungen, nachdem er als Schulbibliothek oder -mensa nicht umgenutzt wird?

Das ist kein für 2025 definiertes Ziel, aber schön wäre es, hier weiterzukommen. Es muss keine kommunale Nutzung sein, denn es gibt einen nicht zu unterschätzenden Sanierungs- und Unterhaltungsaufwand, für den in den kommenden Jahren das Geld fehlen wird. Für Investoren ist der Bahnhof wegen der Denkmalabschreibungen interessant. Ich könnte mir daher eine private Investorenlösung wie in Markdorf sehr gut vorstellen.

Wie ist der neue Gemeinderat?

Sehr konstruktiv, die Neuen haben sich sehr gut integriert, die Arbeit im Gemeinderat macht mir viel Freude. Sie wollen den Dingen auf den Grund gehen, sie verstehen, und wir von der Verwaltung erklären das – wie immer – auch gerne. Es gab Besichtigungsfahrten zur Wasserversorgung, zur Firma Widemann und eine Begehung im Wald, damit sich die Gemeinderäte einfinden können, dazu Einführungen in die Großprojekte.

Apropos neu und jung: Die Gemeinde ist jetzt auch auf Instagram.

Ja, wir wollen damit eine breitere Öffentlichkeit und auch die Jüngeren erreichen und allgemein für schnelle Information sorgen, zum Beispiel bei Straßensperrungen oder bei Wasserrohrbrüchen. Die Fäden laufen bei meiner Assistentin Frau Finsterwald zusammen, sie hat diesbezüglich ein Seminar besucht, sie ist jung – daher ist das Thema bei ihr sehr gut angesiedelt. Ich freue mich über den neuen, frischen Auftritt.

Muss sich die Gemeinde den Vorwurf gefallen lassen, sie habe den Kellhof gekauft, ohne Denkmalschutzrechtliches abgeklärt zu haben, ob eine Umgestaltung in Betreutes Wohnen möglich ist?

Nein. Wir hatten das natürlich prüfen lassen. Die Untere Denkmalschutzbehörde hatte vor dem Erwerb sogar die Möglichkeit des Abrisses der hinteren Scheune in Aussicht gestellt. Doch später hat das Regierungspräsidium Tübingen als Höhere Denkmalschutzbehörde neu eingestuft und mitgeteilt, dass eine Nutzung für „Lebensräume für Jung und Alt“ nicht möglich sei. Dabei stammt der Dachstuhl von 1938, nachdem die Scheune komplett niedergebrannt war. Das Fachwerkhaus steht unter Denkmalschutz, aber im linken Nebengebäude sind Teile mit Backsteinen und Beton verstärkt und aus unserer Sicht nicht unbedingt schutzwürdig. Aber wir haben uns mit der Einstufung des RP als erhaltenswerte Bausubstanz abgefunden. Das Problem ist, man müsste in die große und tiefe Scheune Licht bringen, die mit Denkmalschutzrichtlinien nicht vereinbar sind. Mit der Idee eines Privatmanns, ein Haus im Haus für Praxisräume zu bauen, wäre das Denkmalamt überwiegend mitgegangen, aber das scheiterte an den nicht zu stemmenden Kosten.

Die Kellhof-Zukunft ist nun ungewiss.

Im Moment ja. Es ist wie beim Bahnhof unser Ziel, einen Investor zu finden oder etwas Kommunales im Rahmen des nächsten Sanierungsgebietes zu realisieren. Aber das ist vor 2027 nicht machbar. Es ist trotzdem richtig, dass die Gemeinde das historisch bedeutsame Areal erworben hat. Jetzt müssen wir uns aber auf unsere Pflichtaufgaben wie die Grundschulerweiterung und den Bau des Feuerwehrgerätehauses fokussieren.

FRAGEN: CHRISTIANE KEUTNER