Ausgerechnet in der größten Industriestadt am Bodensee gibt es mit der Absage des Gewerbegebiets Hirschlatts kaum Platz mehr für Betriebe: Diese Nachricht stößt vielen Unternehmern in Friedrichshafen und Region bitter auf. Denn auch im restlichen Bodenseekreis gibt es kaum Gewerbeflächen für Neuansiedlungen und Erweiterungen.
Abhilfe sollte ein 30 Hektar großes Gebiet in Friedrichshafen-Hirschlatt schaffen – so lauteten die Pläne des Regionalverbands bei der Fortschreibung des Regionalplans. Doch diese potenzielle Fläche wurde, gemeinsam mit drei anderen in den Landkreisen Ravensburg und Sigmaringen, vom Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen nicht genehmigt.
„Signal, Investitionen in der Region zu vermeiden“
Für die Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben (IHK) ist das laut einer Medienmitteilung ein „fatales Signal für die Wirtschaft in der Region“. „Diese Entscheidung ist ein klares Signal – insbesondere an die international tätigen Unternehmen –, Investitionen in Bodensee-Oberschwaben möglichst zu vermeiden. Die Politik fordert von der Wirtschaft, ihre Lieferketten zu diversifizieren und zu lokalisieren sowie kritische Bauteile vor Ort zu lagern, nimmt aber gleichzeitig jeglichen Raum dafür“, betont deren Präsident Martin Buck. Seine größte Sorge: Neue Produkte würden jetzt nur fernab der Bodensee-Region hergestellt werden können, die Innovationskraft der Region werde so geschwächt. „Besonders tragisch ist die Entscheidung für jene Unternehmen, die nicht so stark internationalisiert sind und ihr Wachstum nicht so einfach ins Ausland verlagern können“, so Buck weiter.
Dabei weist er auf eine ganze Palette an Standortnachteilen des Bodenseekreises hin und fragt: „Im internationalen Vergleich überteuerte Energiepreise, bei fraglicher zukünftiger Versorgung, Lücken in der Verkehrsanbindung und jetzt noch eine künstlich extreme Flächenverknappung: Wie sollen die Betriebe das alles kompensieren?“ Die Unternehmer hätten immer mehr den Eindruck, dass die Entscheider in Politik und Verwaltung des Landes nicht verstehen wollen, welchem Wettbewerbsdruck sie ausgesetzt seien. „Mittelfristig kann dies Arbeitsplätze und Bruttowertschöpfung in der Region kosten“, erklärt der IHK-Präsident.
„Wirtschaft als Rückgrat der Region“
Zwei Jahre lang dauerte der Fortschreibungsprozess des Regionalplans, in dem auch sogenannte Zielabweichungsverfahren angestrebt wurden, um aus Flächen Gewerbeflächen zu machen. Dabei war vor allem das Veto des Regierungspräsidiums Tübingen entscheidend, weshalb Buck sich auch an die Verwaltung wendet: „Wir brauchen eine Verwaltung, die sich für die Wirtschaft einsetzt.“ Er vermisse beim Thema Flächennutzung ein klares Bekenntnis zur Wirtschaft als Rückgrat für Beschäftigung und Wohlstand in der Region.
Die Gewerbeflächen im Regionalplan sind Freihalteflächen mit einem Zeithorizont bis 2035, die erst erschlossen werden, wenn der Bedarf tatsächlich da ist, heißt es weiter in der Pressemitteilung. Nehme man sie nun aber heraus, seien im Bedarfsfall aufwändige Planungsverfahren notwendig, die mit Planungsbeschleunigung und Bürokratieabbau als erklärten Zielen der Landesregierung nicht vereinbar seien, so der IHK-Präsident.